Von Ulrich Milde
Leipzig. Es ist ein Schlagwort, das regelmäßig hitzige Diskussionen auslöst: die Bürokratie. Nach einer Studie des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung kosten bürokratische Regelungen bis zu 146 Milliarden Euro im Jahr. Ein Schlüssel zur Reduzierung des Aufwands ist die IT. „Würde Deutschland bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung auf das Niveau von Dänemark aufschließen, wäre die Wirtschaftsleistung um 96 Milliarden Euro pro Jahr höher“, hat Ifo-Experte Oliver Falck ausgerechnet.
Ronald Kothe mag diesen Zahlen nicht widersprechen, sein leichtes Nicken kann als Zustimmung gewertet werden. Zugleich blitzt etwas Freude in seinen Augen auf. Denn die Sächsische Aufbaubank (SAB) ist seit einigen Jahren offenkundig auf gutem Weg, mit der Digitalisierung den Aufwand deutlich zu reduzieren. „Schneller, effizienter, kundenfreundlicher – das sind unsere Ziele“, sagt das Vorstandsmitglied der landeseigenen Förderbank. „Wir vereinfachen die Prozesse, steigern dadurch die Akzeptanz und Nutzerfreundlichkeit.“ Davon profitierten wiederum beide Seiten: „Unsere Kundinnen und Kunden, seien es Unternehmen, Kommunen, Privatleute oder Vereine, und natürlich auch wir.“ Also das, was auf neudeutsch heute Win-Win-Situation heißt.
Mehr Effizienz, weniger Kosten
„Und wir erfüllen damit auch unseren öffentlichen Auftrag effizienter und kostengünstiger zu sein – gerade angesichts des Fachkräftemangels“, ergänzt Kothe. Die Bank, berichtet der gebürtige Dresdner, habe vor fünf Jahren einen Strategie- und Transformationsprozess eingeläutet, um eine noch modernere Förderbank zu sein.
Grundlage seien die jahrelangen Erfahrungen gewesen, das komplizierte, aufwendige Förderprozesse – „und das auf Papier“ – Zeit und Energie kosteten. Zudem verursachten sie vermeidbare Wartezeiten. „Wir haben dabei alle Schmerzpunkte identifiziert.“
Es gehe dabei nicht lediglich darum, Papier in digitale Akten zu transformieren. „Das alleine reicht bei Weitem nicht“, sagt Kothe, der zusammen mit Vorstandschefin Katrin Leonhardt die Bank leitet. Wichtig sei es, die Förderprogramme bestmöglich zu vereinfachen. „Digitalisierung erzwingt Klarheit, Transparenz und Standardisierung“, betont der Finanzexperte, der an der Leipziger HHL (Handelshochschule) Wirtschaft studierte, danach als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer arbeitete, bevor er 2008 zur Aufbaubank wechselte.
Diese Eindeutigkeit könne dann digital abgebildet werden. Es müsse deutlich sein, wer und was unter welchen Voraussetzungen gefördert werden könne. Das erfordere klare Bemessungsgrundlagen und die Möglichkeit für den Antragsteller, Erläuterungen abzugeben.
Kunden-Zugriff auf Plattformen
„Alle neuen Förderprogramme bieten wir nur noch digital an“, berichtet Kothe. Und das habe nicht nur den Vorteil, dass interne Abläufe deutlich schneller seien als wenn, wie früher, Papierakten von Abteilung zu Abteilung gereicht werden müssen.
Auch die Kunden profitierten davon. Sie haben Zugriff auf digitale Plattformen der SAB, können so die erforderlichen Daten für den Antrag eingeben und die nötigen Dokumente hochladen.
