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Interview mit Christoph Gröner: „Ich habe 250 Millionen Euro Eigenkapital verloren“

Bauunternehmer Christoph Gröner ringt mit Gläubigern und Insolvenzanträgen - aktuell versucht er, die Plagwitzer Höfe zu halten. Um die Immobilienkrise zu überwinden, habe er etliche Villen und seine Porsche-Sammlung verkauft, sagt der 57-Jährige im LVZ-Interview.

Lesedauer: 7 Minuten

Ein Interview von Jens Rometsch

Leipzig. Er gilt noch immer als bekanntester Bauunternehmer Deutschlands. Vor 30 Jahren hatte Christoph Gröner in Leipzig seine CG-Gruppe gegründet. Anfangs sanierte er ruinierte Häuser im Waldstraßenviertel. Später ging es um ganze Quartiere, Milliardensummen und Projekte in vielen Metropolen. Doch mit der Baukrise ab 2022 bekam das Imperium Risse.

Nun ringt der 57-Jährige mit Gläubigern und Insolvenzanträgen, auch ermittelt die Staatsanwaltschaft zu einem Verdacht auf Insolvenzverschleppung. Am Sitz der heutigen CG Group GmbH in Eutritzsch traf Gröner die LVZ, um über den Stand der Dinge und über seine Pläne in Leipzig zu sprechen.

Bis Mitte 2026 soll alles bezahlt sein

Herr Gröner, was sagen Sie den Handwerkern, die bei Ihnen noch offene Rechnungen haben?

Im November 1995, also vor 30 Jahren, hatte ich mein Unternehmen hier in Leipzig mit 200 D-Mark Startkapital gegründet. Mit den tollen Handwerkern in dieser Stadt konnten wir seitdem weit mehr als 5000 Wohnungen schaffen, 200.000 Quadratmeter Gewerbeflächen entwickeln und bauen und damit über 5000 Arbeitsplätze ansiedeln. Das ist eigentlich schon ein Grund, stolz zu sein. Obwohl wir im letzten Jahr fast nur noch gehört haben, was wir angeblich alles falsch gemacht haben. Die Handwerker, mit denen wir seit Langem arbeiten, haben über die Jahre immer ihre Rechnungen bezahlt bekommen. Mit den meisten Handwerkern und Dienstleistern sind wir weiter im engen Kontakt.

Warum bezahlen sie nicht einfach alle berechtigten Forderungen sofort?

Das ist auf die fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten zurückzuführen. Die Schieflage am Immobilienmarkt der letzten drei Jahre hat in diesem Ausmaß niemand kommen sehen. Mein Team und das Management – wir arbeiten mehr denn je, um die Folgen dieser Krise zu bewältigen. Aber das geht nur Schritt für Schritt. Mir ist trotzdem kein Betrieb bekannt, der wegen offener Forderungen bei Gröner die Segel streichen musste. So schwer es auch ist, diese Geduld aufzubringen: Wir sind zuversichtlich, bis Mitte 2026 auch noch den Rest der offenen und berechtigten Forderungen von Handwerksfirmen und Dienstleistern vollständig begleichen zu können.

Zuerst will Konzernchef Christoph Gröner die Baustelle in der Limburgerstraße fertigstellen. Dort sind 105 Wohnungen geplant.
Zuerst will Konzernchef Christoph Gröner die Baustelle in der Limburgerstraße fertigstellen. Dort sind 105 Wohnungen geplant.
Quelle: Jens Rometsch

Welche Fehler haben Sie in der Krise gemacht?

Wir sind von über 800 Beschäftigten auf heute 280 Mitarbeiter geschrumpft und waren dabei zu zögerlich. Auch beim Sponsoring und anderen Ausgaben haben wir nicht schnell genug reagiert oder reagieren können. So ein straffer Personalabbau fällt extrem schwer, wenn man viele Kolleginnen und Kollegen gut kennt. In unserer Branche haben zuletzt zahllose Unternehmer aufgegeben und mit der Insolvenz den Ausfall sämtlicher Forderungen der Handwerksfirmen und Dienstleister in Kauf genommen. Das war bei Gröner nicht so.

