Ein Blick in das Wägelchen zeigt: Hier gibt es tatsächlich schon etwas zu holen. Der Kasten der Erntehelferin auf dem Feld in Nieschütz bei Meißen an der Elbe, nordwestlich von Meißen, präsentiert sich gut gefüllt. Fein säuberlich liegen die Stangen des Grünen Spargels nebeneinander geschichtet.
Aus dem Damm rechts daneben recken sich bereits die nächsten grünen Köpfchen. Teilweise stehen sie in kleinen Gruppen dicht an dicht. Spargel-Spezialist Rene Heidig von der Agrar GbR Naundörfel kann nicht länger an sich halten. „Da geht mir das Herz auf“, sagt er.
Rund 15 Meter Damm hat er in den vergangenen Tagen umgegraben, um zu schauen, ob überhaupt und an welchen Stellen es sich lohnen würde, mit dem Stechen zu beginnen. Bei diesen acht Zeilen Grünen Spargels wurde er schließlich fündig. Sie sind mit Tunneln aus einer Spezialfolie überzogen. Diese erzeugt ein Luftpolster, das sich tagsüber leicht erhitzen und nächtens die Wärme weiter an die Erde abgeben kann. So wird das Edelgemüse möglichst zeitig hervorgelockt.
Wenn er auf den Kalender schaut, kann es Heidig selbst kaum glauben, dass der Direktverkauf vorn an der Straße tatsächlich bereits in diesen Tagen starten kann. Normalerweise blühe zuerst der Löwenzahn. Danach wagten sich die ersten Köpfchen heraus. 2019 ist es genau andersherum. Dieser zeitige Beginn dürfte ein Rekordwert sein. Die Dämme für den Spargel hätten drei Wochen eher gefräst werden können, als dies im Allgemeinen üblich sei, sagt Heidig. Ausschlaggebend dafür war die erneute Trockenheit. Den Rest erledigte anschließend das ausgeklügelte Management der Spezialfolien, welche je nach Farbe mal mehr und mal weniger Wärme in den Boden lassen. Als Beschleuniger gesellen sich die Lufttunnel hinzu.
Sehr schön lässt sich das Prinzip an der insgesamt rund einen Hektar umfassenden Fläche des Grünen Spargels studieren. Gleich neben der übertunnelten Strecke liegt ein unbedecktes Feldstück. Hier – so hofft es Heidig jedenfalls – soll die nächste Charge heranwachsen, welche die schnell sprießenden Erstlinge ersetzen kann. Der dritte Ackerteil schließlich ist von weißen Folien überzogen. Diese reflektieren die Sonnenstrahlen. Die darunter liegenden Spargelpflanzen dürfen am längsten ruhen. Sie sollen sich erst gegen Ende der Saison am 24. Juni mit ihren Köpfchen aus dem Sandboden wagen.
Das zeitversetzte Wachstum, welches Heidig beim Grünen Spargel geplant hat, soll ähnlich beim Weißen Spargel funktionieren. Dieses Jahr werde es ganz besonders darauf ankommen, das Stechen auf den einzelnen Abschnitten der insgesamt rund zehn Hektar umfassenden Anbaufläche zu staffeln, sagt der Landwirt. Der zeitige Verkaufsstart ist dafür verantwortlich. Dadurch könnte es dieses Jahr eine rekordverdächtig lange Spargelperiode geben. Es wird darum gehen, die Pflanzen nicht zu sehr auszulaugen und ihnen im richtigen Moment die nötige Ruhe zu gönnen.
Heidigs Blick wandert in Richtung Diera. Dort scharren die Gastwirte bereits mit den Hufen. Sie müssen sich allerdings noch voraussichtlich bis Ostern gedulden. Spätestens über die Feiertage hoffe er, auch für sie ein stabiles Angebot am Markt zu haben, sagt der Unternehmer. Derzeit könne täglich nur verkauft werden, so lange der Vorrat reicht. Ihn persönlich freue sehr, dass sich in den letzten Jahren in den Restaurantküchen der Region, aber auch in vielen Privathaushalten ein deutlicher Trend zu einer höheren Regionalität der Produkte zeige. Die Kunden probierten neue Rezepte aus, hätten Lust am Außergewöhnlichen. Dieses Jahr kann die Agrar GbR Naundörfel solchen Wünschen mit Wildspargel entgegenkommen, der das erste Mal einen vollen Ertrag abliefern könnte. Im Hintergrund laufen zudem die Planungen für die Spargelmeile 2019. Das Datum steht bereits fest. Am 8. Mai soll dieses Jahr die Kultveranstaltung steigen. Mit 400 bis 450 Gästen hat sie mittlerweile eine Größe erreicht, bei der es bleiben soll. Eins kann Heidig schon jetzt verraten: Es werden einige interessante neue Spargelgerichte zu verkosten sein.
Derzeit beginnt der Spargel bei einem Kilogrammpreis von 7,90 Euro und erstreckt sich bis zu einer 1a-Qualität von 12,90 Euro . Spargelbruch gibt es am Anfang der Ernte kaum.
Von Peter Anderson
Foto: © Claudia Hübschmann