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Verkaufsautomat und Bestell-App: Wie der Grünberger Bäcker in die Zukunft investiert

Vor knapp einem Jahr hat Tim Jacobi die Grünberger Bäckerei von Steffen Böhme übernommen. Warum er jetzt voll auf die Themen Regionalität und Digitalisierung setzt.

Lesedauer: 3 Minuten


Verena Belzer

Grünberg. An manchen Samstagen ist die Schlange so lang, dass die Kunden zehn Minuten auf ihre frischen Brötchen und Semmeln warten müssen. Und das sind nur die Grünberger, die ihre Ware direkt im Laden kaufen. Es gibt auch etliche, die ihre vorbestellten und bereits bezahlten Frühstücksbrötchen abholen.

Kurz gesagt: Das Geschäft läuft gut bei Tim Jacobi, der vor einem knappen Jahr die Grünberger Bäckerei von Steffen Böhme übernommen hat. Der 24-Jährige stammt aus Sachsen-Anhalt, hat in Dresden seinen Meister gemacht und dann in Grünberg in der Backstube angefangen. Seine eigene Bäckerei, das sei für ihn ein wahr gewordener Traum, erzählt er.

Mit seinem alten Chef Steffen Böhme lag Tim Jacobi immer voll auf einer Wellenlänge – beiden ist der Verzicht auf Zusatzstoffe wichtig. Doch es gibt auch die ein oder andere Neuerung, die der 24-Jährige angestoßen hat oder noch anstoßen möchte.

Der Automat akzeptiert nur Kartenzahlung

Aufmerksame Grünberger werden es schon bemerkt haben: Neben der Bäckerei steht seit Kurzem ein großer Verkaufsautomat mit zwei gläsernen Türen. Darin findet sich neben eigenen Bäcker-Produkten auch Waren von anderen lokalen Herstellern.

„Ich habe den Verkaufsautomaten auf einer Messe gesehen“, erzählt Tim Jacobi. Er umfasst 50 Fächer. Bezahlt werden kann ausschließlich mit Karte.

Wir reden von einer Investition im mittleren fünfstelligen Bereich. – Tim Jacobi, Bäckermeister

Der Automat funktioniert kinderleicht: In der Mitte ist ein Bedienfeld mit großen Zahlen. Ist die Nummer des gewünschten Produktes eingegeben, erscheint dessen Preis. Die Karte wird ans Lesegerät gehalten, dann fährt ein mit Schaumstoff bezogener Aufzug innerhalb des Automaten an die Stelle des Produkts und wieder herunter zur Klappe, wo es dann entnommen werden kann.

So sieht der Verkaufsautomat von innen aus.  Bezahlt wird mit Karte.
So sieht der Verkaufsautomat von innen aus. Bezahlt wird mit Karte.
Quelle: Marion Doering

Die Anschaffung hat sich Tim Jacobi einiges kosten lassen. „Wir reden von einer Investition im mittleren fünfstelligen Bereich.“

Käse aus Schönborn, Eier aus Seifersdorf, Fleisch aus Bischofswerda

Verschiedene Brote, Brötchentüten, Kekse und Grillbaguettes sind im Automaten zu finden. Aber auch Käse, Quark und Frischkäse aus der nahen Hofkäserei Schönborn von Norman Oehmichen, verschiedene Grillsteaks, Bockwurst, Kesselgulasch und Hackepeter vom Schiebocker Fleischer sowie Kaffee und edle Schokolade von der kleinen Kaffeerösterei Mrs. Brown aus Mohorn/Wilsdruff. Der Honig stammt aus Grünberg, die Eier vom Oese-Hof aus Seifersdorf.

„In der Befüllung bin ich flexibel“, sagt Tim Jacobi, der auch gern Kundenwünsche berücksichtigen will. „Fürs Erste starten wir mit diesem Sortiment, und dann sehen wir mal, wie es ankommt. Im Winter wird es Stollen und Weihnachtsgebäck geben.“ Das günstigste Produkt ist ein Mineralwasser für 1,85 Euro, das teuerste die handgeschöpfte Schokolade für 8,50 Euro – vielleicht ein schönes Geschenk, wenn es mal schnell gehen muss.

Schiebocker Fleischer kommt mit Verkaufswagen

Die Nahversorgung im Ort liegt dem Bäckermeister am Herzen – aber in seinem Laden selbst wäre das nicht möglich gewesen. „Wir haben einfach keinen Platz“, sagt er.

Auch um das Thema Lebensmittelverschwendung geht es Tim Jacobi. „Wenn am Samstag bei uns etwas übrig bleibt, dann kommt das eben in den Automaten“, sagt er. „Für die Kunden, die vielleicht auch am Sonntag noch etwas haben möchten.“

Die Preise der Produkte sind dabei, zumindest was die Back- und Wurstwaren angeht, dieselben wie in der Bäckerei oder allen anderen Verkaufsstellen. Der Schiebocker Fleischer wird sein Sortiment dabei nicht nur im Automaten anbieten, er kommt ab dem 16. Juli immer mittwochs von 8 bis 10 Uhr mit einem Verkaufswagen nach Grünberg.

Bestell-App in der Planung

Neben der Nahversorgung für Grünberg will Tim Jacobi auch das Thema Digitalisierung vorantreiben. „Noch in diesem Jahr wollen wir mit einer Bestell-App starten“, sagt der 24-Jährige. Besonders freitagnachmittags glühe manchmal das Telefon derart, dass seine Mitarbeiterinnen im Verkauf Mühe hätten, allen Kunden gerecht zu werden.

„Viele wollen am Freitag ihre Brötchen für Samstag vorbestellen“, sagt Tim Jacobi. „Es wäre für uns und für die Kunden viel einfacher, wenn sie die Ware per App ordern können. Dann kann man das ganz bequem von überall aus machen und durch das Sortiment scrollen.“ Im besten Fall würden die Kunden dann auch mal Produkte entdecken, die sie bisher noch nie probiert haben.

Steffen Böhme hilft gelegentlich noch aus

Mit der Übernahme der Grünberger Bäckerei im vergangenen Jahr hat Tim Jacobi auch alle neun Mitarbeiter weiterbeschäftigt – vier davon sind im Verkauf tätig, fünf in der Backstube. Außerdem bildet der Bäckermeister einen Azubi aus, der die Bäckerei nach Abschluss seiner Lehre wohl verlassen wird, weil er selbst aus einer großen Bäckerfamilie stammt. „Ich würde auf jeden Fall noch mehr Personal einstellen“, sagt er.

Aktuell ist er froh, dass auch nach wie vor Steffen Böhme tatkräftig mithilft, wenn Not am Mann ist – besonders in der Urlaubszeit oder wenn mal ein Mitarbeiter krank ist. „Das harmoniert wirklich super“, sagt Tim Jacobi.

SZ

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