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Nicht nur in der Backstube ein Team

Foday Trawally ist Lehrling beim Meißner Bäckermeister Peter Scherf. Dafür hat der Gambier seine Heimat verlassen.

Lesedauer: 3 Minuten

Im Sommer waren sie gemeinsam beim Konzert. Bei Scooter in Dresden. Danny Fiedler und Foday Trawally. Der 22-jährige Meißner und sein 30-jähriger Arbeitskollege aus dem westafrikanischen Gambia haben nicht nur einen ähnlichen Musikgeschmack. Sondern überhaupt manches gemeinsam, in Freizeit und Beruf. Da gibt es manchmal schon nach dem morgendlichen Dienst in der Backstube viel zu besprechen. Bevor Foday sich wieder aufs Rad schwingt und heimfährt. Nach Niederau, wo seine Schwester wohnt, die mit einem Deutschen verheiratet ist.

Da beginnt Fodays sächsische Geschichte. Aufgewachsen ist er in Gambia, mit 11 000 Quadratkilometern Fläche der kleinste Staat des Kontinents. Dort verbringt der schlanke junge Mann mit seinen drei Schwestern Kindheit und Jugend, wird Zeitungsdrucker. Doch so richtig glücklich ist er nicht mit seinem Beruf. Bis ihn sein deutscher Schwager fragt, ob er sich es vorstellen kann, als Bäcker zu arbeiten. Nicht in einer gambischen Bäckerei. Da kommen die Bäckermitarbeiter vor allem vom armen Nachbarn Guinea. In Deutschland werden Bäcker gesucht, weiß Schwager Manfred. Foday sieht das als Chance. 

Und macht sich eines Februartages 2017 auf ins reichlich 6 000 Kilometer entfernte Niederau. Erlebt gleich mal frostige zwei Grad Tagestemperatur. 17/18 Grad heißt Winter in Gambia. Für Foday kein Problem. Er liebt Schnee, das sieht so schön aus, schwärmt er. Dann lieber Kälte als die teils über 40 Grad, die dieser Sommer Mitteleuropa brachte. Das sei selbst ihm zuviel gewesen, sagt er und schmunzelt.

Nicht genug bekommen kann er dagegen von der deutschen Sprache. Anfangs spricht er mit seiner Schwester nur Englisch – die Landessprache in Gambia, daneben beherrscht er auch Mandinka, das wird heute fast nur noch von älteren Einheimischen benutzt. Doch fehlendes Deutsch bedeutet Einsamkeit, was er schnell spürt. Und mit dem Bäcker wäre es auch schwierig. Ein Intensivkurs am Dresdner Goethe-Institut hilft, fünf Monate lang. Foday hat es nicht bereut.

Dann geht alles ganz schnell. In Meißen sucht Bäckermeister Peter Scherf einen Lehrling. Zum 1. August 2017, vierzehn Tage später hat Foday den Ausbildungsvertrag in der Tasche. Und trifft in der Backstube auf einen, der das alles schon hinter sich hat. Bäckergeselle Danny Fiedler arbeitet nach der Lehre bei einem Weinböhlaer Unternehmen. Dann wird dem jungen Mann die Fahrerei zu viel, die Nachfrage von Bäcker Scherf nach einem Mitarbeiter kommt gerade recht.

Neben dem kürzeren Arbeitsweg hat Danny Fiedler nun auch einen Kollegen, der ebenfalls bald näher dran ist an der Arbeit. Im November ziehen Foday, Schwester und Schwager nach Meißen, bei der Bäckerei gleich um die Ecke.

Dann kann er etwas später aufstehen, muss nicht mehr 20 Minuten radeln, um pünktlich 2.30 Uhr vorm Brötchenteig zu stehen. „Er ist immer pünktlich, hat noch nie verschlafen“, lobt der Meister. Montags und dienstags geht es erst 5 Uhr in die Berufsschule. Nicht immer voller Begeisterung, sagt Foday, Arbeit ist ihm am liebsten. Solche, die nicht nur mit Brot, Brötchen und Baguette zu tun hat, sondern auch mit Kuchen am Stiel und Käsekuchen. Den isst er besonders gern. In Gambia ist Schokoladentorte seine Nummer eins – da gibt es keinen Käsekuchen.

Das hätte er in Gambia auch nicht: seinen Kumpel Danny und die freundliche Aufnahme in dessen Freundeskreis. Was ihm hier fehlt: die Mutter. Sie kommt ihn ab und zu besuchen, er hat auch schon Urlaub in Gambia gemacht.

So lassen sich beide Welten zusammenhalten. Fodays größer Wunsch ist es, als Bäcker in Meißen zu bleiben. Jetzt hat er erst mal eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis. Peter Scherf hofft, dass er dem Handwerk und seinem Meister noch lange die Treue hält. Er macht sich, lautet des Meisters Kommentar. Er wird gleich noch ergänzt durch den öffentlichen Weihnachtsbäckerei-Termin am 17. November. Der die Kinder wieder mit tollen Plätzchen begeistern soll und mit dem etwas anderen Bäckerlehrling, welcher ihnen zeigt, wie der Teig schön gleichmäßig ausgerollt wird.

Ob er zufrieden ist mit der Entwicklung seines Betriebes? Peter Scherf schüttelt den Kopf. Zufrieden sein dürfe man nie, das wäre Stillstand. Gemeinsam mit seiner Frau hat er nicht nur die Backstube ausgebaut, sondern außerdem zwei Fahrzeuge angeschafft, für den Backwarenverkauf auf Wochenmärkten und die Versorgung von Betrieben und Büros mit Frühstück. Auch ein Verkaufsfahrer gehört zum Team.

9 Uhr: Jetzt hat die Backstubenbesatzung Feierabend. Noch eine Kleinigkeit essen, dann wird erst mal geschlafen. Und sich auf Sonnabend gefreut, auf die Party der jungen Leute am Abend.

 

Von Ines Scholze-Luft

Foto: © Claudia Hübschmann

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