Von Peter Ufer
Markkleeberg. Manchmal geht es ganz leicht. 75 Kilogramm wiegt ein „Bask“. Das ist ein Holzsegler mit einer Länge von vier und einer Breite von 1,2 Metern. Sebastian Schröder fertigt Jollen in einer ursprünglichen Bauweise. Nichts zu viel, aber stabil, die Hölzer aus Europa, sorgfältig verleimt, die Bodenbretter genietet, der Mast eingesteckt, kein Motor, dafür Paddel. Es entstehen unter der Marke „Feinspiel“ handgefertigte, strapazierfähige Boote mit funktionalen Beschlägen, nur wenigen Blöcken oder Rollen. „Man hat ein sportliches Segelerlebnis auf Booten, die für den täglichen Gebrauch entwickelt worden sind und von mir mit modernen Materialien gebaut werden“, sagt der 47-Jährige.
Seit 2012 baut der Designer unweit des Markkleeberger Sees offene Boote, die für küstennahes Segeln geeignet sind. „Es geht darum, die Landschaft zu genießen, den Wind zu spüren, die Jollen einfach zu handhaben und auch unkompliziert an Land transportieren zu können“, sagt Sebastian Schröder. Er studierte in Halle auf der Kunsthochschule Burg Giebichenstein, befasste sich zunächst mit der Gestaltung von Spielzeug und Spielplätzen. Seit 1996 segelt der Sachse, insbesondere in Skandinavien, er umrundete die Insel Bornholm und entdeckte für sich die Tradition der Klinkerboote.
Die solide Verbindung ist wichtig
Der Handwerker mit Studienabschluss beschreibt seine Bauweise so: „Bei dieser Bautechnik werden die Planken nicht nebeneinander am Rumpf angebracht, sondern sie überlappen sich. Die jeweils obere Planke überlappt dabei die untere, wodurch die charakteristischen Kanten an der Außenhaut des Bootes entstehen. Um eine solide Verbindung zwischen den Planken zu gewährleisten, wird die untere abgeschrägt. Durch diesen Vorgang entsteht dazwischen eine feste Verbindung.“ Durch die hohe Formstabilität des verleimten Rumpfes wird auf Spanten verzichtet. Epoxidharz hält alle Teile zusammen, angedickt mit Sägemehl und sparsam eingesetzt. Bootsbausperrholz ist seewasserfest und kochfest verleimt. Die Fugen sorgen nicht nur für Stabilität, sondern auch für ein dichtes Boot. Sie werden so ausgeführt, dass die Kanten des Holzes geschützt sind und zudem das Eindringen von Sand zwischen die Planken verhindern. Die nordische Klinkerbauweise wurde im Dezember 2021 in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.
Während moderne Jachten inzwischen zu Hightech-Cruisern mit Hochgeschwindigkeitsanspruch entwickelt werden, setzt Sebastian Schröder entspannt auf das Gegenteil. Der Rumpf seiner Boote entsteht aus Vollholzkiefer, geliefert aus Finnland. 95 Prozent des Bootes bestehen aus Holz, fünf Prozent aus Epoxidharz und Lack. „Sperrholz als Bootsmaterial gibt es seit vielen Jahren“, sagt der Bootsbauer.
Der geleimte Rumpf arbeitet als Verbund, reißt nicht und hält lange. Die kleinen Schiffe können schräg am Ufer abgestellt und unkompliziert an Land gezogen werden. Ein Liegeplatz, der laufende Kosten erzeugt, ist so nicht zwingend nötig. „Ziel der Entwicklung war es, ein für sächsische Seen zugeschnittenes Boot zu entwickeln, welches leicht zu handhaben und aus nachhaltigen Materialien gebaut ist“, sagt der Segler.
Neben dem „Bask“ bietet Schröder noch zwei weitere Modelle an, den „Trebordsöker“ mit einem Gewicht von 150 Kilogramm, 5,3 Meter lang, 1,6 Meter breit. Etwas größer und schwerer ist der „Strynö“, 350 Kilogramm schwer, 6,3 Meter lang und 1,9 Meter breit. Die einzelnen Jollen verfügen über ein herausziehbares Schwert und Sprietsegel. Das sind viereckige Segel, die durch eine Spiere, ein Rundholz, diagonal vom Schiffsmast abgespreizt werden. Dadurch existieren keine Wanten, Stage oder Großbäume, keiner muss den Kopf bei einer Wende einziehen.
Sebastian Schröder erklärt weiter: „Es gibt fast keine Beschläge oder Trimmleinen, dadurch ist das Boot sehr übersichtlich. Jede Leine erklärt ihre Funktion selbst und ist einfach auf einer Klampe anzuschlagen.“ Die einzelnen Jollen werden gefertigt, wenn von der Kundschaft ein Auftrag erteilt wurde, und kosten zwischen 10.000 und 35.000 Euro.
Sebastian Schröder erzählt, dass er mit einer detaillierten Zeichnung für den Bootsrumpf beginnt. „Am Zeichentisch entstehen ein Plan sowie eine 3-D-Konstruktion, und in der Werkstatt wird ein präzises Modell gefertigt“, sagt er. Gut ein halbes Jahr dauert der gesamte Prozess, die reine Arbeitszeit umfasst etwa drei Monate. Wer möchte, kann daran teilnehmen, denn der Leipziger bietet Kurse an. Schröder hatte solch einen Kurs vor Jahren selbst erlebt. In der Werkstatt auf Bragdøya Kystlag, der Insel im Süden von Norwegen, baute er eine kleine Jolle. Er erzählt: „Es wurde gebohrt, gehobelt, gebogen, geschraubt und eingepasst. Die Jugendjolle wurde vor Ort als Ruderboot gebaut, doch ich hatte sofort vor, ein Segelboot daraus zu machen. Am Ende der Woche wurden die fünf Boote getauft und verladen.“ Er nahm das kleine Schiff mit nach Hause, ergänzte es mit seinen Kindern mit einem Schwertkasten, einer Mastdurchführung und einem Ruderblatt.
Dieses Erlebnis bietet Schröder jetzt für andere an. 1.400 Euro pro Person kostet so ein Kurs. In einer intensiven, erlebnisreichen Woche wird mit einem Team ein eigenes kleines Schiff gebaut. Die Kurse richten sich an Kinder ab 11 Jahren, gemeinsam mit Eltern oder Großeltern. Als Krönung kann das Boot nach einer Woche mit nach Hause genommen werden. Die fertige Jolle ist ein „Lyngör“, 3,3 Meter lang, 1,2 Meter breit, 45 Kilogramm leicht, geeignet für zwei Personen.
Sebastian Schröder veranstaltet die Kurse, wenn er genug Anmeldungen hat. Als Einzelkämpfer gehört das Geschäft zu einem von vielen. Sein Einkommen setzt sich aus unterschiedlichen Tätigkeiten zusammen. Neben dem Bootsbau lebt er hauptsächlich von Life-Illustrationen. Er entwickelt während Workshops großer Unternehmen wie Volkswagen Ideenskizzen, sitzt dabei, hört zu, zeichnet als Grafiker Problemlösungsskizzen für Dokumentationen. Eine Lösung hat der Sachse längst gefunden: Sich von der Kraft des Windes pur treiben lassen, ohne den Kurs zu verlieren. Manchmal kann es so leicht sein.