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Trumps Zölle schaden Sachsens Wirtschaft: Diese Branchen trifft es am härtesten

Die Auswirkungen des neuen Zollpakets in den USA werden erst in etwa einem Jahr erkennbar sein - doch die Wirtschaft ist schon jetzt beunruhigt. Klar ist: Der Milliardenmarkt USA ist in Gefahr. Sachsen braucht einen Kurswechsel - doch sind Indien und Kanada die Lösung?

Lesedauer: 4 Minuten

Nora Miethke und Michael Rothe

Dresden. Das neue Zollpaket, das US-Präsident Donald Trump, in der Nacht zu Donnerstag in Washington ankündigte, wird auch Auswirkungen auf Sachsen haben – auch wenn sich diese noch nicht beziffern lassen. Sächsische Firmen haben im vergangenen Jahr für rund fünf Milliarden Euro Waren in die USA verkauft, hauptsächlich Fahrzeuge, Maschinen und Anlagen und Halbleiter. Das betrifft rund zehn Prozent der sächsischen Exporte. Die Vereinigten Staaten sind der zweitgrößte Handelspartner.

„Zölle schotten Märkte ab. Zölle schränken den Handel ein. Zölle verbrennen Geld und kosten Arbeitsplätze“, hatte Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) vergangene Woche betont, als die Vereinigten Staaten angekündigt hatten, 25 Prozent zusätzliche Zölle auf alle Autos zu erheben, die nicht in den USA gefertigt werden. Die Einschätzung gilt auch für das neue Zollpaket.

Diese Waren gehen in die USA: Autos und Maschinen

Die fünf wichtigsten Erzeugnisse, die von Sachsen im vergangenen Jahr in die USA geliefert wurden, waren Autos und Kraftfahrzeugteile, Maschinen und Anlagen, Elektrotechnische Erzeugnisse (Halbleiter), Mess- und Steuerungstechnik und Pharmazeutika. Mit einem Wert von drei Milliarden Euro macht der Fahrzeugbau 60 Prozent der sächsischen Exporte aus.

Andere Wirtschaftszweige wie etwa die sächsische Landwirtschaft sind von den US-Zöllen wenig betroffen. Doch es gibt ein Produkt, das durchaus beliebt ist in den USA: Eier und Ei-Erzeugnisse. Sie wurden 2023 für einen Wert von 1,1 Millionen Euro in die USA exportiert. Das sächsische Landwirtschaftsministerium geht jedoch davon aus, dass die Betriebe andere Absatzmärkte finden werden, weil Eier auch in Europa Mangelware sind.

Halbleiter und Pharmazeutika von Zöllen ausgenommen

Von den jetzt angekündigten Zöllen sind Autos und Autoteile sowie Stahl- und Aluminiumartikel ausgeschlossen, da sie bereits US-Strafzöllen in Höhe von 25 Prozent unterliegen. Auch Halbleiter, Pharmazeutika, und Holzartikel sind ausgenommen von den neuen Zöllen. Diese werden demnach vor allem die sächsischen Maschinenbauer und Lieferanten von Mess- und Steuerungstechnik zu spüren bekommen.

Aber die US-Zollpolitik wirkt nicht nur bilateral zwischen den USA und der EU. Die USA hätten einen Handelskrieg entfacht, den sie gegen 185 Staaten führen. Deswegen gibt es eine Vielzahl von Akteuren, was die Folgenabschätzung für Sachsen erschwere, heißt es im Wirtschaftsministerium.

Aus Sicht der sächsischen Industrie wird der internationalen Wettbewerbsdruck zunehmen. Dies betrifft nicht nur sächsische Branchen, die in die USA verkaufen, sondern potentiell alle Bereiche des produzierenden Gewerbes. Viele bisherige Handelspartner werden versuchen, ihre bisherigen Exporte in die USA in andere Märkte umzulenken. Die Verschärfung des Wettbewerbs wird zu sinkenden Preisen für Fertigwaren führen. All dies erschwert eine abschließende Bewertung und Prognose.

Nur weil Produkte jetzt zehn oder 20 Prozent teurer werden, heißt das nicht, dass auch gleich 20 Prozent weniger verkauft wird. – Thomas Horn, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH

Absatz von Luxusgütern könnte sogar steigen

Generell müsse man unterscheiden, ob es sich um ein Konsumgut handelt oder ein Zulieferprodukt, gibt Thomas Horn, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH, zu bedenken. „In einem Jahr werden wir wissen, wie die Verbraucher in den USA mit den Zöllen umgehen“, sagt Horn, „ob sie bereit sind, weiterhin einen Porsche-Macan zu kaufen, auch wenn er 25 Prozent teurer ist“.

Der Handel mit Luxusgütern folgt unter marketingpsychologischen Gesichtspunkten anderen Gesetzen als der mit Standardwaren. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass die von den USA erhobenen Zölle deren Absatz nicht beeinträchtigen, sondern sogar noch steigern. Dies betrifft unter anderem den Porsche Macan, hofft man im Wirtschaftsministerium.

