Viel zu tun: In den meisten Wirtschaftszweigen wächst die Beschäftigung in Sachsen seit Jahren – aber die Leiharbeit lässt jetzt nach. Rund 48 200 Menschen waren in Sachsen nach jüngsten Zahlen im August für Leiharbeitsfirmen im Einsatz. Das sind 4 600 weniger als ein Jahr zuvor, teilte die Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung mit.
Der auffällige Rückgang fällt in eine Zeit, in der die Wirtschaft seit Jahren wächst und weiterhin nach Leiharbeitern verlangt. Im jüngsten Monatsbericht der sächsischen Arbeitsagenturen steht, dass in Sachsen mehr als 39 000 Stellen frei sind. Darunter kommt das größte Angebot aus der Leiharbeit: 11 744 freie Stellen, wobei laut Behördensprecher Frank Vollgold ein Teil davon möglicherweise mehrfach gemeldet wurde. Denn manche Betriebe lassen ihr Personal über mehrere Leiharbeitsfirmen zugleich suchen.
Vollgold nennt mehrere mögliche Gründe dafür, dass die Leiharbeit trotz Wirtschaftsaufschwungs zurückgeht: Ein Teil der ausgeliehenen Mitarbeiter ist in ihren Einsatzbetrieben eingestellt worden. Solche Übernahmen lassen sich die Verleihfirmen zwar als Personalvermittlung bezahlen, aber die Arbeitgeber bekommen auf diese Weise erprobte Kräfte. Wie groß dieser "Klebeeffekt" ist, dazu gibt es unterschiedliche Studien. Laut Vollgold werden mindestens zehn Prozent der Leiharbeiter von Entleihbetrieben übernommen.
Ein zweiter Grund für den Rückgang der Leiharbeit können Auswirkungen neuer Vorschriften sein. Grundsätzlich müssen Leiharbeiter nach 18 Monaten im gleichen Betrieb entweder direkt dort angestellt oder durch andere abgelöst werden. Der Lohn für Leiharbeiter wurde durch Gesetz und Tarifverträge zunehmend an den Lohn im Betrieb angeglichen.
Weniger Leiharbeit kann auch ein Anzeichen für eine schwächere Konjunktur sein. Doch dazu passt die hohe Zahl der offenen Stellen nicht. Allerdings haben mindestens zwei sächsische Großbetriebe in letzter Zeit auf Leiharbeiter verzichtet: Die Mikrochipfabrik von Globalfoundries in Dresden und der Görlitzer Bombardier-Waggonbau schickten Hunderte Leiharbeiter zurück zu den Verleihfirmen. Doch die Zahl der direkt Beschäftigten in Sachsens Industrie ist innerhalb eines Jahres um insgesamt 4 600 gewachsen, im Sozialwesen um 3 700 und in der Logistik um 3 500. Dabei sind Minijobs nicht mitgezählt. In Sachsen sind nun 1,62 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Drei Prozent sind Leiharbeiter – laut Arbeitsagentur eine "feste, aber geringe Größe" auf dem sächsischen Arbeitsmarkt.
Von Georg Moeritz
Foto: dpa