Suche
Suche

Sachsens Weingüter im Goldrausch

Gleich 14 Goldmedaillen wurden zur Landesweinprämierung vergeben. Der neue Chef des Weinbauverbandes Michael Thomas über die besten Weine 2017 und seine Reformpläne.

Lesedauer: 4 Minuten

Gleich 14 Goldmedaillen wurden am Donnerstagabend zur Landesweinprämierung 2018 vergeben, zehn mehr als im vergangenen Jahr. Die meisten Goldplaketten räumten das Weingut Schloss Proschwitz, Schloss Wackerbarth und die Winzergenossenschaft ab. Insgesamt erhielten 96 Weine und Sekte aus 16 Weingütern Medaillen überreicht. Der neue Chef des Weinbauverbandes Michael Thomas informiert im SZ-Gespräch über Sachsens beste Weine und wie er den Verband neu aufstellen will.

Herr Thomas, der Herbst 2017 war ziemlich verregnet, ein Großteil der Trauben wurde spät gelesen. Gab es dennoch genug preiswürdige Weine?

Ja, wir hatten trotzdem ein gutes Weinjahr mit tollen Weinen. Uns wurde zur Verkostung die ganze Vielfalt geboten. 

Was sind denn die besten Weine 2017?

Zur Landesweinprämierung haben wir 96 Weine und Sekte aus 16 Weingütern ausgezeichnet. 14 bekamen eine Goldmedaille.

Das ist ja geradezu ein Goldrausch. Im Jahr zuvor gab es nur vier.

Es haben so viele Weingüter mitgemacht wie noch nie, und sie boten tolle Qualitäten. Für die Medaillen gibt es keine Quote, die Jury entscheidet darüber unabhängig.

Welche Güter haben denn abgeräumt?

Fünf Goldmedaillen gingen an Schloss Proschwitz, drei an Schloss Wackerbarth, zwei an die Winzergenossenschaft. Jeweils eine bekamen das Weingut Herrenberg, Vincenz Richter, Jan Ulrich und das Weingut Hanke in Jessen. Das ist auch in der Breite eine schöne Entwicklung.

Mehr Medaillen, mehr Qualität?

Kann man so sagen. Unser kleines Weinanbaugebiet, das nur 0,53 Prozent der deutschen Rebfläche umfasst, muss mit Qualität punkten und seine besondere Stärke, die Cool-Climate-Weine, gezielt ausbauen. Also elegante, frische Weine, die auch beim Kunden im Trend liegen.

Gab es Überraschungen?

Nicht überrascht, aber besonders gefreut haben wir uns, dass sich die Winzergenossenschaft Meißen wieder am Wettbewerb beteiligt und so gut abgeschnitten hat. Sie ist ein für die Region besonders wichtiger Betrieb, der für einen Großteil der 2 000 kleinen Winzer den Wein herstellt.

Die Landesweinprüfung fand dieses Jahr zum ersten Mal nach neuen Regeln statt. Welche sind denn das?

Der Weinbauverband Sachsen hat erstmals der DLG, der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, die Verkostungsleitung übergeben. Die DLG mit ihrer großen Erfahrung und ihren bewährten Regeln sichert, dass es ein glaubwürdiger, transparenter Wettbewerb ist. Die siebenköpfige Jury bestand ausschließlich aus geschulten, regionalen und überregionalen Weinprüfern.

Die Goldmedaillengewinner

Sekt:

  • 2016 Scheurebe Sekt b.A. trocken, Schloss Wackerbarth
  • Traminer Sekt b.A. trocken, Winzergenossenschaft

Weißwein:

  • 2016 Riesling Radebeuler Paradies Spätlese, Schloss Wackerbarth
  • 2017 Traminer + Riesling Sachsen Auslese, Schloss Proschwitz
  • 2016 Scheurebe Sachsen QbA halbtrocken Schloss Wackerbarth
  • 2017 Weißburgunder Seußlitzer Heinrichsburg QbA trocken, Jan Ullrich
  • 2017 Traminer Meißner Kapitelberg Spätlese trocken, Vincenz Richter
  • 2017 Weißburgunder Sachsen Kabinett trocken, Schloss Proschwitz
  • 2017 Grauburgunder Sachsen Kabinett trocken, Schloss Proschwitz
  • 2017 Morio Muskat Bereich Meißen, QbA halbtrocken, Winzergenossenschaft
  • 2017 Goldriesling Sachsen QbA trocken, Schloss Proschwitz
  • 2015 Chardonnay Jessener Gorrenberg QbA trocken, Weingut Hanke, Jessen

Weißherbst/Rotling/Rosè:

  • 2017 Spätburgunder Rose`QbA, Weingut Herrenberg-Winzerhof Golk

Rotwein:

  • 2016 Spätburgunder Kloster Heilig Kreuz QbA trocken, Schloss Proschwitz

Sie sind seit wenigen Wochen Chef des Weinbauverbandes in Sachsen und bereits der dritte in vier Jahren. Was ist los bei den Winzern?