Wirtschaftsförderung will den Markt in Indien erobern

Bei Baugruppen, Bauteilen oder Maschinen müsse abgewartet werden, ob diese Teile durch amerikanische Produkte einfach ersetzt werden können. Gerade im Bereich Elektronik, wo Sachsen sehr stark ist, wird das nicht einfach der Fall sein. „Nur weil Produkte jetzt zehn oder 20 Prozent teurer werden, heißt das nicht, dass auch gleich 20 Prozent weniger verkauft wird“, betont Horn. Am Ende werden die US-Verbraucher die Leidtragenden sein, da die Inflation wieder steigen werde.

Sachsens oberster Wirtschaftsförderer geht nicht davon aus, dass viele deutsche Produzenten nun Fabriken in den USA bauen werden. Es werde sich zeigen, ob die Unternehmen solche Investitionsentscheidungen treffen werden, die auf 20, 30 Jahre ausgelegt sind oder lieber abwarten und hoffen, dass die Zölle in drei Jahren wieder abgeschafft werden.

Die zunehmende Unsicherheit in den Beziehungen zu den USA zwinge sächsische Unternehmen dazu, neue Märkte zu erschließen, betont Wirtschaftsminister Panter. In der Liste der Einzelstaaten sind die USA der zweitgrößte Exportmarkt für Sachsen. Aber der Handel innerhalb der Europäischen Union ist vom Volumen und Wert weitaus größer. Bei den Wachstumsmärkten will sich die Wirtschaftsförderung laut Horn noch intensiver auf die Markteroberung in Indien und Saudi-Arabien konzentrieren, aber auch mit Industriestaaten wie Japan und Kanada die Beziehungen vertiefen.

USA bei Spezialmaschinen auf Importe angewiesen

Trumps Zollerlass tut Sachsens Maschinen- und Anlagenbau richtig weh. Immerhin war die Branche 2024 mit Ausfuhren im Wert von gut 724 Millionen Euro der zweitgrößte Exporteur in die USA nach den Autobauern. „25 Prozent Extrazoll sind wirklich hart, das geht an die Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Alexander Jakschik, Vorstandschef des Branchenverbands VDMA Ost, der die Interessen von 350 Maschinen- und Anlagenbauern vertritt. Weil die Zölle auf die Preise draufgeschlagen würden, könnten hiesige Unternehmen weniger in den USA absetzen, so seine Sorge.

Allerdings sei der US-Maschinenbau selbst nicht sehr stark aufgestellt, gebe es Anlagen, welche die Amerikaner selbst gar nicht herstellen oder ersetzen könnten, bestätigt Jakschik die Einschätzung von Wirtschaftsförderer Horn. Bei Spezialmaschinen seien sie beispielsweise weiter auf Importe angewiesen.

Jakschik, der gemeinsam mit seinem Bruder die Geschäfte des Filtertechnik-Herstellers ULT AG in Löbau führt, spürt die beiden Aspekte im eigenen Unternehmen. „Bei der Lötrauchabsaugung stehen wir in den USA im Wettbewerb, bei Gasreinigungssystemen hingegen nicht“, sagt er. Die Jakschik-ULT-Gruppe mit 200 Beschäftigten in Sachsen, Polen, Kanada und den USA sei breit aufgestellt und werde nun nicht in Panik verfallen. „Wir schauen uns das Ganze in Ruhe an – auch, ob die Zölle dauerhaft von Bestand sind – und ergreifen dann individuelle Maßnahmen“, sagt er. Fest stehe aber eins: „Es wächst die Unsicherheit in der Anbahnung von Geschäften.“

Die Chipindustrie kommt mit blauem Auge davon

Die Entscheidung der US-Regierung, Halbleiter-Chips von den neuen Importzöllen auszunehmen, wertet das Branchennetzwerk Silicon Saxony e.V. als ein klares Signal für die zentrale Bedeutung dieser Technologie. „Sie schützt globale Lieferketten und unterstreicht die enorme Bedeutung von Halbleitern für die Wettbewerbsfähigkeit moderner Volkswirtschaften“, sagt Silicon Saxony-Geschäftsführer Frank Bösenberg. In einer digital geprägten Welt seien sie die Basis für industrielle Wertschöpfung und technologische Innovation.

Dennoch ist auch der Hightech-Standort Silicon Saxony betroffen, da es neben den Halbleitern noch weitere Produkte der Mikroelektronik gibt, die mit US-Zöllen belegt werden. Sächsische Unternehmen stünden nun vor wichtigen Gesprächen mit ihren US-Partnern. Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, bleibe abzuwarten. „Jetzt ist eine starke gemeinsame europäische Position gefragt“, so Bösenberg.

SZ

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