Großenhain. In den letzten Wochen habe er sich schon so seine Gedanken gemacht. Nicht nur am Frühstückstisch. Schwappt die vermeintliche Krise nun wirklich über alle Ländergrenzen hinweg nach Sachsen oder nicht?
Schließlich ist Christian Riedel nicht nur von Berufs wegen ein Mann, der auf das traditionelle Ei, verrührt oder schwungvoll aufs Brot gebraten, ungern verzichten möchte.
Vor zwei Monaten schlechte Prognosen
Noch Anfang Februar war sich der langjährige Geschäftsführer des Großenhainer Geflügelhofs und Vorsitzender des Geflügelwirtschaftsverbandes (GWV) Sachsen durchaus sicher, dass das viel zitierte Eierdebakel auch den Freistaat erreichen werde. Und das angesichts des nahenden Osterfestes – nicht auszudenken. „Der Eier-Markt ist wie leergefegt. Wir erleben noch nie dagewesene Engpässe. Die Nachfrage nach allen Haltungsformen übersteigt bei Weitem das Angebot“, konstatierte der 72-Jährige damals im Gespräch mit Sächsische.de.
Seine Prognose angesichts der massiv wütenden Vogelgrippe in den USA, Teilen von Polen und Norddeutschland zu Jahresbeginn: Es könne mit bunt gefärbten Eiern Ende April auch hierzulande äußerst schlecht aussehen.
Regale in Supermärkten wieder voller
Zwei Monate später sind die Supermarktregale im Großenhainer Land überraschend gut gefüllt. Eier, gleich ob braun oder wie gegenwärtig jetzt begehrt in Weiß, warten in verschiedenen Gewichtsklassen auf ihre Käufer. Wer selbst nicht kreativ zur Tat schreiten möchte, die unterschiedlich großen Hühnerprodukte in gelbe, grüne, rote oder orangefarbene Leckerbissen zu verwandeln, hat die Gelegenheit, sie bereits fertig eingefärbt zu kaufen. Verschiedene deutsche Anbieter machen es in diesen Tagen möglich.
Eine gute Ei-Auswahl, die indes erst seit zwei Wochen wieder so gegeben sei. Nach Angaben des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) habe sich die Situation seit Mitte März deutlich verbessert.
Das Angebot und der Bedarf regelt im Handel die Preise. In der Folge des verknappten Eierangebots schnellten die Großhandelspreise natürlich rapide in die Höhe. – Christian Riedel, langjähriger Geschäftsführer des Großenhainer Geflügelhofs und Vorsitzender des Sächsischen Geflügelwirtschaftsverbandes
Bis dahin wäre es tatsächlich so gewesen, dass Angebot und Nachfrage in den vergangenen Wochen nicht zusammengepasst hätten. Wie Christian Riedel erklärt, habe es zwischen Döbeln und Zittau weniger Hühnereier als benötigt gegeben.
„Das Angebot und der Bedarf regelt im Handel die Preise. In der Folge des verknappten Eierangebots schnellten die Großhandelspreise natürlich rapide in die Höhe“, gibt der Experte zu bedenken.

Quelle: Anika Büssemeier
Konsequenzen, welche die Kundschaft in der Röderstadt, in Riesa oder in Meißen an der Supermarktkasse momentan jedoch nicht die Schweißperlen auf die Stirn treiben werden. Die Eier-Preise seien für sie noch relativ stabil. Das heißt, konventionelle Eier kosteten in der 10er-Packung bundesweit zwischen 2,50 und 3,50 Euro.
Amerikanische Probleme nicht hier lösbar
Immerhin, so Christian Riedel, gebe es zwischen den Händlern und den sächsischen Eier-Produzenten in der Regel einjährige Verträge, die im August oder September geschlossen würden. In den meisten Fällen wären also frühestens im Herbst Preiserhöhungen möglich.
Und auch die Bitte der Amerikaner, welche um mehr Eier-Exporte auch aus Deutschland gebeten haben, müsse in der Region keineswegs die vorösterliche Freude trüben.
„Durch die Auswirkungen der Vogelgrippe und die damit einhergehenden Massenkeulungen in US-Geflügelbetrieben werden Eier in den Vereinigten Staaten zwar tatsächlich immer knapper. Aber die Lösung für das Problem liegt nicht hierzulande“, ist sich Christian Riedel sicher.
Eier-Export in die USA eher schwierig
Einerseits sei ja besonders vor Ostern die Nachfrage nach Eiern hierzulande groß und müsse trotz überstandener Vogelgrippe-Ausbrüche in deutschen Betrieben erst einmal abgedeckt werden. Andererseits wären die Auflagen der USA zum Schutz vor Salmonellen vergleichsweise groß. Diese würden verlangen, dass Speiseeier vor dem Verkauf gewaschen, desinfiziert und gekühlt werden. „In unseren sächsischen Betrieben herrschen hohe Standards, wobei wir davon ausgehen, dass Waschen die natürliche Schutzschicht auf den Eierschalen entfernt und die Eier umso anfälliger für Bakterien werden. Deshalb ist diese Praxis in Deutschland verboten und ein Export wäre unter derlei Bedingen äußerst schwierig“, erklärt Christian Riedel. Beide Herangehensweisen seien so grundsätzlich unterschiedlich, dass sich vermutlich kein Unternehmen darum reißen werde, Eier auf den US-Markt bringen zu wollen.
In Großenhain arbeite das gefiederte Personal jedenfalls dieser Tage auf Hochtouren. Und versuche recht kooperativ, der gestiegenen Nachfrage nach ihren Produkten nachzukommen. Zwar würden in hiesigen Gefilden noch nicht so viele Eier wie in Mexiko gegessen – dort sind es beachtliche 405 pro Kopf im Jahr –, aber mit 249 im Schnitt pro Person schon mehr als bisher. Eine Branche im Aufwind – nicht nur vor Ostern.
SZ