Von Jana Ulbrich
Der halbe Liter Bier im renommierten Jonsdorfer Romantik-Hotel „Zum Lindengarten“ kostet jetzt 5,30 Euro, die Rinderzunge 22,90 Euro, die Rinderroulade knapp 25 Euro. Und auf der Tafel neben den Eingang steht jetzt wochentags: „Restaurant ab 17 Uhr geöffnet“.
Auch Lindengarten-Wirt Jens Kunath hat reagieren müssen auf steigende Kosten und wachsenden Personalmangel in der Gastronomie. „Die 19 Prozent Mehrwertsteuer, die wir seit Januar wieder an den Staat abführen müssen, haben die ohnehin schon schwierige Situation noch schwieriger gemacht“, sagt der 53-Jährige. „Theoretisch kann man kein Essen mehr unter 20 Euro verkaufen.“
Jens Kunath weiß aber auch, dass 20 Euro für ein Essen in der Gaststätte in dieser Region bisher eine „magische Grenze“ waren. Doch die Grenze ist spätestens seit Jahresbeginn auch im Zittauer Gebirge gefallen.
Vor allem für die Einheimischen tue ihm das weh, sagt der Wirt. Denn während Touristen in ihrem Urlaub meistens nicht ganz so auf den Euro schauen und die höheren Preise größtenteils akzeptieren, würden sich Einwohner jetzt seltener einen Gaststättenbesuch leisten. Kunath hat sich etwas einfallen lassen, um ihnen finanziell ein bisschen entgegenzukommen: Er bietet jetzt zu jedem Gericht, bei dem das möglich ist, auch eine kleinere Seniorenportion an: beim Schweineschnitzel zum Beispiel für knapp 15 statt knapp 20 Euro.
„Das wird sehr gut angenommen“, sagt er und weiß zugleich, dass das eigentlich auch keine perfekte Lösung ist. Und auch mit der Tafel „Restaurant ab 17 Uhr geöffnet“, die jetzt wochentags vor dem Eingang steht, ist er nicht glücklich. „Wir haben hier immer die Fahne hochgehalten“, sagt er. „Wir sind die einzigen in Jonsdorf, die sieben Tage in der Woche durchziehen und keinen Ruhetag einlegen.“ Aber er habe sich jetzt entschließen müssen, wochentags keinen Mittagstisch mehr anzubieten.
Mehr Ruhetage, kürzere Öffnungszeiten
Die Nachfrage sei in der Woche zu gering, um die Kosten zu decken, erklärt der Wirt. Die Öffnungszeiten einzuschränken sei zumindest eine Lösung, um Kosten zu sparen. Auch die meisten anderen Wirte im Zittauer Gebirge reagieren mit höheren Preisen und kürzeren Öffnungszeiten.
Die Jonsdorfer Gondelfahrt hat jetzt Montag und Dienstag Ruhetag, die Töpferbaude am Dienstag, der Weiße Stein am Mittwoch. Montags oder dienstags haben auch mehrere Gaststätten im Nachbarkurort Oybin geschlossen. „Da wird es für Gäste inzwischen schon manchmal schwierig, ein Mittagessen zu bekommen“, sagt Jens Kunath.
Trotz allem ist der 53-Jährige keiner, der jammert. „Ich bin Optimist“, sagt er. Der „Lindengarten“ habe schließlich schon andere schwierige Zeiten überstanden. Die Jahreszahl 1824 steht in den sandsteinernen Türstock gemeißelt. In diesem Jahr feiert das Haus 200. Geburtstag. Seit 19 Jahren sind Jens Kunath und seine Frau Stefanie die Chefs. Er hat den Betrieb von seinem Vater übernommen.
„Wir müssen nach vorne sehen“, sagt der Wirt. Er weiß aber auch, dass das für Hotel-Betriebe wie seinen ein bisschen einfacher ist als für reine Gaststättenbetreiber. „Wir können mit dem Hotelbetrieb Verluste im Restaurant ausgleichen“, erklärt er. Deswegen gebe es im Zittauer Gebirge auch noch nicht das befürchtete Gaststättensterben, von dem in den Diskussionen um die wieder erhöhte Mehrwertsteuer die Rede war.
Seit Jahresbeginn hat im Gebirge noch keine Gaststätte aus wirtschaftlichen Gründen schließen müssen. „Wir sind ja schließlich alle in unserer Branche mit Leib und Seele dabei und versuchen, das Beste draus zu machen“, sagt Kunath. Noch mehr als die wirtschaftliche Situation mache den Betrieben inzwischen die personelle zu schaffen, weiß er. Von seinen sieben Mitarbeitern kommen vier aus dem benachbarten Tschechien.
„Wenn wir die nicht hätten, könnten wir wahrscheinlich zumachen“, sagt der Wirt. So weit ist es im Zittauer Gebirge in einem Fall tatsächlich: „Leider geschlossen“ steht an der Tür zum „Burgkeller“ in Oybin. Die Betreiberin, heißt es, findet einfach kein Personal.