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Verkauf der Oderwitzer Schokoladenfabrik ist geplatzt

Das Werk sollte an einen türkischen Investor übertragen werden. Obwohl der Vertrag schon unterzeichnet war, kommt es nun doch nicht dazu. Was bisher bekannt ist und wie es jetzt weitergeht.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht die Riegelein-Schokoladenfabrik
Die frühere Riegelein-Schokoladenfabrik in Oderwitz ist nicht verkauft worden. Der türkische Unternehmer Ilkem Sahin hat den vereinbarten Kaufpreis nicht überwiesen. Nun wird das Objekt erneut angeboten. Quelle: Rafael Sampedro

Frank-Uwe Michel

Oderwitz. Was sich zuletzt immer mehr angedeutet hatte, steht nun auch offiziell fest: Der schon sicher geglaubte Verkauf der seit zwei Jahren geschlossenen Schokoladenfabrik in Oderwitz kommt nicht zustande. Im Februar 2024 war bereits ein notarieller Kaufvertrag zwischen der Gubor Gruppe als Eigentümerin der einstigen Kathleen GmbH und einer deutschen Gesellschaft geschlossen worden, die zum Firmenimperium des türkischen Unternehmers Ilkem Sahin gehörte. In zuvor im Internet veröffentlichten Offerten wurde der Kaufpreis mit zwei Millionen Euro beziffert. Das bestätigte auch der Oybiner Immobilienmakler Steffen Beer, der die beiden Vertragspartner zusammengebracht hatte. Wie viel Geld letztlich genau fließen sollte, ist nicht bekannt. Allerdings teilt die Gubor Gruppe jetzt auf SZ-Anfrage mit: „Nein, eine Zahlung des Kaufpreises erfolgte nicht.“

Das ist gleichbedeutend mit dem Aus der geschlossenen Übereinkunft. Denn inzwischen sei „eine Rückabwicklung des notariellen Kaufvertrages“ in die Wege geleitet worden, heißt es. Der Schoko-Riese hat die Liegenschaft in Oderwitz also auch künftig in seinem Portfolio, obwohl er selbst nichts mehr damit anfangen kann und will. Angestrebt wird deshalb auch weiterhin ein Verkauf, allerdings nicht mehr unter der Vermittlung von Steffen Beer. Er sei „nicht mehr involviert“, erklärt der Immobilienmakler. Die Gubor Gruppe hat nach eigenen Angaben vielmehr einen Makler gewinnen können, „der sich auf besondere Objekte – insbesondere solche, die unter Denkmalschutz stehen – spezialisiert hat.“ Große Teile des Werkes sind nämlich denkmalgeschützt. Der beauftragte Fachmann werde die Fabrik in Kürze vermarkten, informiert der Konzern. Man sei hoffnungsvoll, das Gelände damit einer neuen Nutzung zuführen zu können.

Dass dies dringend notwendig ist, geht ebenfalls aus der Antwort des Unternehmens an die SZ hervor. Denn: „Die Instandhaltung des Geländes bei stillgelegter Produktion gestaltet sich für die Gubor Gruppe kostenintensiv.“ Man wisse es sehr zu schätzen, „dass wir weiterhin einige wenige Mitarbeiter vor Ort haben, die sich zuverlässig und handwerklich zupackend um das Areal kümmern.“

Doch warum ist der eigentlich schon perfekte Verkauf der traditionsreichen Immobilie nicht zustande gekommen? Nachdem der Vertrag zwischen beiden Seiten unterzeichnet worden sei, habe man „immer wieder Kontakt zu Herrn Sahin“, dessen Cousin Karani Gülec sowie weiteren Angehörigen seiner ISH-Gruppe gesucht, teilt Gubor mit. Zwischenzeitlich sei man auch unregelmäßig im Gespräch mit dem Deutschlandchef der Franchise-Kette „Pizza-Hut“ gewesen, deren Standorte in der Bundesrepublik ebenfalls zum Firmenimperium des türkischen Unternehmers gehören.

Schon im Juli hatte die SZ über die geschäftlichen Aktivitäten von Ilkem Sahin in Deutschland berichtet. Die ISH-Holding des 48-Jährigen ist ein Mischkonzern, der in vielen Wirtschaftsbereichen unterwegs ist – unter anderem in Industrie und Landwirtschaft, im Energiesektor, dem Bau- und Immobilienbereich, in der Logistik, der Lebensmittelbranche, in der Informatik, aber auch im Bereich Medien und Kunst. Nach eigenen Angaben verfügt das Unternehmen über mehr als 20 Tochterfirmen und rund 20.000 Mitarbeiter. Innerhalb der letzten beiden Jahre hat Sahin, der 2023 von der türkischen Ausgabe des Magazins „GQ“ zum Unternehmer des Jahres gekürt worden war, mehrere deutsche Firmen aufgekauft, die entweder schon pleite waren oder sich in finanziellen Schwierigkeiten befanden. Überall versprach er die Rettung und hohe Investitionen.

Erst vor ein paar Tagen hat sich die „WirtschaftsWoche“ in einer mehrseitigen Abhandlung mit Ilkem Sahin und seinem zweifelhaften Erfolg beschäftigt. Fazit der Recherchen: Der Geschäftsmann hat sich allem Anschein nach finanziell verhoben. Sahin, der so gern mit Geld und Einfluss prahle, heißt es in dem Artikel, müsse offenbar selbst in der Türkei sparen. Ein Indiz dafür: Die Firmenzentrale im Großraum Istanbul befinde sich nicht mehr in einem mehrstöckigen Bürohaus mit Glasfassade, sondern in einem kleineren Gebäude in einer Nebenstraße.

Cornelius Stempel, der sich vor ein paar Monaten noch optimistisch gezeigt hatte, dass die verlassene Immobilie in seiner Gemeinde eine neue Zukunft erhält, ist inzwischen enttäuscht. „Weil doch eine erhebliche Wirtschaftskraft hinter der ISH-Group stand, hatte ich damit gerechnet, dass hier wieder Arbeitsplätze entstehen“, so der Oderwitzer Bürgermeister (parteilos). Der Gemeinde selbst seien jedoch die Hände gebunden, aktiv in die Entwicklung des Standortes einzugreifen. Zum einen habe die Kommune nicht das erforderliche Geld, um das Areal zu erwerben und zum anderen gebe es auch kein Konzept, hier eine aus Gemeindesicht sinnvolle Nutzung zu etablieren. „Es gibt andere Probleme, die wir lösen müssen.“

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