Dresden. „Wie weiter mit der Windkraft?“, lautete die Leitfrage beim „Politik in Sachsen“-Talk von LVZ und Sächsischer Zeitung in der Naunhofer Parthelandhalle im Landkreis Leipzig. Nach dem diskussionsreichen Abend haben Leserinnen und Leser weitere Fragen gesendet.
Viele von ihnen – darunter Gunther Lobst – wollten wissen, wie schädlich Windräder für den Wald sind. Tatsächlich hat die Landesregierung lange mit sich gerungen, bis sie Ende 2022 die Flexibilisierungsklausel beschlossen hat, womit der Bau von Windrädern im Wald erlaubt wurde. Damals hatte das die Koalition aus CDU, SPD und Grüne entschieden.
0,5 bis ein Hektar Wald durch Windrad dauerhaft versiegelt
Klar ist: Wenn ein Windrad gebaut wird, muss ein Teil des Waldes gerodet werden. Das ist nicht abwendbar. So werden pro Windenergieanlage im Wald etwa 0,5 bis ein Hektar dauerhaft in Anspruch genommen. Deswegen muss die gerodete Fläche ersetzt werden, im Verhältnis 1 zu 1,3. Es wird am Ende also mehr Wald dastehen, als für das einzelne Windrad verschwindet, erklärt Geschäftsführer Hans Kraske vom Sächsischen Waldbesitzerverband. Dennoch gibt es Gebiete, in denen ein Ersatzwald nicht möglich ist. Dann sei der Betreiber dazu verpflichtet, den Wald zu verbessern – beispielsweise von der Fichtenmonokultur in einen Mischwald.
Folgen haben die Windräder jedoch auf die Natur: Die gebauten Windräder schädigen Insekten, Fledermäuse, Vögel im Wald, sagt Sven Selbert, Referent für Waldnaturschutz beim Naturschutzbund Nabu. Dennoch schreite die technologische Weiterentwicklung von Windrädern voran, die solche Zusammenstöße verringern.
Nur ein Zehntel des sächsischen Waldes für Windkraft geeignet
Auch für scheue Tierarten am Boden verschlechtere sich der Lebensraum durch den permanenten Lärm der Rotorblätter. Deshalb sollten insbesondere alte Wälder als Windenergie-Standorte gemieden werden, heißt es vom Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende.
Nach Angaben des sächsischen Energieministeriums dürfen daher auf knapp zwei Dritteln aller Waldflächen keine Windkraftanlagen errichtet werden, weil sie unter Naturschutz stehen. Weitere 25 Prozent müssen im Einzelfall geprüft werden. Somit kommt das Ministerium zum Schluss, dass auf zehn Prozent der gesamten sächsischen Waldfläche Windräder in Hinblick auf naturschutz- und wasserrechtliche Belange ohne weiteres errichtet werden können.
In Summe bleibt also regelmäßig ein Schaden und ein Mehr an Fragmentierung unserer Waldgebiete zu befürchten. – Sven Selbert, Referent für Waldnaturschutz beim Naturschutzbund Nabu
Selbert merkt zudem an, dass bereits jetzt große Waldgebiete in Deutschland selten sind. Der Bau weiterer Windkraftanlagen trägt ihm zufolge zu einer weiteren Fragmentierung der Landschaft bei. Dabei ist das kühle Waldklima unter der Baumdecke sehr besonders. Das bestätigt auch das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende: Windräder können deshalb das Klima im Wald negativ beeinflussen, weil die geschlossene Baumdecke fehlt. Das mache die betroffenen Waldflächen vulnerabler gegenüber den Folgen des Klimawandels.
Hinzu kommen die Baumaßnahmen. Für ein Betonfundament eines Windrads werden 0,5 bis ein Hektar Wald dauerhaft versiegelt. Dafür sind mehr als 100 bis 150 Lkw-Ladungen mit einem 32-Tonnen-Betonmischer erforderlich, rechnet Selbert vor. Für den Transport der Rotorblätter auf den engen Waldwegen sind weitere Baumfällungen notwendig. „In Summe bleibt also regelmäßig ein Schaden und ein Mehr an Fragmentierung unserer Waldgebiete zu befürchten“, sagt Selbert.
Der Nabu fordert daher, den Ausbau im Wald auf ein Minimum zu reduzieren. Andere, weniger sensible Gebiete seien zu bevorzugen, etwa Acker oder Industrieflächen. Kraske hält dennoch fest: Windräder seien pauschal und grundsätzlich gesehen ganz sicher nicht so schädlich für die Natur wie Kohlekraftwerke.
SZ