Dresden. Durchbruch nach wochenlangen Verhandlungen: Die schwarz-rote Minderheitskoalition hat sich mit den oppositionellen Bündnisgrünen und Linken auf zahlreiche Änderungen im Haushalt verständigt. Damit kann der Finanzplan für die Jahre 2025 und 2026 in der kommenden Woche im Landtag beschlossen werden.
Die Zustimmung wird rund 250 Millionen Euro kosten – mit denen viele ursprünglich vorgesehene Kürzungen zurückgenommen oder zumindest abgemildert werden. Gegen die Einschnitte hatte es in den vergangenen Wochen sachsenweit Proteste gegeben. Hier ein Überblick zu wichtigen Posten, die sich in den Verhandlungen geändert haben.
Soziales
Der Regierungsentwurf für den neuen Doppelhaushalt sah breite Kürzungen im Sozialbereich vor – davon werden etliche zurückgedreht. So sollen beispielsweise soziale Unterstützungen mit einem höheren Budget ausgestattet werden. Dazu zählen unter anderem Verbraucherzentralen, Aidshilfe, Tafeln, Suchtberatung und -hilfe, Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen, ambulante Krebsberatung, Hospiz- und Palliativversorgung.
Daneben erhält auch die Jugendhilfe mehr Geld und wurde für die Schulsozialarbeit eine bessere finanzielle Ausstattung vereinbart. Auch die Förderrichtlinie für integrative Maßnahmen sowie die Unterstützung von psychosozialen Zentren bleiben erhalten. Die Studierendenwerke erhalten zusätzliches Geld und können damit mehr Angebote im sozialen Beratungsbereich machen.
Kindertagesstätten
Das Kita-Moratorium wird ein Jahr vorgezogen und schon ab 1. August 2025 gelten. Damit steigen die Landeszuschüsse um fast 23 Millionen Euro. Mit dem Geld sollen Schließungen verhindert werden.

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Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht damit eine zentrale Forderung an die Verhandler erfüllt. „Das Moratorium rettet Arbeitsplätze in der Zeit sinkender Kinderzahlen und spielt den Ball zurück zu den Kommunen. Sie sind jetzt in der Pflicht, den Stellenabbau zu stoppen und für mehr Qualität an den Kitas zu sorgen“, sagt der sächsische GEW-Landesvorsitzende Burkhard Naumann.
Gesundheit und Pflege
Das Quartett hat sich auf die Einrichtung eines Landesgesundheitsamtes bis 2029 geeinigt. Die Investitionen in Telemedizin und die Digitalisierung des Gesundheitswesens werden vervielfacht. Die Hebammenförderung wird ausgebaut und der Sächsische Pflegerat bekommt eine eigene Geschäftsstelle.
Das Pflegebudget der Landkreise und kreisfreien Städte wächst um die Hälfte, auch für die Pflegekoordinatorinnen und -koordinatoren sowie für Angebote zur Unterstützung im Alltag steht deutlich mehr Geld als ursprünglich eingeplant zur Verfügung.
Von dem neuen Sachsenfonds sollen insbesondere die Krankenhäuser profitieren. Außerdem können stationär Pflegebedürftige perspektivisch von den Investitionskosten entlastet werden. Zudem bleibt es auch künftig bei den Zuschüssen, die die Facharztausbildung unterstützen.
Kultur und Demokratie
Die Kultur wird vor Kürzungen bewahrt: Anders als ursprünglich geplant, gibt es mehr Geld für die Kulturräume, für Theater und Orchester sowie die freie Szene. Andernfalls hätte es auch hier zu erheblichen Einschnitten kommen müssen.
Auch die geplanten Streichungen in der Demokratie- und in der Ehrenamtsförderung werden nicht mehr umgesetzt. Die Kofinanzierung für das Bundesprogramm „Demokratie leben“ und damit etwa für Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt wird abgesichert. Beim Förderprogramm „Weltoffenes Sachsen“ ermöglicht die Ausstattung auf bisherigem Niveau weitere Demokratieprojekte.
Aufgestockt wird auch die finanzielle Ausstattung des Ehrenamtsprogramms „Wir für Sachsen“ sowie für weitere Förderprogramme. Genauso wird mehr Geld für die Integration durch Sport, Fußballfanprojekte, das Aussteigerprogramm Rechtsextremismus, die Gedenkstätten- sowie die Kulturstiftung und für kulturelle Bildung bereitgestellt.
Klima- und Naturschutz
Der Klimafonds, den die Bündnisgrünen in ihrer früheren Regierungsbeteiligung durchgesetzt hatten, bleibt erhalten. Darin findet sich unter anderem der Reparaturbonus mit gut einer Million Euro, der nun nicht mehr wegfällt – sondern noch aufgestockt wird. Auch das Auen-Programm, das beispielsweise für die Leipziger Region sehr wichtig ist, kann aufgrund des Fonds weitergeführt werden.

