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Geldmangel bremst Bahnprojekte von Sachsen nach Polen und Tschechien

Rumburk, Zgorzelec, Moldava: Immer wieder flammen Diskussionen über neue und alte Bahnlinien dies- und jenseits der Grenze auf. Das zuständige Ministerium in Sachsen macht aber klar: Für die meisten Ideen gibt es derzeit kein Geld.

Lesedauer: 3 Minuten

Ulrich Wolf

Dresden. Das sächsische Ministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung hat die jüngsten Anfragen von Landtagsabgeordneten zu grenzüberschreitenden Bahnprojekten nach Polen und Tschechien überwiegend abschlägig beurteilt.

Die meisten Ideen seien nicht finanzierbar, und es gebe derzeit keine Förderprogramme dafür, urteilt die zuständige Fachministerin Regina Kraushaar (CDU). Sie bezieht sich dabei auf folgende Strecken und Teilstrecken:

1. Neubau Seifhennersdorf – Rumburk

Die diskutierte neue Bahnstrecke zwischen Seifhennersdorf und Rumburk könnte bis zu 150 Millionen Euro kosten. Diese Zahl nannte das Infrastrukturministerium in seiner Antwort auf eine Anfrage des AfD-Landtagsabgeordneten Tobias Keller.

Der reine Neubau werde – je nach Variante – mit 32 bis 56 Millionen Euro veranschlagt. Hinzu kämen weitere 32 Millionen Euro auf deutscher und 68 Millionen Euro auf tschechischer Seite, um – wie es hieß – „die verkehrlichen Zielstellungen zu erreichen“. Diese Preise entsprächen dem Stand von 2023.

Auf eine weitere Anfrage zu dem Projekt, diesmal von der Abgeordneten Katja Meier (Bündnis 90/Grüne), antwortet Kraushaar, der Lückenschluss sei zwar „infrastrukturell grundsätzlich machbar“ und „aus verkehrlicher Sicht grundsätzlich sinnvoll“, die Finanzierung allerdings nicht geklärt. Es gebe dafür derzeit „kein infrage kommendes Förderprogramm“.

Auch lägen bislang keine Vereinbarungen mit Tschechien zu dem Projekt vor. Die Landesregierung wolle jedoch darauf hinarbeiten, bis 2028 „die Möglichkeiten zur Förderung grenzüberschreitender Verkehrsprojekte zu verbessern“. Derzeit nicht und auch nicht „in absehbarer Zukunft“ werde sich bei dem Projekt etwas bewegen.

2. Ausbau Seifhennersdorf – Varnsdorf

Kraushaar betonte in ihrer Antwort, ein zusätzlicher Ausbau der 1876 fertiggestellten Strecke von Seifhennersdorf nach Varnsdorf sei nicht geplant. Derzeit bedient die der italienischen Staatsbahn gehörende Länderbahn GmbH mit ihren Trilex-Zügen die Strecke.

3. Ausbau Löbau – Ebersbach – Rumburk

Ebenfalls nicht enthalten ist in der jüngsten Machbarkeitsstudie nach Angaben des Ministeriums die Überlegung, den Betrieb auf der 1873 eröffneten und 2002 für den Personenverkehr stillgelegten Strecke zwischen Löbau und Ebersbach wieder aufzunehmen. Eine 2022/23 erfolgte Potenzialuntersuchung habe dafür notwendige Investitionen von rund 26 Millionen Euro ergeben.

Hinzu kämen weitere Kosten für den Abschnitt Ebersbach-Rumburk, über deren Höhe die Landesregierung derzeit keine Angaben machen könne. „Wirtschaftliche und haushalterische Aspekte“ stünden einer konkreten Planung entgegen. Im Koalitionsvertrag sei gleichwohl „eine Prüfung der Reaktivierung“ vorgesehen, hieß es. Der zuständige Verkehrsverbund Zvon bedient die rund 15 Kilometer lange Strecke derzeit mit Bussen und benötigt dafür rund 45 Minuten.

4. Reaktivierung Holzhau – Moldava

Eine definitive Absage erteilte die Ministerin zudem der Idee, die acht Kilometer lange Bahnstrecke von Holzhau ins böhmische Moldava im Osterzgebirge wiederherzustellen. Unlängst war die Diskussion darüber wieder aufgeflammt, nachdem auf tschechischer Seite bis Ende 2026 rund 700.000 Euro in das von der EU geförderte Projekt „Eisenbahn verbindet!“ investiert werden. Seitens der Landesregierung hingegen seien „keine Projekte“ geplant, teilte Kraushaar nun mit.

Die Kosten für eine Reaktivierung beliefen sich, grob geschätzt im Jahr 2022, auf rund 66 Millionen Euro. Das lasse sich nicht finanzieren. Zudem sprächen ein „großes umweltrechtliches Konfliktpotenzial“ sowie „hohe rechtliche Genehmigungshürden“ gegen das Projekt. Verkehrsplanerisch wäre der Nutzen „sehr gering“, eine solche Strecke würde überwiegend „touristisch geprägt“ und höchstens an Wochenenden und in den Schulferien nachgefragt werden.

5. Elektrifizierung Demitz-Thumitz – Zgorzelec

In einer Antwort auf eine weitere Anfrage der Grünen-Politikerin hebt Kraushaar hervor, die Landesregierung halte an der Elektrifizierung der Strecke von Demitz-Thumitz bis Görlitz/Zgorzelec fest.

Während Polen die Strecke von Breslau in die deutsch-polnische Grenzstadt längst elektrifiziert hat, ist die Deutsche Bahn noch dabei, zumindest die Gleise 3 und 4 im Görlitzer Bahnhof sowie das Stück bis zum Neißeviadukt umzurüsten. Bis 2026 soll dort dann auch Strom fließen.

Für den Abschnitt Demitz-Thumitz bis Görlitz aber heißt es aus dem Hause Kraushaar in Sachen Elektrifizierung, für eine Inbetriebnahme lasse sich derzeit „kein belastbarer Termin“ nennen. Nach bisheriger Schätzung koste das Projekt gut 400 Millionen Euro; Sachsen müsse neben seinen Planungskosten einen Eigenanteil von 60 bis 80 Millionen Euro stemmen.

Freistaat und Bahn versuchten momentan, in der zweiten Hälfte dieses Jahres alle Unterlagen so zu vorbereiten, dass eine Genehmigungsplanung eingeleitet werden kann. Bis Anfang 2026 soll dann die Vorplanung abgeschlossen sein. Im sächsischen Koalitionsvertrag haben CDU und SPD die Elektrifizierung der Strecke als „zwingend notwendig“ bezeichnet. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung heißt es lediglich, die Bahn müsse „in ganz Deutschland zum Rückgrat der Mobilität werden – auch im ländlichen Raum“. Als vorrangige Zugverbindung nach Tschechien wird darin die Strecke Nürnberg-Schirnding angesehen.

6. Ausbau Zittau – Hrádek nad Nisou

Immerhin positive Nachrichten sind für das Dreiländereck bei Zittau zu vermelden. Die polnische Bahn PKP will dieses Jahr das 2,7 Kilometer lange Stück zwischen deutscher und tschechischer Grenze sanieren und hat dazu eine Ausschreibung veröffentlicht.

Das kleine Teilstück in Polen ist schon seit 2008 Gegenstand öffentlicher Erklärungen und Beteuerungen. Weil in Tschechien der Ausbau der Bahnstrecke bereits läuft, sind Zittau, Hrádek und Liberec derzeit nur durch einen Schienenersatzverkehr verbunden.

SZ

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