Görlitz. Dietmar Schwerdtner zieht sich weiße Stoffhandschuhe an. Er zieht ein Solarmodul, so wie man es von Balkonkraftwerken kennt, von einem großen Stapel und stellt es vor sich hin. „Die erste Zeit geht’s noch ein bisschen auf den Rücken. Aber man gewöhnt sich daran“, schmunzelt er.
Routiniert beginnt Dietmar Schwerdtner mit der Prüfung, erst einmal auf Sicht. Er fährt mit den Händen an der Rückseite der Platte entlang, vor allem in den Ecken. „Wenn es knistert, ist das ein Zeichen, dass sich die Schutzfolie löst“, erklärt er. Wenn sich auf der Rückseite feine Haarrisse zeigen, ist das ein Zeichen für einen Blitzschlag. Und sogar Hageleinschlag lässt sich auf der Rückseite der Platte eher erkennen als auf der Oberseite. „Dann bilden sich kleine Ausbuchten hinten“, schildert Dietmar Schwerdtner. Mit anderen Worten: Die Platte wird entsorgt.
Prüfprotokoll für jede Platte
Dietmar Schwerdtner ist Prüfer bei der Solar24 Recycling GmbH & Co. KG in Görlitz. Die hat ihren Standort Am Bahnhof Weinhübel 8. Dort hat Dietmar Schwerdtner derzeit 381 Solarmodule in einer großen Halle vor sich, die auf eine Überprüfung warten. Ein Großteil von ihnen wird wahrscheinlich nicht zur Entsorgung freigegeben, sondern wiederverwendet. Darauf basiert das Geschäftsmodell der Firma.
„In Deutschland sind 7,8 Millionen Tonnen an Solarmodulen verbaut. Ein Großteil wird inzwischen ersetzt, weil es energieeffizientere Modelle gibt“, erläutert Anne Schmiedel. Sie ist Leiterin des Bereichs mit dem schönen Namen „Stoffstrommanagement“ bei der Missale Group mit Sitz im Nebelschützer Ortsteil Miltitz im Landkreis Bautzen.
Wir wollen den „guten“ Solarmodulen ein neues Leben geben. – Anne Schmiedel, Solar 24
„Viele abgebaute Solarmodule sind nicht kaputt. Wir sortieren, die noch funktionsfähigen bekommen ein Prüfprotokoll“, sagt Anne Schmiedel. Viele der momentan aktiven Solarmodule, vor allem die in den großen Anlagen im Landkreis, seien vor 2015 in Betrieb gegangen. Nach und nach würden sie jetzt ersetzt. „Die Wertstoffhöfe hätten bei der anfallenden Menge dann womöglich ein Problem“, so Anne Schmiedel.
Solaranlagen im Trend
Solaranlagen, Photovoltaik – in den vergangenen Jahren hat sich in dieser Hinsicht im Landkreis Görlitz einiges getan. Laut der Mitteldeutschen Netzgesellschaft Strom (Mitnetz), einer Tochter der Mitteldeutschen Energie AG, stieg im vergangenen Jahr der Anteil um rund 161 Prozent auf 46 Megawatt. „Damit blieb Solarenergie mit einem Anteil von fast 94 Prozent führend bei der installierten Leistung im Landkreis“, heißt es bei Mitnetz in Bezug auf erneuerbare Energien.
277 Solaranlagen, insgesamt 1238, wurden 2024 demnach neu angeschlossen. Die Zahl der Steckersolaranlagen bis 800 Watt stieg um gut 90 Prozent auf 280. Bei größeren Photovoltaik-Anlagen – zum Beispiel auf Dächern und Freiflächen – kletterte der Wert um fast 18 Prozent auf 958.
Ein Markt, in dem Solar24 im Kreis Görlitz offensichtlich große Möglichkeiten und Chancen sieht. „Die Menge der Module, die in den nächsten Jahren ersetzt werden, wird steigen“, sagt Anne Schmiedel. Natürlich könnten einfache Solarmodule wie von Balkonkraftwerken weiterhin in Wertstoffhöfen abgegeben werden – aber eben auch bei Solar24. „Wir wollen den ‚guten‘ Solarmodulen ein neues Leben geben“, so Anne Schmiedel.
Landkreis Görlitz ist Partner der Firma
Dafür ist das hiesige Unternehmen eine Zusammenarbeit mit der Buhck Re. Energy Gruppe, einem Umweltdienstleister in Hamburg, eingegangen. Von dort kam auch das mobile Prüfgerät, in das Dietmar Schwerdtner die Platten schiebt. Es erkennt Fehler, die dem Prüfer bei der ersten Besichtigung verborgen blieben – etwa, ob die Leistung noch stimmt. Das neue Leben, es sieht so aus: Zwei funktionierende Solarmodule werden mit einem Wechselrichter und einem Anschlusskabel für eine Schuko-Steckdose zu einem Paket geschnürt und verkauft. Der Preis für das so entstandene Balkonkraftwerk: 249 Euro. Erste Interessenten, sagt Dietmar Schwerdtner, haben schon in der Halle bei ihm vorbeigeschaut.
Inzwischen hat auch das Landratsamt das Potenzial der Firma erkannt. „Angesichts der zunehmenden Menge an gebrauchten Photovoltaikmodulen in Deutschland hat der Regiebetrieb Abfallwirtschaft des Landkreises Görlitz, als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, eine wichtige Partnerschaft geschlossen, um die Entsorgung dieser Altgeräte effizienter und umweltgerechter zu gestalten“, heißt es aus der Behörde. Der Regiebetrieb Abfallwirtschaft arbeitet mit Solar24 zusammen. Die Kooperation solle die Wertstoffhöfe des Regiebetriebs bei der Entsorgung von Photovoltaikmodulen entlasten.
Bei Interesse an Balkonkraftwerken oder zur Entsorgung sollte man sich vorher anmelden: Telefon 0159 04505103 oder per Mail: anne.schmiedel@missale-group.com
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