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Riesaer Elektronik-Unternehmen bekommt den Sächsischen Meilenstein

In Krankenhäusern, Supermärkten und Hochschulen: Die Firma Stamm ist in zweiter Generation erfolgreich - und weiter auf Wachstumskurs.

Lesedauer: 4 Minuten

Man sieht Geschäftsführer Maik Stamm und Lutz Töpfer, der einen Schaltschrank baut
Blick in die Werkstatt der Stamm GmbH: Lutz Töpfer (r.) baut einen Schaltschrank. Links Geschäftsführer Maik Stamm. 42 Mitarbeiter zählt das Unternehmen, verteilt auf die Standorte Dresden und Riesa. Quelle: Andreas Weihs

Stefan Lehmann

Riesa. In der Werkstatt der Firma Stamm ist Konzentration gefragt. Auf dem Tisch liegt ein Schaltschrank, den Mitarbeiter Lutz Töpfer verkabelt. Der Schaltschrank wird später in einer der beiden Riesaer Förderschulen zum Einsatz kommen. Das Schulhaus an der Goethestraße wird für digitalen Unterricht fit gemacht. „Ein großer Auftrag für uns“, sagt Geschäftsführer Maik Stamm. Teilweise waren sie dort mit zehn Leuten im Einsatz. Das ist etwa ein Viertel der Belegschaft.

Ob in Krankenhäusern in Riesa, Dresden und Leipzig, in den Dresdner Kunstsammlungen, in den schwarzen Netto-Märkten oder an der TU Dresden: Das Elektronikunternehmen mischt an vielen Orten mit, installiert Rufsysteme in den Patientenzimmern, Datendosen in Schulen oder kümmert sich um Einbruchsschutz.

Auf Umwegen ins Familienunternehmen

1991 hatte Maik Stamms Vater den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt – eher gezwungenermaßen: Das Stahl- und Walzwerk, in dem Wolfgang Stamm die Elektronikabteilung geleitet hatte, stand vor dem Aus. Stamm nahm damals aus Verantwortungsgefühl viele ehemalige Kollegen mit – und konnte dann auf deren Fachkenntnisse bauen.

Maik Stamm an einem Schaltschrank für ein Einfamilienhaus. Die Technik wurde in den vergangenen Jahren immer größer – auch wegen des Trends hin zu Wärmepumpen und Ladestationen für E-Autos.
Quelle: Andreas Weihs

Dass der Sohn mal das Unternehmen des Vaters übernehmen würde, war aber lange Zeit gar nicht so klar. Und das, obwohl Maik Stamm schon zu Grundschulzeiten in das Freundebuch eines Klassenkameraden den Berufswunsch „Diplomingenieur für Elektrotechnik“ schrieb, wie er lachend erzählt. „Da war sicher schon eine gewisse Prägung durch meinen Vater da.“ Zwischenzeitlich war das allerdings kein Thema mehr: Stamm besuchte später das Sportinternat in Dresden, stand vor der Frage, ob er den Sprung in den Profifußball versucht. Er entschied sich anders, konzentrierte sich aufs Elektrotechnik-Studium – und promovierte auf den Rat eines Professors auch noch. Danach wollte Maik Stamm zwar in die Wirtschaft – aber nicht gleich beim Vater einsteigen.

Entsprechend überrascht und erfreut war Wolfgang Stamm zunächst, als der Sohn 2016 doch in die Firma einstieg. „Es ist ja nun wirklich so, dass mein ganzes Leben an dem Unternehmen gehangen hat“, sagt der Gründer in einem Video. „Das hat nun eine Zukunft. Das ist natürlich wunderschön!“

„Ich bin nicht so gepolt, dass es immer höher und weiter gehen muss.“

Maik Stamm

Für die gelungene Übergabe gab es jetzt auch den Sächsischen Meilenstein. Der Preis, den die Bürgschaftsbank Sachsen jährlich vergibt, ging zum zweiten Mal nacheinander nach Riesa – 2023 war ein Bäcker aus der Stadt prämiert worden. In diesem Jahr waren neben der Firma Stamm zwei Unternehmen aus Chemnitz und Leipzig prämiert worden, außerdem die Glasbiegerei Pfaltz aus Radeburg. Dort hatte sich eine Mitarbeiterin für den Sprung zur Geschäftsführerin entschieden.

