Von Ulrich Milde
Leipzig. Sie sieht sich gut aufgestellt. Die Leipziger Manager-Schmiede HHL sicherte sich soeben zum siebten Mal in Folge den ersten Platz im Gründungsradar des Stifterverbandes. „Gründen heißt, Dinge auszuprobieren, ins kalte Wasser zu springen und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dafür bieten wir hier die besten Voraussetzungen“, betont Tobias Dauth. Die Absolventen der privaten Hochschule haben Untersuchungen zufolge beste Karriereaussichten. „Das ist schon cool“, sagt Dauth, Rektor der 1898 ins Leben gerufenen, 1992 wiedergegründeten und 2012 von Handelshochschule in HHL Graduate School of Management umgetauften Lehranstalt.
Doch eitel Sonnenschein ist bei der Wirtschaftshochschule, die über das Promotions- und Habilitationsrecht verfügt, trotzdem nicht angesagt. Dauth verweist darauf, dass die HHL ohne Zweifel eine gute Entwicklung genommen habe. „Trotz aller Restriktionen spielen wir oben mit“. Aber Konkurrenten wie die European Business School (EBS) im Rheingau oder die WHU mit Sitz in Düsseldorf und Vallendar (bei Koblenz) schlafen eben nicht. „Sie fischen in unserem Teich“, seufzt Dauth. Was viel mit den Finanzen zu tun hat. Hinter den beiden Rivalen stehen große Stiftungen, was zu einem Mehr an Lehrpersonal führt. An der EBS unterrichten 44 Professoren, an der WHU sind es 61, an der HHL 22. Gleichwohl zählen Leipziger Wissenschaftler wie Erik Maier, Dominik Kanbach und Henning Zülch in Rankings zu den forschungsstärksten Ökonomen im deutschsprachigen Raum.
Stark im Unternehmertum
„Wir müssen uns definitiv nicht verstecken“, meint daher Dauth, der zum Jahresbeginn auf den Stuhl des Rektors gerückt ist. Der Betriebswirt hat dabei ehrgeizige Ziele, getreu dem Motto: Stillstand ist Rückschritt. Die HHL sei ausgesprochen stark im Unternehmertum. Doch die Welt habe sich weitergedreht. „Natürlich brauchen die Unternehmen weiterhin exzellente Betriebswirte, aber technologische Kompetenzen werden immer wichtiger. In diese Richtung müssen wir gehen“, betont der aus Baden-Württemberg stammende Professor. „Nur mit betriebswirtschaftlichen Inhalten werden wir unsere Position nicht halten.“ Kaufleute müssten mittlerweile „verstehen, wie IT-ler ticken“. Selbstverständlich bleibe die Unternehmensführung „in unserer DNA“.
Dauth, der nach dem Abgang von Stephan Stubner Anfang 2023 bereits kommissarisch zum Rektor berufen wurde, hat sich für seinen Kurs Unterstützung gesichert. Erster Erfolg: Porsche finanziert einen zweiten Lehrstuhl explizit mit dem Technologieschwerpunkt. Da macht sich offenkundig bezahlt, dass die Stuttgarter Sportwagen-Schmiede, deren größtes Werk in Leipzig ist, seit Jahren im HHL-Aufsichtsrat vertreten ist.
Spitzen-Uni nach US-Vorbild
Zwar wurde Lutz Meschke, bis vor Kurzem stellvertretender Porsche-Chef mit der Zuständigkeit für Finanzen und IT, von diesem Posten abberufen. Bereits zuvor hatte er seinen Vorsitz des HHL-Aufsichtsgremiums niedergelegt. Dafür aber wurde mit Andreas Haffner ein anderes Vorstandsmitglied von Porsche, seit zehn Jahren dort zuständig für das Personal- und Sozialwesen, neuer Aufsichtsrat der Hochschule. „Die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland hängt maßgeblich davon ab, ob wir beim Thema Bildung vorankommen“, betont er. Als Partner der Gesellschaft setze Porsche sich für die Bildung und Qualifikation junger Menschen ein. „Die Kooperation mit der HHL ist ein wichtiger Baustein unseres Engagements.“ Der Autobauer trägt bereits die Kosten des Stubner-Lehrstuhls für strategisches Management und Familienunternehmen.
Neuer Aufsichtsratschef wurde Jürgen Meffert. Der Unternehmensberater hat sich auf die Themen Innovationsmanagement, Mittelstand sowie digitale Transformation spezialisiert und begründet sein Engagement in Leipzig so: „Unser Ziel ist es, die Managementausbildung basierend auf den Anforderungen von morgen neu zu denken – mit klarem Fokus auf Transformation, Nachhaltigkeit, Business Technologies und lebenslanges Lernen.“ Kleine Randnotiz: Er ist der Sohn von Heribert Meffert. Der Professor war von 1995 bis 1997 Rektor der HHL und maßgeblich an der Wiederaufbauphase beteiligt.
Der neue Chefaufseher hat dabei im Einvernehmen mit Dauth große Pläne. Meffert möchte eine Spitzen-Universität nach US-Vorbild schaffen. Dafür werden in den nächsten Jahren allerdings zusätzlich 100 Millionen Euro benötigt. „Wir müssen aus eigener Kraft wachsen, also auch neue Programme anbieten“, erläutert Dauth die vorgesehene Finanzierung. Allerdings ist ihm klar, „dass wir auch externe Unterstützung“ dafür benötigen. „Private Hochschulen brauchen privates Geld.“ Dazu würden das Netzwerk von Jürgen Meffert und das der eigenen Absolventen bespielt.
Zudem setzt Dauth, der 2013 nach Stationen in München, Berlin, London und Rouen nach Leipzig kam, nicht nur auf menschliche, sondern auch auf künstliche Intelligenz. „Timotar“, ein sprachgestützter Avatar, bietet ab sofort einen interaktiven Sprach- und Chatbot, der fundierte Antworten auf wirtschaftspsychologische und führungsbezogene Fragen liefert. Er steht Studierenden, Führungskräften und allen Interessenten offen. Mit modernster KI-Technologie lernt Timotar, benannt nach HHL-Professor Timo Meynhardt, mit jeder Interaktion dazu und entwickelt sich kontinuierlich weiter.
So wie es Dauths Plan für die HHL vorsieht.