Die Statistiken des ersten Halbjahres 2024 sind alarmierend nicht zuletzt auch für die Zukunft des sächsischen Baugewerbes. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen, dass im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Rückgang von 21,1 Prozent bei den genehmigten Neubauwohnungen verzeichnet wurde – aber nicht nur die Genehmigungen stagnieren, auch die Baukosten entwickeln sich in eine besorgniserregende Richtung. Was bedeutet das für Sachsen und welche Faktoren beeinflussen diese negative Entwicklung?
Ursachen für den Rückgang der Baugenehmigungen
Der in der Statistik ersichtliche Rückgang der Baugenehmigungen in Sachsen ist kein isoliertes Phänomen, sondern ein Symptom einer Reihe komplexer Faktoren, die das Bauwesen derzeit beeinflussen. Zunächst ist da die wirtschaftliche Unsicherheit, die durch internationale Krisen und die Inflationsentwicklung befeuert wird. Investoren und Bauherren zögern, größere Projekte anzugehen, da die Kosten schwer für ein bestimmtes Zeitfenster kalkulierbar geworden sind: Die Inflation treibt primär die Preise für Baumaterialien in die Höhe und führt so zu höheren Summen bei der Kreditbeantragung für ein Bauprojekt und somit zu steigenden Finanzierungskosten, da die Zinsen für Baukredite ebenfalls anstiegen.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Bürokratie. Lange Genehmigungsverfahren, komplexe Vorschriften und die zunehmende Anzahl von Auflagen verzögern zusätzlich Bauvorhaben erheblich. Besonders kleinere Bauunternehmen sehen sich häufig nicht in der Lage, die bürokratischen Hürden in einem wirtschaftlich vertretbaren Zeitraum zu überwinden. Dazu kommt zu allem Überfluss auch noch der Arbeitskräftemangel, der ebenfalls eine bedeutende Rolle spielt, gerade in der Bauindustrie und im Handwerk.
Steigende Baukosten – ein weiterer Hemmschuh
Parallel zum Rückgang der Baugenehmigungen steigen die Baukosten in Sachsen weiterhin ungebremst. Das trifft Bauherren von Einfamilienhäusern besonders, hat aber auch Auswirkungen auf die Mieter – denn auch der Bau eines Mehrfamilienhauses wird damit teurer. Mehrere Faktoren tragen zu dieser Entwicklung bei. Die Preise für Baumaterialien wie Stahl, Holz und Beton haben sich in den letzten Jahren erheblich erhöht. Grund dafür sind gestörte Lieferketten, die durch die COVID-19-Pandemie und geopolitische Spannungen verursacht wurden. Auch die Energiekosten tragen zur Verteuerung bei, da sie direkt auf die Produktionskosten von Baumaterialien gelegt werden.
Darüber hinaus müssen Bauunternehmen immer strengere Umweltauflagen erfüllen. Dies betrifft sowohl die verwendeten Materialien als auch die Energiebilanz der Bauwerke – und zwar nicht nur öffentliche, sondern auch private Gebäude. Diese zusätzlichen Anforderungen führen zu erhöhten Planungs- und Baukosten, die letztlich auf die Endpreise durchschlagen. Das trifft im Übrigen auch Bestandsbauten: Die energetische Sanierung von Gebäuden wird zunehmend teurer, was dazu führt, dass viele Projekte entweder aufgeschoben oder gänzlich verworfen werden. Immerhin steht Sachsen allerdings bei Balkonkraftwerken weit vorne im Bundesvergleich.
Ein weiterer Preistreiber sind die gestiegenen Löhne im Baugewerbe. Angesichts des Fachkräftemangels sind die Löhne in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, um qualifiziertes Personal zu halten oder zu gewinnen.
Auswirkungen auf den sächsischen Wohnungsmarkt
Die Kombination aus rückläufigen Baugenehmigungen und steigenden Baukosten hat unmittelbare Folgen für den sächsischen Wohnungsmarkt. Ein Rückgang des Angebots an neuen Wohnungen führt unweigerlich zu steigenden Mietpreisen, da die Nachfrage das knappe Angebot übersteigt. Besonders in Ballungszentren wie Dresden, Leipzig und Chemnitz spitzt sich die Lage zu. Die angespannte Situation wird durch den Zuzug in diese Städte weiter verschärft. Aber auch für den ländlichen Raum in Sachsen hat die aktuelle Entwicklung entsprechende Konsequenzen.
Sachsen vor großen Herausforderungen
Der Rückgang der Baugenehmigungen um über 50 Prozent und die parallel dazu steigenden Baukosten stellen Sachsen vor erhebliche Herausforderungen: Ohne schnelle und zielgerichtete Maßnahmen droht der sächsische Wohnungsmarkt so weiter unter Druck zu geraten. Es bedarf eines gemeinsamen Kraftakts von Politik, Wirtschaft und Baugewerbe, um die bestehenden Probleme zu lösen und den Weg für eine nachhaltige Bauentwicklung in Sachsen zu ebnen. Nur so kann es gelingen, den Wohnraum für die sächsische Bevölkerung auch in Zukunft bezahlbar und ausreichend zur Verfügung zu stellen.