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Hat der Güterverkehr auf der Elbe Zukunft?

Der Anteil der Binnenschifffahrt geht zurück. Die Grünen würden den Rest abwickeln. Tschechien hält aber dagegen.

Lesedauer: 4 Minuten

Erinnern Sie sich noch, wann Sie das letzte Mal einen Lastkahn auf der Elbe gesehen haben? Das muss schon fast ein Zufall gewesen sein, denn der Güterverkehr auf dem Fluss verliert in Sachsen immer an Bedeutung.

 Waren es 2010 noch 781 000 Tonnen, die mit Ziel oder Start in Sachsen mit der Binnenschifffahrt transportiert wurden, waren es 2018 nur noch 119 000 Tonnen, also weniger als ein Sechstel im Vergleich zu 2010. Das geht aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Stephan Kühn hervor. Auch die in den Binnenhäfen Dresden und Riesa umgeschlagenen Mengen gingen erheblich zurück.

Insgesamt hat der Güterverkehr in Sachsen jedoch zugenommen. Nimmt man die Tonnenkilometer zugrunde, gab es zwischen 2010 und 2017 einen Anstieg von mehr als 15 Prozent, Tendenz weiter steigend. Die größte Last trägt dabei konstant der Straßenverkehr mit fast 90 Prozent. Der Anteil der Binnenschifffahrt am Güterverkehr mit Start und Ziel im Freistaat Sachsen beträgt nur noch 0,1 Prozent. 2010 war der Anteil zwar noch vier mal so hoch, aber trotzdem sehr gering. Den restlichen Anteil übernehmen Eisenbahn- und Flugverkehr.

Die Ursachen für den Rückgang des Güterverkehrs auf der Oberelbe sind vielfältig. Ein Aspekt ist die nicht dauerhaft gegebene Schiffbarkeit. Niedrigwasser und Hochwasser machen den Unternehmen zu schaffen. Das ist nicht nur ein Problem im Gütertransport. Auch die Sächsische Dampfschifffahrt kann wegen niedrigem Wasserstand nicht immer auslaufen und verzeichnet immer wieder Ausfälle im Fahrplan.

Es gibt aber auch andere Gründe, warum Unternehmen vom Gütertransport mit dem Schiff auf Lkws ausweichen, wie etwa die Fluorchemie Dohna. Im konkreten Fall liegt es daran, dass der Dresdner Hafen die behördlichen Auflagen zur Lagerung von Flussspat aus Kostengründen nicht erfüllen konnte. Die Investitionen wären wirtschaftlich nicht machbar gewesen. So erging vom Dresdner Umweltamt der Bescheid, dass seit 1. April kein Flussspat mehr umgeschlagen werden darf. Nun rollen Dutzende Lkws mit dem Grundmaterial für die Produktion nach Dohna.

Gesamtkonzept Elbe geplant

Zwar wird gegenwärtig vom Bund ein Gesamtkonzept Elbe erarbeitet. Dafür wurden 34 neue Stellen in Behörden geschaffen. Doch so richtig glauben will offenbar niemand an die Renaissance des Güterverkehrs auf der Elbe. Die Ausgaben des Bundes für Investitionen und Betrieb der Wasserstraße wurden bereits enorm zurückgefahren. 2017 und 2018 wurden noch rund 39,1 beziehungsweise 65,5 Millionen Euro ausgegeben. Der Etat für 2019 betrug lediglich rund 170 000 Euro, für 2020 ist noch weniger Geld eingeplant. Das teilte das Bundesverkehrsministerium ebenfalls auf Anfrage von Kühn mit.

Im Bereich des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Dresden, das für die Oberelbe zuständig ist, ist lediglich die Instandsetzung von ein paar Dutzend Buhnen (spezielle Dämme), der Böschung am Pegel Riesa und des Deckwerks an Uferbefestigungen auf rund 4 900 Metern geplant. Größere Bauwerke zu errichten, ist nicht vorgesehen. Die letzte größere Maßnahme, die der Bund an Häfen an der Oberelbe mitfinanziert hat, war 2005/06 der Bau der Roll-on-Roll-off-Anlage in Riesa. Für 2020/21 wird dort der Bau eines Containerterminals mit mehr als 18 Millionen Euro unterstützt.