Luxuswohnen oder erschwingliche Mieten

Was unterscheidet Sie von einem René Benko, der jetzt im Gefängnis sitzt?

Ich bin seit 30 Jahren Vollblutunternehmer. Wir jonglieren nicht, sondern arbeiten bodenständig. Wir kaufen Grundstücke, beplanen diese und verkaufen diese dann als Eigentumswohnungen, Wohnkomplexe oder Gewerbeareale. Es ist offensichtlich, dass ich meinen Unternehmungen Mittel zufließen lasse und nicht etwa entnehme. Wir stecken in unsere Unternehmungen jeden Monat zwei bis drei Millionen Euro privates Familienvermögen, um Jobs und Projekte, Dienstleister und Subunternehmer abzusichern. Nur so lässt sich rechtfertigen, dass unsere Geschäftspartner ungewollt Verzögerungen hinnehmen müssen. Ich verstehe den Sinn des Unternehmertums in der sozialen Marktwirtschaft so, dass man in guten Zeiten Gewinne machen und Geld ansparen darf, um es in schlechten Zeiten wieder für das Unternehmen einzusetzen. Das werde ich weiter tun, bis die Krise vorbei ist.

Christoph Gröner wurde 1968 in Köln geboren und wuchs in Karlsruhe auf. Der 1,95 Meter große Hüne stammt als eins von mehreren Kindern aus einer deutsch-französischen Ehe. Während eines (später abgebrochenen) Maschinenbaustudiums arbeitete er bereits auf dem Bau und gründete 1990 seine erste Firma – jedoch mit wenig Erfolg. Das änderte sich nach dem Umzug in einem alten Golf nach Leipzig 1995, wo ihm mit der CG-Gruppe ein kometenhafter Aufstieg gelang. Nach einer zeitweiligen Krise seiner Firmen zog er 2010 nach Berlin um. Heute lebt der Frühaufsteher und durchtrainierte Boxer vor allem in Berlin und Köln. Er hat vier Kinder und im Jahr 2024 zum zweiten Mal geheiratet.
Christoph Gröner wurde 1968 in Köln geboren und wuchs in Karlsruhe auf. Der 1,95 Meter große Hüne stammt als eins von mehreren Kindern aus einer deutsch-französischen Ehe. Während eines (später abgebrochenen) Maschinenbaustudiums arbeitete er bereits auf dem Bau und gründete 1990 seine erste Firma – jedoch mit wenig Erfolg. Das änderte sich nach dem Umzug in einem alten Golf nach Leipzig 1995, wo ihm mit der CG-Gruppe ein kometenhafter Aufstieg gelang. Nach einer zeitweiligen Krise seiner Firmen zog er 2010 nach Berlin um. Heute lebt der Frühaufsteher und durchtrainierte Boxer vor allem in Berlin und Köln. Er hat vier Kinder und im Jahr 2024 zum zweiten Mal geheiratet.
Quelle: Jens Rometsch

Viele Leipziger sagen, der Name Gröner stehe für Luxuswohnungen, nicht für bezahlbare Mieten.

Das ist ein Klischee. Alles, was wir in Leipzig gebaut haben, ist längst vermietet. Die Kaltmiete in den Mehrfamilienhäusern betrug maximal zwölf Euro pro Quadratmeter. Entscheidend ist doch, dass in Sachsen die soziale Förderung von Wohnraum nur unzureichend stattfindet. Das ist nicht uns vorzuwerfen. Mein Ziel ist, die Bezahlbarkeit von gutem Wohnraum für den Durchschnittsverdiener zu gewährleisten. Dazu gehören digitale Planungsprozesse und serielles Bauen. Der Einsatz moderner Technologien wie Geothermie, Photovoltaik, Wärmepumpen sorgt für stabile Betriebskosten. Unter diesen Vorgaben wollen wir bald wieder bundesweit 1000 erschwingliche Wohnungen pro Jahr schaffen.

In einigen Insolvenzverfahren zu Ihren Leipziger Projekten fanden bereits Gläubigerversammlungen statt – so zum alten Postbahnhof, zur Schokoladenfabrik in der Pittlerstraße und zum Wagenplatz KarlHelga. Haben Sie noch Hoffnungen, dort jemals wieder zum Zug zu kommen?

