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Können tödliche Abbiegeunfälle verhindert werden?

Radfahrer sollen mit Lkw-Warnsystemen geschützt werden. Doch die fehlen – auch in der sächsischen Fahrzeugflotte.

Lesedauer: 2 Minuten

Diese schlechte Nachricht macht seit Tagen deutschlandweit die Runde: Die Zahl der Verkehrstoten steigt wieder an und der Negativtrend hat längst auch den Freistaat erreicht. So starben in den ersten neun Monaten dieses Jahres auf sächsischen Straßen bereits genauso viele Menschen wie im Gesamtjahr 2017.

Weil jedes Opfer eines zu viel ist, drängen nun die Grünen im Landtag darauf, bei einer besonders dramatischen Unfallursache zu handeln. Gemeint sind die oft tödlichen Zusammenstöße von Lastkraftwagen mit Passanten oder Radfahrern, die sich – vom Fahrer unbemerkt – im toten Winkel der Fahrzeuge aufhalten. Elektronische Assistenzsysteme könnten die Wagenlenker rechtzeitig vor solchen gefährlichen Situationen warnen. Allein, es gibt noch immer keine Regelung, die Lastkraftwagen zwingend mit dieser Technik auszurüsten.

„Gerade weil es noch keine Nachrüstpflicht gibt, ist es aber umso wichtiger, dass die Staatsregierung hier ihrer Vorbildfunktion nachkommt“, fordert die Landtagsabgeordnete Katja Meier. Die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, welche die Verkehrsexpertin der Grünen jetzt an die Landesregierung stellte, sorgt aber für Ernüchterung: So hat gegenwärtig kein einziger der 391 Lkw, die im Besitz des Freistaats sind, ein Warnsystem zum wirksamen Schutz vor Abbiegeunfällen.

Und auch die Ankündigung der Regierung, nächstes Jahr mit den ersten Umrüstungen beginnen zu wollen, kann die Politikerin nicht beruhigen. „Laut der Antwort von Verkehrsminister Martin Dulig sollen bis Ende 2019 gerade einmal 13 Lkw über diese Sicherheitstechnik verfügen. So sollen drei Fahrzeuge der Landesfeuerwehrschule nachgerüstet und zehn neue Polizei-Lkw ab Werk damit ausgestattet werden“, listet sie auf. Für Meier ist das viel zu wenig. Auf diese Weise verfügen bis Ende nächsten Jahres lediglich drei Prozent der staatlichen Fahrzeuge über diese Assistenzsysteme. Die Nachrüstung von Fahrzeugen der Polizei, des Katastrophenschutzes und des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie wird laut Dulig noch geprüft. Auch, ob vier neue Lkw für den Justizvollzug mit Abbiegeassistenten bestellt werden, sei noch nicht entschieden.

Katja Meier: „Ich fordere Minister Dulig deshalb auf, gegenüber seinen Kabinettskollegen die Nachrüstung der Lkw in allen Behörden des Freistaats zum Thema zu machen. Tödlichen Abbiegeunfällen mit Radfahrern und Fußgängern muss konsequent begegnet werden.“ Zumal der Bund seinen in Sachsen stationierten Fuhrpark offenbar deutlich schneller nachrüsten will. Von den 73 in seinem Eigentum befindlichen Lkw des Landesamts für Straßenbau und Verkehr, die der Unterhaltung der Bundesautobahnen dienen, sollen nächstes Jahr immerhin 14 schwere, 32 mittelschwere und neun Geräteträger modernisiert werden. Acht neue Fahrzeuge werden schließlich schon ab Werk mit Abbiegeassistenten ausgestattet. Ein Lkw im Landesamt verfügt zudem bereits über das Warnsystem.

Im Verkehrsministerium selbst sieht man sich zu Unrecht in der Kritik. „Alle Ministerien haben das Problem im Blick und werden 2019 mit den Umrüstungen starten“, hält Sprecher Jens Jungmann gegen. Anders als private Fuhrparkbesitzer seien Behörden jedoch an rechtliche Vorgaben gebunden. So erfordern die notwendigen Ausschreibungen und das Einholen von Vergleichsangeboten mehr Zeit. Zudem müsse geprüft werden, ob bei älteren Fahrzeugen, die bald ausgemustert werden, eine Nachrüstung sinnvoll sei.

Wichtig bleiben damit Initiativen wie die eines Berufskraftfahrers aus Kreischa, der täglich mit dem Abbiegeproblem konfrontiert ist. Der 38-Jährige rollte kürzlich mit seiner Zugmaschine auf Schulhöfe der Region und ließ Kinder und Lehrer im Fahrerhaus Platz nehmen. Der Effekt: Alle sahen, dass sie nichts sehen. Er will mit den Aktionen sensibilisieren, wie gefährlich es ist, wenn niemand auf den toten Winkel achtet und kein System rechtzeitig warnt.

 

Von Gunnar Saft

Foto:  © PR Mercedes-Benz

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