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Milliardeninvestition geht in Betrieb: Das kann die weltweit erste Bioraffinerie in Leuna

Das finnische Unternehmen UPM errichtet in Leuna eine hochmoderne Bioraffinerie – die weltweit erste ihrer Art. Das Milliardenprojekt soll die gesamte Chemiebranche voranbringen. Auch für Alltagsprodukte hat das eine Bedeutung. Jetzt steht der Hochlauf der Anlagen bevor.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht eine große Fabrik.

Leuna. Das finnische Unternehmen UPM will in Leuna nicht weniger als ein neues Kapitel der Chemieindustrie einläuten. Für 1,2 Milliarden Euro entsteht seit 2020 am Chemiestandort in Sachsen-Anhalt die weltweit erste Bioraffinerie – und nun nähert sich der Hochlauf der Anlagen in großen Schritten. Für die Chemiebranche in Mitteldeutschland ist es inmitten einer zunehmenden Krisenstimmung eine gute Nachricht.

Auch, weil neue Arbeitsplätze entstehen. 200 Menschen arbeiten nach Unternehmensangaben bereits bei UPM in Leuna, und die Belegschaft soll weiter anwachsen. Insgesamt sind rund 15.000 Menschen am Chemiestandort tätig, viele davon kommen aus Sachsen. Allein aus der Messestadt pendeln täglich über 1100 Beschäftigte nach Leuna – mehr als aus Halle, wie Zahlen der statistischen Ämter der Bundesländer zeigen. Hinzu kommen hunderte weitere Beschäftigte aus dem erweiterten Speckgürtel um Leipzig.

So erklärt sich auch, wenn Wirtschaftsvertreter meinen: Wie sich der Chemiestandort Leuna in der Transformation hin zu klimafreundlichen Technologien aufstellt, hat Auswirkungen für die Zukunft der gesamten Wirtschaftsregion. Die Errichtung der Bioraffinerie in Leuna gilt vor diesem Hintergrund als Leuchtturmprojekt. Die Bioraffinerie wurde über längere Zeit gar als eine der größten Industriebaustellen hierzulande bezeichnet. Die Ambitionen von UPM fasst Michael Duetsch, Geschäftsführer der UPM Biochemicals GmbH, so zusammen: „Unser Ziel ist es, jährlich 220.000 Tonnen Grundchemikalien aus nachhaltig gewonnenem Buchenholz zu produzieren.“

UPM gewinnt in Leuna aus Forstbiomasse Biochemikalien

Holz ist der Ausgangsstoff für den Prozess, an dessen Ende hochwertige Biochemikalien stehen. UPM gibt an, alle Bestandteile des Holzes zu nutzen, nur die Rinde bleibt als Nebenprodukt. Ein neuer Ansatz sei diese Verbindung von Holzverarbeitung und Chemieindustrie, sagt Duetsch.

Bisher wird Laubholz in Deutschland überwiegend als Brennstoff genutzt. Wie Duetsch erklärt, fällt mit dem Waldumbau hin zu klimastabileren Mischwäldern künftig noch mehr Holz aus Laubwäldern an. Das Unternehmen eröffne daher neue Nutzungsmöglichkeiten und schaffe zusätzliche Anreize für Waldbesitzer, den Waldumbau voranzutreiben.

Michael Duetsch ist Geschäftsführer der UPM Biochemicals GmbH.
Quelle: UPM Biochemicals GmbH

Chemie ist aus dem Alltag nicht wegzudenken

Die in Leuna produzierten Biochemikalien sollen denn auch vielfältige Anwendungen im Alltag finden: „BioMEG“, das Hauptprodukt, wird laut UPM aus den weißen Fasern des Holzes gewonnen. Duetsch nennt ein Beispiel aus der Textilindustrie: „Zusammen mit der Firma Vaude haben wir eine Prototyp-Fleecejacke entwickelt, die zu 30 Prozent aus holzbasiertem Material besteht.“

Das finnische Biochemie-Unternehmen UPM errichtet in Leuna die weltweit erste Bioraffinerie. Im Bild zu sehen ist der Holzplatz in Leuna, der bereits in Betrieb gegangen ist.
Quelle: UPM Biochemicals GmbH

Aber auch in PET-Verpackungen kommt das Produkt zum Einsatz – oder als Kühlmittel. Ein anderes Produkt, ein Granulat, das als Ersatz für Industrieruß dienen soll, kann beispielsweise in Autoreifen verwendet werden – eine erste Kooperation gibt es laut UPM bereits. Weitere Einsatzfelder für die Biochemikalien sind etwa Waschmittel, Parfüm und Kosmetikprodukte.

Die Raffinerie wird nun schrittweise in Betrieb genommen. Zuvor hatte sich die Fertigstellung mehrfach verschoben, etwa durch die Pleite eines Lieferanten. Dem Geschäftsführer zufolge hat im Herbst der Betrieb auf dem Holzplatz begonnen, wo die angelieferten Bäume entrindet und zerkleinert werden. Nach und nach folgen die weiteren Einheiten. „Wir streben an, im Jahr 2027 die volle Kapazität zu erreichen. Dies wird das erste Jahr sein, in dem wir die angestrebten 220.000 Tonnen produzieren“, erklärt Duetsch. Bis dahin gebe es einen kontinuierlichen Hochlauf – der bereits im kommenden Jahr beginne.

„Unser Ziel ist es, jährlich 220.000 Tonnen Grundchemikalien aus nachhaltig gewonnenem Buchenholz zu produzieren.“ Michael Duetsch, Geschäftsführer der UPM Biochemicals GmbH

Unternehmen setzt auf regionale Wertschöpfungsketten

Hintergrund für all das ist der Transformationsprozess in der Wirtschaft – weg von fossilen Rohstoffen wie Kohle, Öl oder Gas. Da sei es entscheidend, so der Geschäftsführer, der Industrie alternative Kohlenstoffquellen aufzuzeigen. Mit der Raffinerie wolle UPM aufzeigen, wie mit heimischen Rohstoffen nachhaltig Chemie betrieben werden könne. „Und wir setzen auf regionale Wertschöpfungsketten mit einem geringeren CO₂-Fußabdruck.“ So komme das Holz etwa aus Mitteldeutschland.

Wichtige Investitionen in der Transformation

Die InfraLeuna, Betreiberfirma des Chemieparks, bezeichnet die Investition als Meilenstein. Das Unternehmen setzt in der laufenden Transformation große Hoffnungen auf das Milliardenprojekt. Auch, weil UPM Forschung und Entwicklung in dieser Sparte weiter vorantreiben will. Nach Angaben einer Sprecherin von Infraleuna sollen hier Verfahren zur Herstellung von Biokraftstoffen, Biochemikalien oder neuen Kunststoffen erforscht werden.

UPM setze zudem die Basis für eine neue Wertschöpfungskette. Die hergestellten Produkte seien Basischemikalien, deren Weiterverarbeitung am Standort Potenzial für weitere Investitionen biete. In Leuna hofft man, auf diesem Weg ein neues Segment für künftiges Wachstum zu erschließen.

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