Man soll nie nie sagen. Ich diskutiere gerade mit Investoren, zu welchem Preis wir die Dinge zurückholen könnten. Der Wert einer Liegenschaft kann durch ein Insolvenzverfahren schnell sinken, wenn sie nicht richtig bewirtschaftet wird. Bedauerlicherweise ist eingetreten, was wir befürchtet haben. Jetzt sind die Projekte sämtlich deutlich entwertet.

Interesse am alten Technischen Rathaus

Wahrscheinlich wird die Stadt Leipzig das Gerippe vom ehemaligen Technischen Rathaus in der Prager Straße bald zum Verkauf stellen. Diese Immobilie gehörte Ihnen schon mal. Wollen Sie die zurück?

Bei einem vernünftigen Preis würden wir das Technische Rathaus gerne kaufen.

Und was draus machen?

Das, was wir seinerzeit geplant hatten, lässt sich auch heute noch realisieren. Man kann dort 280 Wohnungen bauen plus attraktive Gewerbeflächen – innerhalb von 18 Monaten wäre das zu schaffen. Für ein modernes Bürohaus oder ein neues Technisches Rathaus ist die Konstruktion hingegen nicht tauglich.

Für die verschiedenen Teile vom früheren Leipziger Postbahnhof an der Adenauerallee fanden inzwischen Gläubigerversammlungen statt.
Für die verschiedenen Teile vom früheren Leipziger Postbahnhof an der Adenauerallee fanden inzwischen Gläubigerversammlungen statt.
Quelle: Wolfgang Sens

Bundesweit ruhen alle Ihre Baustellen. Wann wird sich das ändern?

Nach drei Jahren Immobilienkrise bin ich mittlerweile recht optimistisch. Wir haben wieder stabile Zinsen, Material ist verfügbar, Lieferketten funktionieren. Jüngst konnten wir mehrere Absichtserklärungen – in der Fachsprache LOIs – mit internationalen Investoren vereinbaren. Sie werden uns ermöglichen, noch in diesem Jahr Finanzierungen abzuschließen. Dann nehmen wir einen Teil unserer Aktivitäten wieder auf – in Leipzig, in Berlin, in München.

Nächste Vorhaben spielen in Plagwitz

Wer sind diese Investoren?

Das ist ein Mix aus internationalen Geldgebern – Kapital aus London, Wien, der Schweiz, Israel, den USA, auch aus Dubai. Es ist teurer als die klassischen Bankkredite, aber in der Krise springen eben diese Investoren ein. Während Banken den Regenschirm einziehen, sobald es regnet.

Was ist der Plan für Ihre Leipziger Projekte?

Ganz vorn stehen hier die Fertigstellung der 105 Neubau-Wohnungen in der Limburgerstraße und weiterer 87 Wohnungen in dem Altbau an der Engertstraße – gegenüber vom Plagwitzer Bahnhof. Auch treiben wir ein gemischt genutztes Viertel mit dem Namen PetzschWork an der Wittenberger und Dessauer Straße voran. Für die weitgehend fertige Mansfeldhalle in der Riesaer Straße wird gerade die Finanzierung geprüft – das läuft aber über mein Family Office und hat nichts mit irgendwelchen Insolvenzanträgen zu tun.

Sie werfen dem Insolvenzverwalter vor, er verfolge eigene Interessen. Macht er nicht einfach nur seinen Job?

Ich sage es mal so: Es gibt Insolvenzverwalter, die ernsthaft sanieren wollen – und es gibt welche, die vor allem ihr Honorar im Blick haben. Wenn Sie drei bis vier Prozent aus jeder Abwicklung bekommen, egal ob saniert oder verkauft wird, dann ist das System falsch. Zur Sanierung entsprechender Gesellschaften muss die Geschäftsführung des Betriebes konsultiert und vom vorläufigen Insolvenzverwalter eingebunden werden. Bis heute gab es da aber nicht einmal eine Kontaktaufnahme des Insolvenzverwalters von White & Case. An anderer Stelle bei der Gröner Group GmbH werden vom gleichen Verwalter unvollständige Gutachten verfasst, bei denen wichtige Fakten unberücksichtigt und unzulässige Verdächtigungen vorgenommen werden – mit der offensichtlichen Absicht verbunden, uns zu schaden. So entsteht ein Zerrbild, das dann unter nebulösen Umständen an die Medien gelangt und uns massiv wirtschaftlich schadet.

