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Mehr Jobs bei Skeleton

Großröhrsdorfer Ultrakondensatoren könnten auch der E-Mobilität einen Schub geben. Forscher unterstützen die Firma.

Lesedauer: 3 Minuten

Der Standort des Unternehmens Skeleton Technologies in Großröhrsdorf wächst schneller als zum Start im Frühjahr 2017 avisiert. Der Spezialist für Energiespeicher aus Estland hat mit einer ersten Erweiterung in den früheren Hallen des Solarwerkes Sunfilm begonnen. Im Untergeschoss der Halle II produziert Skeleton bereits auf einer Fläche von 2 000 Quadratmetern. Derzeit baut die Firma weitere 500 Quadratmeter für Laborräume aus. Dort stapelt sich das Baumaterial. Die Handwerker ziehen Wände ein und montieren Lüftungsanlagen. 6,2 Millionen Euro hat Skeleton bereits in den Standort investiert und plant derzeit mit 58 Beschäftigten. 40 sind es aktuell.

Thomas Hucke ist der neue Technische Geschäftsführer vor Ort im Rödertal. Er managt den Standort gemeinsam mit seinem estnischen Geschäftsführerkollegen Ants Vill, der für die Produktion und Modulentwicklung in Großröhrsdorf verantwortlich ist. Dort konzentriert Skeleton jetzt deutlich mehr Unternehmensbereiche als ursprünglich geplant. Der Umzug der Technologie-Entwicklung vom Stammsitz in Estland gehört mit dazu und wertet die Bedeutung des Standortes Großröhrsdorf auf.

Zusammenarbeit mit Dresdner Hochschule

Um die Zeit des Aufbaus in Großröhrsdorf überbrücken zu können, hat die Hightechfirma eine Kooperation mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Dresden angeschoben und nutzt dort freie Laborkapazitäten.

Die Zusammenarbeit geht aber weit darüber hinaus. Skeleton Technologies setzt auf das wissenschaftliche Potenzial der HTW. Gemeinsam mit den Wissenschaftlern wollen die Skeletonfachleute die Entwicklung der Kondensatoren voranbringen. Die Ultrakondensator-Technik an sich sei nicht neu, so Thomas Hucke. Aber die Speicher der estnischen Entwickler seien besonders leistungsfähig. Das hängt mit dem speziellen Kohlenstoff zusammen, der verarbeitet wird. Es ist das Graphen. Die Skelettstruktur gab der Firma auch den Namen.

„Wir wollen natürlich unseren Wettbewerbsvorteil behalten“, sagt der Manager. Deshalb werde geforscht. Die Kondensatoren sollen langlebiger werden, mehr Energie speichern. Ziel sei es, den Ultrakondensator in Richtung Batterie zu entwickeln. Die Zellen sollen Energie über einen längeren Zeitraum aufnehmen und abgeben lernen. Damit werde der Kondensator zwar noch nicht zur Batterie, könne sie aber gut ergänzen und gerade die Elektromobilität voranbringen. Die wird zum Beispiel durch das lange Laden ausgebremst. Mit der Kondensatortechnik ließe sich das deutlich verkürzen. Der Ultrakondensator aus Großröhrsdorf könnte der E-Mobilität einen Schub geben und auch die Reichweite der Autos verbessern.

Kondensatortechnik als Pufferspeicher

Es gibt aber noch andere Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel im Energienetz. Solar- und Windparks liefern den Strom nach Wetterlage. Die Kondensatortechnik funktioniert als Pufferspeicher. Auf einer schottischen Insel habe Skeleton Technologies das komplette Speichermanagement gebaut. Energierückgewinnung ist ein Thema. Bei jedem Tritt aufs Bremspedal im Auto kann der Kondensator Energie speichern und später abgeben: „Wir haben in England Städtebusse damit ausgerüstet. Die haben einen um 36 Prozent verringerten CO2-Ausstoß“, so Hucke.

Hafenkräne mit Skelcap Modulen blasen über 30 Prozent weniger schwarze Dieselwolken in den Himmel. Bewegt sich der Arm abwärts, wird die Energie von den Ultrakondensatoren in Sekunden gespeichert und wieder genutzt, wenn die nächste Last nach oben schwebt.

In der Großröhrsdorfer Produktionshalle wird es unterdessen immer enger. Das Unternehmen hat sich entschieden, die komplette Produktion nach Großröhrsdorf zu verlagern. Bisher wurden hier die Folien fürs Innenleben der Kondensatoren mit einer dicken schwarzen Mischung beschichtet und verdichtet. Jetzt werden die Folien auch zugeschnitten, gewickelt, von Roboterarmen in ihre Kartuschen bugsiert, verschweißt und verpackt.

Viele Fachkräfte in der Region

Die Konzentration auf Großröhrsdorf hat mehrere Gründe, erklärt Thomas Hucke. Es sei logistisch wenig sinnvoll, die Kondensatoren zwischen Deutschland und Estland pendeln zu lassen bis zum fertigen Produkt. In der Region gebe es außerdem viele Fachkräfte. Diesen Standort auszubauen habe zudem etwas mit der Autoindustrie zu tun. An der wolle der Hersteller möglichst nah dran sein. Ein Werk in Deutschland sehe er deshalb als Standortvorteil: „Sachsen und die Landeshauptstadt bieten für ein Technologieunternehmen im zukunftsrelevanten Energiespeichersektor wie Skeleton Technologies ein hervorragendes Umfeld“, so Thomas Hucke.

Das könnte er auch für sich persönlich unterschreiben. Der Manager stammt als gebürtiger Dresdner aus der Region, ist studierter Verfahrenstechniker und hat große Erfahrung in der Speicherbranche. Die sammelte er zuerst in Pirna, später verantwortlich für die globale Anwendungsentwicklung für Kohlenstoffe in der Batterieindustrie bei einer Schweizer Firma und zuletzt in Hessen. Jetzt zog es ihn mit Frau und Kindern zurück in die Heimat: „Es ist schön, die Familie wieder in der Nähe zu haben.“ Und einen Job, der ihn herausfordere. Auch, wenn der in einem Start-up manchmal unkonventionell ist. Seinen Arbeitsvertrag habe er auf der Durchreise von Firmenchef Taavi Madiberk auf dem Flughafen unterschrieben.

Skeleton Technologies bezeichnet sich selbst inzwischen als europäischen Marktführer in der Produktion von Ultrakondensatoren und Energiespeichersystemen. Die Produktionskapazität liegt derzeit bei fünf Millionen Zellen mittlerer Größe pro Jahr. Mit neuen Kunden wachse Skeleton stetig: „So dass wir jetzt sogar in der Planung für eine Produktionserweiterung sind“, sagt Thomas Hucke. Die mächtigen Gebäude in Großröhrsdorf bieten da noch einige Möglichkeiten.

 

Von Reiner Hanke

Bildquelle: René Plaul

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