 

 

In Anbetracht der geringen Transportleistung auf der Elbe ist Kühn davon überzeugt, sich voll auf den Ausbau der Bahnstrecken zu konzentrieren „Es darf keinen Ausbau der Elbe zulasten der Natur geben. Die künftigen Unterhaltungsmaßnahmen müssen vor allem das Ziel haben, dem Fluss mehr Raum zu geben“, sagt der Bundestagsabgeordnete. So können eine Verbesserung des Hochwasserschutzes und die Erhaltung der Biodiversität erreicht werden. Dazu gehöre es, die Eintiefung der Elbsohle, die sogenannte Sohlerosion, aufzuhalten. Dadurch sinke der Grundwasserspiegel und Auen drohten auszutrocknen.

Tschechien braucht die Elbe

Für Sachsen mag zwar die Bedeutung der Binnenschifffahrt auf der Elbe sinken, Tschechien hofft aber auf eine ganz andere politische Entwicklung. „Die durchgängige Schiffbarkeit der Elbe ist wichtig. Wir sind auch deshalb daran interessiert, weil wir im Hamburger Hafen einen Platz haben, der ausgelastet sein sollte“, sagte die tschechische Generalkonsulin in Dresden, Markéta Meissnerová. Für die Wirtschaft sei es sehr wichtig, dass der Verkehr reibungslos auf der Elbe läuft. „Weil wir ein Binnenland ohne direkten Zugang zum Meer sind“, so Meissnerová. Manchmal muss monatelang gewartet werden, damit zum Beispiel schwere Turbinen über die Elbe verschifft werden können, weil der Wasserstand nicht ausreichend hoch dafür ist.

Gegenwärtig steht ein Regierungsabkommen zur Elbe zwischen der Bundesrepublik und Tschechien kurz vor dem Abschluss. „Dieses Abkommen ist vor allem auf die Schiffbarkeit der Elbe ausgerichtet. Damit würde der geplante Bau der Staustufe Děčín nahe der deutschen Grenze legitimiert und durch die Hintertür Unterstützung erfahren“, sagt der Grünen-Abgeordnete Kühn.

Angesichts der Tatsache, dass kaum noch Güter auf dem Fluss transportiert werden, wäre das volkswirtschaftlich und ökologisch aus seiner Sicht unverantwortlich. Seit fast zehn Jahren läuft eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung für eine Staustufe Děčín mit grenzüberschreitender Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung. „Im Rahmen der Verhandlungen wurde durch die deutsche Seite klar zum Ausdruck gebracht, dass Festlegungen für das Hoheitsgebiet Deutschlands im Regierungsabkommen nur auf der Grundlage des Gesamtkonzepts Elbe möglich sind“, teilte das Bundesverkehrsministerium mit. Das Abkommen gelte auf unbestimmte Zeit. Was die Tiefe der Fahrrinne und sonstige Parameter betrifft, soll das jedes Land für sich entscheiden, heißt es.

Wenig Betriebe mit Gleisanschluss

Für Kühn ist die Entwicklung der Binnenschifffahrt auf der Oberelbe der falsche Weg. Das verfügbare Geld sollte stattdessen auf den Ausbau des Bahnnetzes konzentriert und so der Bau des grenzüberschreitenden Erzgebirgstunnels beschleunigt werden. Dann würde sich vielleicht auch die Zahl der Unternehmen erhöhen, die ihren Gütertransport über die Bahn abwickeln. In Sachsen hat die Deutsche Bahn AG laut Bundesverkehrsministerium 167 Gleisanschlussverträge mit verschiedenen Partnern abgeschlossen. Vor sechs Jahren waren es noch vier mehr. Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bestehen seit Jahren gleichbleibend sieben solche Verträge. Zusätzliche Gleisanschlüsse würden den Straßenverkehr erheblich vom Gütertransport entlasten.

 

Von Gunnar Klehm

Foto: © Marko Förster

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