Anträge auf Privatinsolvenz bald erledigt?

Seit März 2025 läuft gegen Sie ein Antrag auf Privatinsolvenz. Wie ordnen Sie das ein?

Es ist nicht so, dass ich privat irgendeine Rechnung nicht bezahlt hätte. Leider gibt es seit der Branchenkrise einen neuen Trend, wenn Unternehmer eine private Bürgschaft für Projekte unterschrieben haben – nämlich die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft, obwohl noch gar kein Schaden entstanden ist. Dem ersten Anlauf dazu im Dezember 2024 hatte ich durch Zahlung abgeholfen. Nur dann kamen die nächsten hinterher. Deshalb habe ich mich dagegen gewehrt. Es gibt nun insgesamt vier Insolvenzanträge gegen mich und das ist auch der Grund, weswegen das schon so lange dauert. Insolvenz heißt: zahlungsunfähig oder überschuldet. Beides trifft auf mich in keiner Weise zu. Zum Glück weiß das auch das Gericht einzuschätzen. Wir haben hier inzwischen Vereinbarungen mit den Gläubigern getroffen und gehen fest davon aus, noch im November alle Verfahren einer Erledigung zuführen zu können.

An der Wittenberger und Dessauer Straße in Leipzig will Gröner historische Industriebauten im Projekt PetzschWork sanieren und wieder beleben.
An der Wittenberger und Dessauer Straße in Leipzig will Gröner historische Industriebauten im Projekt PetzschWork sanieren und wieder beleben.
Quelle: Jens Rometsch

Stimmt es, dass Sie fast alle der 47 Fahrzeuge aus Ihrer privaten Porsche-Sammlung verkauft haben?

Geblieben sind mir drei Porsche, doch die sind alle von der Bank beliehen. Ich habe erhebliche Mittel durch den Verkauf von Inventar in Deutschland samt der Porsche-Sammlung erzielt und viele Millionen Euro aus dem Verkauf von Immobilien in Frankreich für den Erhalt meiner Unternehmensgruppe eingesetzt. Ich habe bereits zwei Drittel meines Privatvermögens aufgewendet, um die Firmengruppe zu sichern und unstrittige Rechnungen zu begleichen. Gleichzeitig habe ich durch die Insolvenz der Gröner Group GmbH als größter Gläubiger 250 Millionen Euro eingesetztes Eigenkapital verloren.

Viele Gesellschaften „operativ gesund“

Von außen ist oft kaum noch erkennbar, welche Schiffe der Gröner-Armada fahrtüchtig sind und welche nicht. Woran liegt das?

Wir haben eine klare Struktur, die in den Broschüren und Webseiten der Dachunternehmen CG Group GmbH sowie der eigenständigen CGRE AG dargestellt wird. Zu ihnen gehören aktuell mehr als 40 Immobilienprojekte – darunter 14 große Baulandentwicklungen. Früher war die Gröner Group GmbH unser Finanzvehikel, das Vorhaben bundesweit finanzierte. Als gegen diese Holding Insolvenz beantragt wurde, haben die Gläubiger gleich noch zehn weitere Gesellschaften mit hineingezogen. Dadurch entstand in der öffentlichen Wahrnehmung ein Bild, als sei „alles pleite“. Das stimmt nicht. Viele der Gesellschaften sind operativ gesund, manche Verfahren wurden wieder aufgehoben.

(Anmerkung der Redaktion: Auf LVZ-Nachfrage erklärte der zuständige Insolvenzverwalter von White & Case: „Ich erfülle die Aufträge, die mir das Amtsgericht Leipzig erteilt hat, nach Recht und Gesetz. Alle gegen mich gerichteten Vorwürfe sind schlicht falsch.“)

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