Maik Stamm betont, es sei ein großer Vorteil gewesen, dass der Übergang ab 2016 schrittweise ablief. Erst 2020 übernahm er schließlich die alleinige Geschäftsführung. Über die Jahre sei die Firma stark gewachsen. Umsatz und Mitarbeiterzahl haben sich mehr als verdoppelt. 2017 öffnete die Firma einen Standort in Dresden. „Da haben wir uns in den letzten Jahren ebenfalls graduell vergrößert.“ Das soll auch noch etwas so weitergehen. Aber nicht zu sehr, betont Maik Stamm. Das persönliche Miteinander ist ihm wichtig, das gibt er zu verstehen. Bei etwa 55 Mitarbeitern sei Schluss. „Ich bin nicht so gepolt, dass es immer höher und weiter gehen muss.“ Stattdessen gehe es darum, bestimmte Positionen doppelt zu besetzen, um auch mal Urlaub oder Krankheit kompensieren zu können. „Das hat dann dazu geführt, dass die Firma gewachsen ist.“

Es mangelt nicht an Bewerbern

Frischen Wind brachte der neue Chef ohnehin mit rein. Der Firmensitz, ein ehemaliges Verwaltungsgebäude des Stahlwerks, bekam eine auffällige blau-weiße Fassade. Im Obergeschoss wurde vor etwa einem Jahr ein Labor eingerichtet. Die Lehrlinge können dort die Verkabelung und Programmierung von Brandmeldeanlagen, Einbruchmeldeanlagen und Telefonanlagen üben.

Nicht zu übersehen: Der Firmensitz in Riesa wurde vor einigen Jahren komplett umgebaut und bekam dabei auch einen neuen, auffälligen Anstrich.
Quelle: Andreas Weihs

Über fehlenden Nachwuchs kann Stamm nicht klagen: 17 Bewerber gab es zuletzt auf die Ausbildungsstellen, drei wurden genommen. „Ich habe auch generell den Eindruck, dass im Handwerk die Bewerberzahlen wieder steigen“, sagt Maik Stamm. Den Unternehmer freut das: „Als Elektroniker sieht man jeden Tag das Ergebnis seiner Arbeit – und man schafft vor allem auch etwas Tolles: Wenn wir Elektroverteiler, Steckdosen, Datenschränke und Datendosen in einer Schule installieren, damit die digitalen Tafeln funktionieren, sind das ja alles Themen, die in der Praxis auch wirklich gebraucht werden!“ Das schaffe eben eine Befriedigung. „Und wer möchte, kann auch Karriere machen und sich zum bauleitenden Monteur oder Projektleiter weiterentwickeln.“

Die Preise – 2023 war die Firma schon zweitbester Handwerksbetrieb Sachsens – sieht Maik Stamm in erster Linie als eine Würdigung für die Leistung des Vaters – und der Mitarbeiter. Die repräsentierten das Unternehmen ja nach außen und hätten auch immer Vertrauen in den neuen Chef gehabt. Einige sind bis heute an Bord – trotz Renteneintritt: „Wir haben nach wie vor viele, die auch als Rentner geringfügig beschäftigt hier weiterarbeiten“, sagt Stamm und fügt noch lachend hinzu: „Das zeigt ja auch, dass sie sich bei uns ganz wohlgefühlt haben und nicht geflüchtet sind.“ Die Firma wiederum profitiere von der Erfahrung der Leute. Ein Mitarbeiter helfe sogar mit 77 Jahren im Schaltschrankbau mit.

Im Obergeschoss hat die Firma ein Labor eingerichtet, in dem die Azubis üben können, was auf den Baustellen womöglich gerade nicht anfällt.
Quelle: Andreas Weihs

Daneben sei man offen für Innovationen. Zuletzt beteiligte sich die Firma an einem Pilotprojekt der Kreishandwerkerschaft und probierte Exoskelette auf den Baustellen aus. „Mir geht es darum, dass wir innovativ bleiben“, sagt der Chef. „In zehn Jahren werden Dinge möglich sein, an die heute noch keiner denkt. Wir wollen da vorn mit dabei sein – weil’s ja auch cool ist und Spaß macht!“

Den positiven Blick behält der Unternehmer auch, was die Wirtschaftslage angeht: „Wenn man die Zeitung aufschlägt, denkt man manchmal, dass die Welt bald untergeht.“ Natürlich gebe es Probleme in der Baubranche. „Das hat auch Einfluss auf Ausbaugewerke wie uns.“ Dennoch sei das Auftragsbuch derzeit gut gefüllt, weil die Firma auch Bestandsumbauten betreue. An Arbeit fehle es also erstmal nicht.

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