Suche

DGB-Chefin verlangt von Mikrochipfabriken Gegenleistung für Subventionen

Sollen die neuen Mikrochipfabriken von Intel und Infineon Milliarden-Subventionen bekommen? Yasmin Fahimi, Bundesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB, hat klare Wünsche.
Lesedauer: 3 Minuten
Die DGB-Bundesvorsitzende Yasmin Fahimi grinst vor einem rötlichen Hintergrund in die Kamera. Sie trägt eine Brille und lächelt mit offenem Mund.
Die DGB-Bundesvorsitzende Yasmin Fahimi hält Milliardensubventionen für Mikrochipfabriken für vertretbar - aber sie verlangt etwas dafür.

Von Georg Moeritz

Dresden. Bei den Milliardensubventionen für neue Mikrochipfabriken in Ostdeutschland fehlt eine klare Strategie des Staates, sagt Yasmin Fahimi. Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) erinnert in einem Handelsblatt-Interview daran, dass Mikrochipfabriken innerhalb weniger Jahre „völlig veraltet“ sein können. Der Staat müsse seine Zuschüsse beispielsweise mit Investitionszusagen über einen längeren Zeitraum verknüpfen, sagte Fahimi.

Der US-Konzern Intel bereitet derzeit den Bau seiner ersten Fabrik in Magdeburg vor, Infineon erweitert seine Fabrik in Dresden. Intel verlangt laut Handelsblatt fast zehn Milliarden Euro Subventionen für sein Vorhaben in Sachsen-Anhalt. Infineon bekommt voraussichtlich rund eine Milliarde Euro vom Bund für seine Investition von insgesamt fünf Milliarden Euro in Bauten und Maschinen in Dresden.

Kritik an den Milliarden-Zuschüssen hatte unter anderen der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Professor Reint Gropp, geübt. Gropp hatte gesagt, profitablen Unternehmen wie Infineon sollten keine „Geschenke“ vom Staat gemacht werden. Es dürften nicht „mithilfe öffentlicher Gelder Kapazitäten aufgebaut werden, die wir vielleicht gar nicht brauchen“.

Mit Chips „rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“

Dagegen hält es die DGB-Vorsitzende Fahimi grundsätzlich für sinnvoll, wenn der Staat den Konzernen finanzielle „Anreize“ für die Ansiedlung von Chipfabriken oder auch die Produktion von Batteriezellen setzt. Doch im Fall Intel vermisse sie eine langfristige Strategie, sagte Fahimi: Im Gegenzug zu Subventionen müsse es Jobgarantien, Investitions- und Forschungszusagen über einen längeren Zeitraum geben.

In der Mikroelektronik seien die Innovationszyklen kurz, sodass eine neue Fabrik rasch veraltet sein könne. „Und das wünsche ich in Ostdeutschland niemandem“, sagte Fahimi. Dort habe man schon oft die verstörende Erfahrung gemacht: „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln.“ Die Mikrochipfabrik von Globalfoundries in Dresden hatte mehrmals nach Wachstumsschritten wieder Personal abgebaut.

Der Infineon-Konzern, aus Siemens hervorgegangen, ließ 2009 seine Tochtergesellschaft Qimonda pleitegehen. Damals wurde die Dresdner Qimonda-Fabrik mit rund 4.000 Arbeitsplätzen geschlossen, weil ihre Massenproduktion von Speicherchips nicht mit der Konkurrenz in Asien mithalten konnte. Später kaufte Infineon die Produktionshalle und stellt dort nun Leistungshalbleiter für die Energieversorgung her.

Anreiz muss nicht immer Geld sein

Fahimi sagte, die staatlichen Anreize für die Ansiedlung neuer Fabriken müssten „nicht immer Geld sein“. Die Standortwerber weisen beim Wettbewerb um Investoren in der Regel auch auf gut ausgebildetes Personal und nahegelegene Forschungsinstitute und Universitäten hin. Auch die staatlich finanzierte Infrastruktur wie Straßen, Wasserversorgung und Energie spielen eine Rolle.

Beim Spatenstich für den Dresdner Infineon-Neubau Anfang Mai hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Konzern dafür gelobt, auch in „Zeiten geopolitischer Risiken massiv in die Produktion von Halbleitern zu investieren“. Sie sagte, bei jeder Störung des Handels wäre „unser Binnenmarkt empfindlich getroffen“, und verwies auf die Spannungen zwischen China und Taiwan.

Der Konzern TSMC aus Taiwan ist ebenfalls am Bau einer Fabrik in Sachsen interessiert. Dazu soll auch das Subventionsprogramm EU Chips Act beitragen. Die EU-Mitgliedsstaaten nehmen in den kommenden Jahren bis zu 43 Milliarden Euro in die Hand, um den weltweiten Anteil an der Chipproduktion „made in Europe“ möglichst auf 20 Prozent zu verdoppeln.

Infineon und TU Dresden vereinbaren Zusammenarbeit

Infineon und die Technische Universität Dresden (TU) teilten am Dienstagnachmittag mit, sie hätten eine Kooperationsvereinbarung für zunächst fünf Jahre unterzeichnet. Inhalt sei eine „strategische Partnerschaft“ in den Feldern Forschung, Lehre, Innovation, Weiterbildung, Internationalisierung, Recruiting und Hochschulmarketing sowie beim gesellschaftlichen Dialog über Technologieentwicklungen.

Die Vereinbarung sieht laut Rektorin Professor Ursula Staudinger Forschungs- und Entwicklungsaufträge sowie Forschungs- und Entwicklungskooperationen vor. Auch auf dem Feld der Lehre werde die Zusammenarbeit verstärkt, zum Beispiel durch den Ausbau von gemeinsamen Lehrformaten. Ein bewährtes Format seien im Sommer Veranstaltungen unter dem Titel „Dresden Microelectronics Academy“. Staudinger sieht in der Zusammenarbeit mit Infineon die Chance, die Sichtbarkeit der nano- und mikroelektronischen Forschung und der Halbleiterfertigung für Schüler und Absolventen national und international zu erhöhen.

Der Dresdner Infineon-Geschäftsführer Raik Brettschneider sagte, Mikroelektronik von Infineon trage dazu bei, zwei zentrale gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen: Dekarbonisierung und Digitalisierung. Der neue Fabrikteil ermögliche die flexible Produktion zweier verschiedener Halbleitertechnologien: Leistungselektronik, um Strom möglichst verlustarm zu schalten, und Analog/Mixed-Signal-Chips. Analog/Mixed-Signal-Komponenten kommen in Systemen zur Stromversorgung zum Einsatz, etwa in energieeffizienten Ladegeräten, in kleinen Motorsteuerungen für das Auto, in Rechenzentren und in Anwendungen im Internet der Dinge. Das Zusammenspiel von Leistungshalbleitern und Analog/Mixed-Signal-Bausteinen mache besonders energieeffiziente und intelligente Systemlösungen möglich.

Das könnte Sie auch interessieren: