Platz 253 von 375. Was zunächst nicht besonders spektakulär klingt, beweist dennoch den beachtlichen wirtschaftlichen Erfolg des Landkreises Meißen in den vergangenen Jahren – zumindest, wenn man den direkten Vergleich zu anderen sächsischen Kreisen und kreisfreien Städten zieht. So hat Meißen erstmals den Konkurrenten Sächsische Schweiz – Osterzgebirge (Rang 276) überholt und liegt jetzt nur noch hinter den Städten Leipzig und Dresden sowie dem Landkreis Leipzig.
Ermittelt hat diese Rangliste das Magazin Focus Money, das einmal jährlich ein großes Ranking aller deutschen Landkreise veröffentlicht. Die aktuelle Ausgabe erschien am 19. Dezember. Die Sächsische Zeitung hat sich das Ranking und seine Methodik angesehen und dazu mit Lars Fiehler, Geschäftsführer Standortpolitik und Pressesprecher bei der Industrie- und Handelskammer Dresden, gesprochen.
Welche Kriterien wurden untersucht?
Auf den ersten Blick wirkt die Tabelle mit den unzähligen Zahlen, die dem Ranking zugrunde liegt, etwas unübersichtlich. Jedem Landkreis werden für bestimmte Kriterien Punktzahlen gegeben, und zwar nach dem Prinzip: je geringer, desto besser. Deshalb haben die Gewinner im Ranking nicht nur die niedrigsten Plätze, sondern auch die wenigsten Gesamtpunkte.
Als Kriterien wurden bewertet: die durchschnittliche jährliche Arbeitslosenquote, das verfügbare Einkommen je Einwohner, die BIP-Veränderung im Vergleich zum Vorjahr, die Veränderung der Erwerbstätigenzahl im Vergleich zum Vorjahr, die Bruttowertschöpfung, Investitionen im verarbeitenden Gewerbe und die Veränderung der Bevölkerung zum Vorjahr.
Wie aussagekräftig ist das Ranking überhaupt?
Lars Fiehler, der Rankings eher kritisch gegenübersteht und gerne davor warnt, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, ist von der Methodik dieser Untersuchung angetan. „Das ist nach wie vor – da bleibe ich dabei – ein Ranking, das wirklich gute Kriterien anlegt, nicht nur einen ’Glücksquotienten’ oder so etwas“, sagt Fiehler. Arbeitslosenquote, BIP, Einkommen – „das sind echte volkswirtschaftliche Kennziffern, die aussagefähig sind und für die es eine seriöse Datenbasis gibt“.
Eine Ungenauigkeit hat das Ranking dennoch: Weil für manche Landkreise und kreisfreien Städte Daten fehlen, wurden diese in der Rangliste weggelassen. In diesem Jahr betrifft das immerhin 27 Regionen, darunter „Schwergewichte“ wie Göttingen, Wolfsburg oder Leverkusen.
Warum konnte Meißen erneut aufsteigen?
Im Vergleich zum vergangenen Ranking konnte der Landkreis 32 Plätze gutmachen, im Vergleich zum Ranking 2016 sogar 39. Dafür sind einerseits Entwicklungen verantwortlich, die nicht nur den Kreis Meißen allein betreffen – zum Beispiel das Sinken der Arbeitslosenquote und mehr verfügbares Einkommen. Davon dürften auch andere „Aufsteiger“ im Ranking profitiert haben. Der Wert des Bruttoinlandsprodukts sticht für den Landkreis jedoch heraus: Mit nur 43,5 liegt diese Ziffer besonders niedrig.
Das zeigt, dass die Wirtschaftskraft im Kreis tatsächlich gestiegen ist. „Was wir hier auch für einen Industriebesatz haben“, schwärmt Fiehler. Außerdem spiele auch die Verwaltung mit ins BIP, „da werden hohe Gehälter generiert“. Und natürlich profitiert der Landkreis weiter von der Nähe zu Dresden, wohin viele zum Arbeiten pendeln.
Wie stehen die anderen sächsischen Regionen dar?
Erneut vorne im Ranking liegen – zumindest für den Freistaat betrachtet – die Städte Leipzig (Rang 145) und Dresden (Rang 157) sowie der Landkreis Leipzig (Rang 174). Leipzig profitiere vor allem von den Werken von BMW und Porsche, erklärt Fiehler. Im vergangenen Jahr hat allein BMW über 246 000 Fahrzeuge hergestellt, rund 5 300 Mitarbeiter hat das Unternehmen im Leipziger Werk.
Abgerutscht ist dagegen Zwickau, von Rang 261 auf 264. „Der Landkreis Zwickau war in Sachsen immer unheimlich weit oben dabei“, erklärt Fiehler. Er sei aber auch abhängig von der „Monokultur“ VW, wo es nun Verkaufsrückgänge zu verzeichnen gibt. „Da sind Landkreise wie Meißen, die breiter aufgestellt sind, eher gegen so spezielle Markteinflüsse gefeit.“ Sächsische Schlusslichter bilden der Erzgebirgskreis (Rang 352) und der Kreis Görlitz (Rang 350). Insgesamt ist der Freistaat aber im Mittel um 21 Plätze aufgestiegen. „Damit muss man sich schon nicht verstecken“, sagt Fiehler.
Wie schneidet der Freistaat im Bundesvergleich ab?
Vergleicht man nur die Flächenländer, lässt also die Stadtstaaten außen vor, landet Sachsen auf Rang 9 von 13. Damit ist es direkt nach Brandenburg das zweitstärkste Land im Osten. Die anderen neuen Länder landen noch dahinter. Noch immer zeigt sich also ein großer Ost-West-Unterschied bei der wirtschaftlichen Leistung. „Da haben wir fast 30 Jahre nach der Wende noch großen Aufholebedarf“, sagt Fiehler.
Wer sind die Gewinner im Ranking?
Ganz eindeutig Bayern und Baden-Württemberg. Von den ersten 40 Rängen entfallen lediglich vier nicht auf diese beiden Bundesländer. Der beste Kreis in den neuen Ländern – Teltow-Fläming in Brandenburg – kommt auf Platz 32. Wer aber München und Stuttgart auf den vordersten Plätzen erwartet, der irrt. Gewinner ist der Landkreis Ebersberg in Bayern. „Da müsste ich jetzt erst mal googeln, wo das überhaupt ist“, sagt Fiehler, der sich das gute Abschneiden spontan nicht erklären kann. Eine Onlinerecherche fördert dann doch schnell eine mögliche Erklärung zutage: Ebersberg liegt nicht nur nah bei München, dort ist auch eine Regionalgesellschaft von Aldi Süd angesiedelt.
Von Dominique Bielmeier
Foto: © Thomas Kretschel, Quelle Grafik : © Focus