Quelle: Daniel Schäfer
Außerdem wird es deutlich mehr Geld, als von der Koalition ursprünglich eingeplant, für den Naturschutz und die Naturparks geben. Auch die weitere Teilnahme an der Grünen Woche ist gesichert. Zur Finanzierung sollen unter anderem die Betreiber von Tagebauen zur Kasse gebeten werden: Ab 1. Juli müssen sie für Wasserentnahmen zahlen, eine entsprechende Ausnahmegenehmigung fällt dann weg.
Die Tierheime bekommen dreimal so viel Geld wie im Regierungsentwurf vorgesehen, die Tierschutzvereine mehr als doppelt so viel.
Infrastruktur
Der Haushaltsplan hatte vorgesehen, dass keine neuen Bauprojekte mehr angegangen werden sollen, sondern lediglich Begonnenes zu Ende gebracht wird. Davon waren etwa Schulen betroffen, aber auch der Ausbau der Bahnstrecke zwischen Leipzig und Chemnitz. Letzteres wird mit den vereinbarten Änderungen korrigiert: Ab Geithain (Landkreis Leipzig) soll der zweigleisige Ausbau in Richtung Süden vorangetrieben werden. Andere Investitionen können über den neuen Sachsenfonds abgefangen werden.
Ein stärkeres Augenmerk soll auch der Verbesserung des Fuß- und Radverkehrs gelten, zumal der Freistaat seit Jahren beim Radwegebau hinterherhinkt. Das Geld wird damit wieder zur Verfügung gestellt. Die Förderung barrierefreien Wohnraums, die der Regierungsentwurf faktisch einstellen wollte, wird ebenfalls ermöglicht.
Wirtschaft
Das Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) in Dresden ist gerettet: Der Freistaat wird seine Förderung nicht zusammenstreichen, sondern weiterführen. Damit kann das für Ostdeutschland wichtige ifo-Institut erhalten bleiben und muss nicht, wie angekündigt, ab 2027 schließen.
Der Sparhaushalt führt allerdings auch dazu, dass die Investitionsquote deutlich sinken wird – also derjenige Haushaltsanteil, der beispielsweise in Straßen, Schienen, Digitales und Neubauten gesteckt werden. Lag die Quote vor zehn Jahren bei 17,6 Prozent, sind für dieses Jahr lediglich 13,3 Prozent und für 2026 noch 12,6 Prozent vorgesehen.
Die Wirtschaft hatte Änderungen auch in diesem Bereich gefordert. „Die drastische Senkung hat uns daher bestürzt. Das ist das völlig falsche Signal in der aktuellen Situation unserer Wirtschaft“, sagt Kristian Kirpal, der Präsident der IHK Leipzig. Seine Kritik lautet: Der Doppelhaushalt hätte Investitionen zum Dreh- und Angelpunkt machen müssen.
Sachsenfonds
Was der Haushalt – noch nicht – leisten kann, soll künftig der Sachsenfonds in weiten Teilen hinbekommen: Dank des Sondertopfes, der vom Bundestag im Frühjahr beschlossen worden war, werden in den nächsten zwölf Jahren rund 4,8 Milliarden Euro in die sächsische Kasse gespült. Ab 2026 wird pro Jahr mit etwa 400 Millionen Euro gerechnet.
Die Verteilung dieses Geldes ist ebenfalls Bestandteil der aktuellen Haushaltseinigung. Die Vierer-Runde aus CDU, SPD, Grünen und Linken vereinbarte klare Schwerpunkte: Krankenhäuser, Brand-, Zivil- und Katastrophenschutz, Infrastruktur und nachhaltige Mobilität wie Öffentlichen Nahverkehr, Sport- und Kulturinvestitionen, Pflege sowie Bildung (etwa Schulbauten). Dabei müssen die oppositionellen Grünen und Linken über die jeweiligen Projekte mitentscheiden können. Außerdem wird es ein neues, eigenes Kommunalbudget im Sachsenfonds geben.
Kosten
Die Änderungen zum Regierungsentwurf umfassen etwa 250 Millionen Euro – zusätzliches Geld, das eigentlich nicht vorhanden gewesen ist. Denn im Gegenzug zu den Änderungswünschen von Bündnisgrünen und Linken sollte es zu keinen Streichungen an anderen Stellen im Haushalt kommen. Es werden für den aktuellen Doppelhaushalt auch keine neuen Kredite aufgenommen – eine Neuverschuldung ist aber perspektivisch möglich und wird in der sächsischen Haushaltsordnung festgeschrieben.
Deshalb mussten die Finanzpolitiker neue Wege suchen. So fielen die Haushaltsreste aus dem vergangenen Jahr höher als erwartet aus und konnten zusätzlich verteilt werden. Überdies wird mit höheren Steuereinnahmen gerechnet, wie die jüngste Schätzung im Mai voraussagt. Finanzminister Christian Piwarz (CDU) macht auch seine „stille Reserve“ locker, die sogenannten Verstärkungsmittel zum Ausgleichen von ungeplanten Ausgaben.
SZ