Über das Förderportal ist auch die Einreichung von Auszahlungsanträgen sowie elektronischer Verwendungsnachweise möglich „Und die Kunden können sich jederzeit bei unseren vollautomatisierten Programmen über den Stand der Bearbeitung informieren.“
Wer versucht, an Fördermittel zu kommen, ohne die Voraussetzungen zu erfüllen, den weisen die Systeme automatisch ab. „Diese Anträge erreichen uns gar nicht.“ Das erspare Arbeit. Dabei wird die SAB auch ihrer Rolle als Tochter des Landes Sachsen gerecht. Durch ihre digitale Transformation unterstützt sie den Freistaat bei der Digitalisierung öffentlicher Unternehmen und der Verwaltung. Zudem leistet die SAB einen wichtigen Beitrag zur prozessualen und technischen Vereinfachung von Verfahren. Im Förderportal Sachsen sollen alle Förderprogramme digital in nur einer Antragsplattform angeboten werden. Der Kunde beantragt digital, automatisch wird das an eine der vielen Bewilligungsstellen weitergeleitet. „Unser Ziel ist ein vollständig digitaler Ablauf – medienbruchfrei vom Antrag bis zur Auszahlung“, so Kothe.
Digitalkonferenzen sind Standard
Manchmal haben negative Geschehen auch positive Seiten. So hat Corona der Digitalisierung der Aufbaubank Beine gemacht. Homeoffice wurde zur Regel, die Techniker der Bank mussten die Beschäftigten mit der notwendigen Technik versorgen und für die Datensicherheit sorgen. Die SAB wickelte zudem über 114 000 Anträge auf Corona-Hilfen ab. Krisen wie die Pandemie , der Angriff auf die Ukraine oder frühere Jahrhunderthochwasser hätten gezeigt, dass Hilfsprogramme schnell und unbürokratisch wirken und helfen müssten. „Das geht nur mit der Digitalisierung“, meint Kothe. „Seitdem gehören mobile Endgeräte und Digitalkonferenzen zum Standard – das spart Zeit und Kosten.“ Eine der größten Herausforderungen auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Bank ist nach Einschätzung von Kothe, die Angestellten mitzunehmen. Es handele sich um einen Kulturfrage, denn deren Tätigkeit ändert sich durchaus. „Der Mensch muss lernen, Entscheidungen der Maschine zu akzeptieren.“ Das sei nicht immer einfach, aber eben notwendig. Zudem funktionierten solche massiven Änderungen nur, „wenn sie Chefsache sind und versucht wird, alle Mitarbeiter einzubinden“.
Viele internen Prozesse seien umgestellt worden. Angst um seinen Job müsse dabei niemand haben. Wegen der demografischen Entwicklung werde es grundsätzlich schwerer, frei werdende Stellen rasch wiederzubesetzen.
Kommunikation mit Chatbot SABrina
Noch liegt der Anteil der vollautomatischen Antragsbearbeitung bei rund 25 Prozent. „In fünf Jahren wollen wir bei 40 bis 50 Prozent sein“, verkündet Kothe. Bei der Bildungsfinanzierung, einem verhältnismäßig einfachen Produkt, kommen bereits Roboter zum Einsatz, die rund um die Uhr arbeiten und nur eine geringe Fehlerquote haben. Bei der Wohnungsbaufinanzierung für Selbstnutzer werden mehr als die Hälfte der Bescheide bereits ohne Menschen erstellt. Die drei Förderprogramme Härtefallhilfen Energie Private, Balkonkraftwerke und Reparaturbonus seien weitgehend von den Maschinen bearbeitet worden , mit einer Bewilligungszeit von wenigen Tagen . Je automatischer, desto schneller. Da soll die Zu- oder Absage, so die Zielsetzung, innerhalb eines Tages erfolgen. „ Wir werden weiterhin den Digitalisierungsgrad erhöhen und so die Bürokratie reduzieren“, verspricht Kothe. „Und wir setzen dabei zunehmend auf KI – als Assistenzsystem, nicht als Selbstzweck. Schon jetzt unterstützt uns der Chatbot S ABrina bei der Kundenkommunikation.“