Dohna. Als Corona im Sommer vor vier Jahren gerade eine Pause machte, startete Alessandro Horrion im Dohnaer Ratskeller. Der gebürtige Italiener, der seit seinem neunten Lebensjahr Sachse ist, eröffnete hier sein „La Mia Mamma“. Sein Baby, wie er gern sagt. Es lernte laufen, wächst, hat seine Sorgen und wird geliebt. Horrion ist Vater und Mutter zugleich und immer mittendrin.
Die Mutter spielt bei „La Mia Mamma“ eine besondere Rolle. Es ist nicht nur der Name, der schön klingt und macht, dass man sich verbunden und als Teil einer Familie fühlt. Es ist eine Liebeserklärung des 36-Jährigen an seine früh verstorbene Mama und ein Versprechen.
Krieg, Krisen und Katastrophen
Das Flair des Dohnaer Marktes verzauberte schon seine Vorvorgänger. Jana und Daniel Lindner machten den Ratskeller zu einer der ersten kulinarischen Adressen in der Region und schlossen Anfang 2020, um in der Oberlausitz etwas Neues aufzubauen. Es folgten zwei kurze Intermezzi anderer Wirte, bis Anfang August 2021 Horrion an Lindners anknüpfte. Anders, aber vom Anspruch und der Qualität gleich.
Während Corona fuhr Horrion Pizza aus. Es konnte nur noch besser werden, sagte der Optimist. Als die Pandemie dann zumindest in der Wahrnehmung vorbei war, kamen der Krieg, die Krisen und Katastrophen. Immer weniger Muse für Carpaccio, Cannelloni und Cappuccino. Nur Coco ist beständig, der Pudel von Horrion. Und natürlich die Gäste, die die italienisch-sächsische Atmosphäre schätzen und hier mal vergessen können, was sie bedrückt.
Gäste sparen an Vorspeise und Dessert
Der Gast sieht die gestiegenen Preise, sagt Horrion. „Und denkt sich, wie gut es uns geht.“ Die Pasta, die zur Eröffnung vor vier Jahren 11,90 Euro kostete, kostet jetzt 19,90 Euro. Da sollen die Wirte mal nicht so jammern, sagt der Gast. Er kommt aber nicht zum Essen, um den Gastwirt jammern zu hören. „Der Gast will hier gut essen und eine gute Zeit haben“, sagt Horrion. Ein Versprechen, dass er seiner Mama gegeben hat und das er den Gästen gegenüber jeden Tag erfüllen will.
Der Gast will hier gut essen und eine gute Zeit haben. – Allessandro Horrion, Gastwirt
Die Gäste kommen nach wie vor, doch wer am Anfang vielleicht einmal im Monat bei „Mamma“ aß, tut es jetzt einmal im Quartal. Aus der Speisekarte, die seit der Eröffnung unverändert ist – nur die Wochenkarte wechselt -, wird oft nur ein Hauptgericht bestellt. Aperitif, Vorspeise, Dessert – daran wird gespart. Horrion macht das niemandem zum Vorwurf und jammert auch nicht. Er weiß, wie es in den Geldbeuteln der Gäste aussieht. Eine Konsequenz war die Verkürzung der Öffnungszeiten – montags ist im Gegensatz zu vielen anderen Gaststätten offen, weil da der Grieche in Dohna geschlossen hat.
Hundert Pizzen am Tag sind kein Anspruch
Die Kosten für Energie, Lohn für die Angestellten, Einkauf und mehr summieren sich. Wenn sich ein Pizzabäcker bei ihm bewirbt, der hundert Pizzen am Tag backen kann und einen Bruttolohn als Netto will, kommen er und Horrion nicht ins Geschäft. „Erstens, weil es bei mir nicht auf Masse ankommt, zweitens, weil solche Vorstellungen unrealistisch sind.“ Wirten, bei denen alles paletti ist, glaubt er nicht.
Aufgeben ist aber keine Option für Horrion – nicht wegen Mamma, nicht wegen des Versprechens und generell nicht. Deshalb performt er, verbreitet gute Laune, überzeugt mit Qualität und seiner Botschaft vom Essen mit und bei Freunden. Wer sich von seinem „Buongiorno“ oder „Buonasera“ nicht erweichen lässt, hat ein Herz mindestens aus Hartkäse.
Dohnaer und prominente Gäste wie Wolfgang Stumph
Auf Instagram und TikTok nimmt er die Gäste gern mal auf die Schippe, wenn sie sich nicht entscheiden können, wenn sie die Speisen von Mamma aus Italia falsch aussprechen oder sich nicht benehmen können. Wer darüber nicht lachen kann, ist kein Gast. Zu ihm kommen die Dohnaer und Heidenauer genau wie Dresdner Promis: Wolfgang Stumph und seine Tochter zum Beispiel gehören zu den Stammgästen.
Da Alessandro Horrion nicht stillstehen mag, hat er voriges Jahr die Gaststätte als Eigentümer übernommen. Der nächste Plan ist das Hotel im Haus. Mia Mamma würde sich sicher über ihren Sohn freuen.
SZ


