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Ärger um neue Vorschrift: Bäcker sollen für Stollenfolie Abgabe zahlen

Das Umweltbundesamt hat entschieden, dass der 750 Gramm-Stollen unter das Einwegkunststoffgesetz fällt. Bäckerverbände in Sachsen und Thüringen sehen darin ein weiteres Beispiel bürokratischer Überforderung.

Lesedauer: 2 Minuten

Nora Miethke

Dresden. Ein Kaffee zum Mitnehmen, ein Stück Pizza auf die Hand oder ein Salat in der Plastikschale samt Plastikbesteck. Und die Einwegverpackungen fliegen nach dem Verzehr weg. Umweltschützer haben der Vermüllung von Innenstädten durch Imbissverpackungen den Kampf angesagt. Seit 2024 werden Hersteller bestimmter Plastikprodukte durch Abgaben an den Kosten der kommunalen Müllentsorgung beteiligt. Dafür wurde per Gesetz extra ein „Einwegkunststofffonds“ errichtet. Verwaltet wird er vom Umweltbundesamt (UBA)

Und nun hat das UBA entschieden, dass auch Stollen bis zu 750 Gramm in Folienverpackungen künftig unter das Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) fallen. „Damit werden für das traditionelle Weihnachtsgebäck zusätzliche Abgaben und vollkommen unnötige Bürokratielasten fällig“, läuft der Landesinnungsverband Saxonia des Bäckerhandwerks Sachsen am Dienstag Sturm gegen diese neue Vorschrift.

Deutsche Behörde setzt sich über EU-Leitlinien hinweg

Am 6. August 2025 erließ das UBA eine Allgemeinverfügung, nach der die Folienverpackung eines bis zu 750-Gramm-Stollens als abgabepflichtige Einwegkunststoffverpackung gilt. Betroffene Betriebe müssen sich nun bei der Behörde registrieren, Meldungen abgeben und Abgaben zahlen. Dabei habe die Einwegkunststoffkommission im Juni 2024 ausdrücklich empfohlen, diese Stollenverpackungen nicht unter das Gesetz zu fassen, da die Portionsgröße nicht zum Sofortverzehr geeignet sei. Doch das Umweltbundesamt hat sich nach Ansicht von Stefan Richter einfach darüber hinweggesetzt.

„Ein Stollen ist ein handwerklich hergestelltes, saisonales Genusserlebnis und auch in kleineren Portionen kein To-go-Produkt“, betont der Dorfbäckermeister aus Kubschütz. Er vertritt als Landesobermeister des sächsischen Landesinnungsverbandes zwölf Innungen mit insgesamt 436 Betrieben. „Diese Auslegung ist praxisfern, belastet unnötig die Handwerksbetriebe und schadet einem weltbekannten Kulturgut, indem es vom symbolträchtigen Präsent und Mittelpunkt der Kaffeetafel zu einem schnellen Snack ‚to go‘ abgewertet wird“, betont Richter.

Ein Stollen hat die Kalorien von 4 Dönern

Die UBA begründe die Entscheidung damit, dass der Stollen „objektiv geeignet“ sei, sofort aus der Tüte verzehrt zu werden. Dabei hätte die EU-Kommission extra in ihren Leitlinien darauf hingewiesen, dass es nur um Lebensmittel gehe, die wirklich zum sofortigen Verzehr bestimmt sind, empört sich Richter und betont: „Ein 750-Gramm- und auch ein 500-Gramm-Stollen sind keine Produkte für den schnellen Unterwegs-Verzehr.“ Ein Stollen werde in Folie verpackt, um seine Feuchtigkeit und seine Aromen möglichst lange zu erhalten. Da er sehr mächtig ist, schneide sich eine einzelne Person maximal drei Scheiben ab und esse diese vom Teller, aber nicht auf der Straße.

Die zusätzliche Kostenbelastung, die durch diese Abgabe auf die Stollenbäcker zukommt, kann Richter nicht genau beziffern. „Für viele Kollegen läuft das Fass der bürokratischen Überforderung bereits über, jeder vermeidbare weitere Tropfen ist einer zu viel“, betont er.

Nach Angaben des Umweltbundesamtes wiegt die Folienverpackung eines 750g-Stollens rund 4,4 Gramm. „In diesem Fall muss der Hersteller 0,876 Euro pro Kilogramm verwendeter Folienverpackung als Abgabe entrichten. Daraus ergibt sich eine Abgabe von ca. 0,35 Cent pro Stollen“, teilt ein Behördensprecher mit. Ob der Hersteller diese Mehrkosten auf die Preise seiner Produkte und somit auf Kunden umlegt, könne man nicht beeinflussen, heißt es weiter. Das Umweltbundesamt verweist darauf, dass sowohl das deutsche Gesetze noch die Auslegungshilfe der EU-Kommission keine Größenbegrenzung für Folien- und Tütenverpackungen vorsieht.

Widerspruchsfrist läuft bis 6. September

Gemeinsam mit dem Landesinnungsverband Thüringen kämpft Saxonia nun für die Rücknahme der Allgemeinverfügung. Bis zum 6. September läuft die Widerspruchsfrist auf die Entscheidung des Umweltbundesamtes. „Ein Stollen der angesprochenen Größe deckt den Kalorien-Tagesbedarf eines 20-jährigen Sportlers oder ist gleichzusetzen mit vier Dönern – schon das zeigt, wie absurd die Regelung ist“, sagt der Bäcker abschließend.

SZ

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