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„Lief besser, als gedacht”: Kommt jetzt die Wende für die Wirtschaft in der Region Leipzig-Halle?

Die mitteldeutsche Wirtschaft kommt nicht vom Fleck. Während einige Firmen wieder etwas Optimismus versprühen, stagniert es bei vielen anderen, wie eine aktuelle Umfrage der IHK in Leipzig zeigt. Wie geht es weiter?

Lesedauer: 3 Minuten

Florian Reinke

Leipzig. Es klingt etwas Optimismus durch bei Hubertus Bartsch, wenn er über die ersten Monate des Jahres spricht. „Das erste Quartal lief besser, als gedacht“, sagt der Geschäftsführer der Neue Zahnradwerk Leipzig GmbH. Nach Jahren mit schlechten Nachrichten für die deutsche Wirtschaft klingt das schon fast wie eine Wende.

Sein Unternehmen, das Komponenten für Automobilantriebe produziert, profitiert unter anderem vom Trend zu Hybridfahrzeugen: „Wir haben ein starkes Wachstum in diesem Segment“, sagt Bartsch. Selbst wenn die E-Mobilität wieder deutlicher an Fahrt gewinnt, werde der verbleibende Markt für Hybrid- und Handschalttechnik nicht schrumpfen, ist er überzeugt.

Hat in diesem Jahr also die langersehnte Trendwende in der Wirtschaft begonnen? Bartsch ist jedenfalls nicht allein – die gesamte Wirtschaft ist zuletzt stärker gewachsen, als erwartet. Auch die führenden Institute haben ihre Prognosen für dieses Jahr leicht angehoben.

Kein Aufschwung in Leipzig-Halle in Sicht

Aufatmen kann die Wirtschaft im Raum Leipzig-Halle aber keineswegs. Oder wie Kristian Kirpal, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig (IHK), sagt: „Die mitteldeutsche Wirtschaft kommt nicht von der Stelle.“ So lautet das Fazit des aktuellen Konjunkturberichts, den die IHKs und Handwerkskammern in Leipzig und Halle am Montag veröffentlicht haben.

Sichtbar wird das am Konjunkturklima-Index für Mitteldeutschland. Er bildet die Geschäftserwartungen und die Aussichten in einem Index ab. Dieser notierte im Frühjahr bei 32,4 Punkten – und damit einen Punkt über dem Vorjahreswert. Der Tiefpunkt scheint also überschritten, aber einen Grund zur Freude gibt es nicht: Bei 89 Punkten lag der Index noch im Frühjahr 2018 – und damit auf seinem bisherigen Höchststand. „Vom Vor-Corona-Niveau sind wir noch sehr weit entfernt“, sagt Kirpal.

Kein Aufschwung in Sicht: Die Abbildung zeigt den Konjunkturklima-Index der gewerblichen Wirtschaft im Raum Leipzig-Halle.
Quelle: IHK zu Leipzig

Hohe Arbeits- und Energiekosten belasten die Unternehmen

Die Probleme sind vielschichtig. „In vielen Unternehmen sind die Umsätze und die Erträge gesunken“, erklärt Kirpal. „Der wachsende Kostendruck verschärft die Lage noch zusätzlich. Insbesondere die steigenden Arbeitskosten und die hohen Energiepreise bereiten den Firmen weiterhin große Sorgen.“

Unternehmer wie der Leipziger Bartsch wissen zu gut, was gemeint ist. „Wir sind an den Grenzen der Lohnentwicklung“, sagt er offen. Daher fordert Bartsch: Die Arbeitskosten dürften nicht weiter steigen. Denn auch auf dem Weltmarkt müssten die deutschen Produkte wettbewerbsfähig bleiben.

IHK-Präsident Kristian Kirpal: Die Lage bleibt angespannt.
IHK-Präsident Kristian Kirpal: Die Lage bleibt angespannt.
Quelle: Kempner

Industrie, Baugewerbe, Handwerk: So geht es den Branchen

Der Blick auf die einzelnen Wirtschaftszweige offenbart dabei unterschiedliche Probleme. Aus der Industrie gibt es erneut schlechte Nachrichten: Der Lagesaldo fiel auf nur noch acht Punkte, den niedrigsten Wert seit zehn Jahren. Das Baugewerbe kämpft im Raum Leipzig-Halle mit rückläufigen Aufträgen, auch ein geplantes Infrastruktur-Sondervermögen kann die Stimmung bisher nicht heben. Immerhin läuft es im Handwerk stabil, wenngleich eine positive Entwicklung bei Beschäftigung und Umsatz ausbleibt. Das Dienstleistungsgewerbe liefert indes die besten Umfrageergebnisse. Doch auch hier konstatiert die Analyse der Kammern: Die Auftragslage habe sich in den vergangenen zwölf Monaten weiter verschlechtert.

„Ich glaube nicht, dass es in diesem Jahr zum Umschwung kommt.“ – Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig

Die Unsicherheit zeigt sich auch in der Personalplanung. Laut Umfrage halten sich die Anteile der Betriebe mit steigender und sinkender Mitarbeiterzahl die Waage – ein Zeichen für Stagnation. Nicht zuletzt bleibt die Bereitschaft von Unternehmen, zu investieren, schwach. „Das Investitionsklima ist weiter schlecht. Hohe Standort- und Arbeitskosten sowie bürokratische Hürden dämpfen die Investitionsbereitschaft maßgeblich“, sagt Kirpal.

IHK Leipzig sieht kein Ende der Durststrecke

Mitteldeutschlands Wirtschaftsvertreter formulieren klare Erwartungen an die Politik, viele sind bekannt: Energiekosten senken, Bürokratie abbauen, Steuern reduzieren. Unternehmer Bartsch bringt es im Gespräch so auf den Punkt: „Wir brauchen eine Stabilisierung der Gesamtwirtschaft in unserem Land.“

Immerhin klang es auf Bundesebene zuletzt so, als gelinge das langsam. Nachdem führende Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen angehoben hatten, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel am Montag: Ein „leichter Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Leistung“ könne im Jahresdurchschnitt möglich sein. „Für die deutsche Wirtschaft zeichnet sich das Ende der langen Durststrecke ab“, sagte er.

Doch in Mitteldeutschland bleibt man zurückhaltend. IHK-Präsident Kirpal sagt auf Nachfrage: „Ich glaube nicht, dass es in diesem Jahr zum Umschwung kommt.“ Zu viele Unwägbarkeiten – vom fehlenden Bundeshaushalt bis zu Zollstreitigkeiten mit den USA – belasteten die Unternehmen. Immerhin: Im kommenden Jahr sei eine Belebung möglich – vorausgesetzt, die Politik regt Investitionen an und schafft es, Energiepreise zu senken.

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