Die Satzung sieht vor, dass aller zwei Jahre ein neuer Vorstand gewählt wird, es ist eine ehrenamtliche Tätigkeit, die viel Kraft und Zeit kostet. Deshalb wechselt die Vorstandstätigkeit regelmäßig.

In den letzten Jahren gab es regelmäßig Ärger.

Deshalb wollten wir im Frühjahr 2018 einen Neuanfang starten.

Also: Warum war der nötig?

Der neue Vorstand will erreichen, dass sich die Winzer nicht mit sich selbst, sondern dass wir uns gemeinsam mit dem Markt und unseren Potenzialen beschäftigen. Und mit einer Stimme sprechen.

Wie viele Stimmen waren es bisher?

Mehrere. Im Prinzip ist das ja auch nicht schlimm in einem Verband. Es muss nur am Ende in eine Richtung gezogen werden und nicht in mehrere.

Was wollen Sie tun, damit es künftig weniger Ärger gibt?

Wir haben uns mit den Mitgliedern auf drei wesentliche Themen verständigt: Erstens soll die Kommunikation besser werden, auch mit den kleinen Winzern, die oft in Weinbaugemeinschaften organisiert sind. Eine erste Runde gab es schon, wo wir vor allem zuhören wollten. Zweitens wird sich das deutsche Weinbezeichnungsrecht ändern. Künftig wird es nicht mehr die Unterteilung nach Qualitätsstufen wie Qualitäts- und Prädikatswein geben, sondern die Weine werden nach ihren Lagen unterschieden, wie das in romanischen Ländern schon üblich ist. Diesen Prozess müssen wir für das Weinanbaugebiet aktiv gestalten. Und drittens wollen wir den sächsischen Wein bekannter machen.

Warum ist das schwierig?

Nur die Hälfte des in Deutschland getrunkenen Weins stammt aus Deutschland. Das ist in anderen Weinländern wie Frankreich oder Italien undenkbar. Und nur jede 500. Flasche deutschen Weins kommt aus Sachsen. Die Konkurrenz liegt somit eher außerhalb von Sachsen. Deshalb wollen wir uns noch intensiver darum bemühen, Touristen in die Weingüter zu locken.

Für die bessere Vermarktung hat sich der Weinbauverband den Marketingchef von Wackerbarth gewählt?

Vielleicht ist die Marketingkompetenz ein Grund. Aber ich sehe unsere Stärke vor allem im neuen Team, in dem viele Kompetenzen versammelt sind.

Vor einiger Zeit ist die Winzergenossenschaft mit viel Lärm aus dem Verband ausgetreten. Ist jetzt Frieden in Sicht?

Wir sind intensiv im Gespräch, natürlich wollen wir den großen Betrieb wieder dabei haben. Es gibt positive Anzeichen.

Schaffen Sie das in Ihrer Amtszeit?

Mal sehen, es gehören immer zwei dazu.

Viele kleine Winzer ärgert maßlos, dass sie zur Zwangsmitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft verpflichtet werden sollen. Kompromiss in Sicht?

Es ist eine Petition im Bundestag auf den Weg gebracht worden, um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen. Aber so ein Verfahren dauert. Und die Berufsgenossenschaft wird von sich aus nicht einlenken.

Hat denn die Weinbaugesellschaft Meißen, die vom Geschäftsführer der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut mit gegründet wurde und ein neuer, großer Player in Sachsen wird, schon einen Mitgliedsantrag gestellt?

Uns liegt keiner vor. Aber Ziel eines Verbandes muss sein, alle Akteure zu versammeln.

Wie reagieren die Winzer auf den neuen Konkurrenten?

Generell ist Sachsen ein gastfreundliches Land, auch wenn manche Winzer damit Sorgen verbinden. Als Weinbauverband können und wollen wir unternehmerisches Handeln nicht begrenzen. Allerdings wünschen wir uns, dass die Trauben in Sachsen und nicht in Sachsen-Anhalt ausgebaut werden.

Zum Schluss die für Winzer schwierigste Frage: Welchen Wein trinken Sie?

Bei diesem Wetter am liebste einen sächsischen Goldriesling. Es darf aber auch ein Rosé sein.

 

Das Interview führte Olaf Kittel

Bildquelle: Thomas Kretschel

Das könnte Sie auch interessieren: