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AfD möchte Manufaktur als Schauwerkstatt führen

Die Partei wirft der Staatsregierung in der Haushaltsdebatte Geldverbrennung vor. Das löst eine heftige Debatte aus.

Lesedauer: 3 Minuten

Der Aufreger kommt kurz vor Schluss. Mangelnde Offenheit und "Gutsherrenart" wirft der Dippoldiswalder AfD-Landtagsabgeordnete André Barth der sächsischen Staatsregierung vor. Anlass ist die Diskussion um den Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre am späten Donnerstagnachmittag im Parlament. Insgesamt 1,2 Milliarden Euro versuche Finanzminister Matthias Haß (CDU), am Landtag vorbeizuschmuggeln. Im Wahljahr 2019 wolle dieser vor dem Wähler das Verdienst für zusätzliche Ausgaben ganz für sich allein beanspruchen, mutmaßt Barth in seiner Haushaltsrede.

Darüber hinaus werde sächsisches Steuergeld in unsinnige Auslandsabenteuer gesteckt, so der Politiker.

Konkret benennt er die Sächsischen Binnenhäfen mit ihren Standorten in Böhmen sowie die Porzellanmanufaktur Meissen. Seit der Expansion ins Ausland versinke diese tief in den roten Zahlen. Einschließlich Krediten habe der Freistaat das Unternehmen seit 2008 mit rund 77 Millionen Euro unterstützt. Diese Geldverbrennung sei auch letztes Jahr weitergegangen Ein Ende ist aus Sicht des 49-Jährigen nicht in Sicht. Dann folgt der entscheidende Satz. Barth sagt wörtlich: "Warum stoppen Sie nicht diese Geldverbrennung und machen aus der Porzellanmanufaktur eine kleine prestigeträchtige Werkfabrik oder Schauwerkstatt?"

Nur noch Folklore für Besucher Gut aufgepasst und genau hingehört hat an dieser Stelle die in Meißen direkt gewählte CDU-Landtagsabgeordnete Daniela Kuge. Seit 2014 macht sie sich vor und hinter den Kulissen dafür stark, dass in dem kriselnden Traditionshaus möglichst viele Arbeitsplätze erhalten bleiben. Rund 670 Mitarbeiter zählt das Unternehmen laut Bilanz von 2017. Wenn AfD-Mann Barth mit seiner Frage jetzt suggeriere, das Land solle aus der Manufaktur eine "Schauwerkstatt" machen, komme das in ihren Augen einer Liquidation des Produktionsbetriebes gleich, so Daniela Kuge. Dann werde der über 300-jährige Betrieb zu einem Museum degradiert, in dem als Folklore für die Besucher ein paar Handwerker vorführten, wie früher einmal das berühmte Weiße Gold hergestellt worden sei.

Porzellan-Spezialisten wie die Mitglieder der Bürgerinitiative zur Rettung der Porzellan-Manufaktur hatten in der Vergangenheit wiederholt darauf verwiesen, dass sich der Personalbestand im Triebischtal nicht beliebig absenken lässt. Sonst gingen viele der einmaligen kunsthandwerklichen Techniken verloren. "Der Kollege Barth hat offenbar keine Ahnung, wovon er spricht", so Daniela Kuge. Mit diesen Gedanken im Kopf postet die Christdemokratin auf ihrem Facebook-Profil unmittelbar im Anschluss an die Rede des 49-Jährigen die zugespitzte Warnung: "AfD will die Manufaktur Meissen abschaffen!"

Bei der Alternative für Deutschland löst der Eintrag einen Aufschrei aus. Der Pressesprecher der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag, Andreas Harlaß, spricht von einer "bewussten Fehlinterpretation des Vorschlages, die Manufaktur rentabel zu machen." Der Meißner CDU-Abgeordneten wirft er vor, die Rede von André Barth "populistisch und verschlagen umgedeutet" zu haben. Auch der im Landkreis Meißen aktive AfD-Landtagsabgeordnete Carsten Hütter sieht seinen Fraktionskollegen missverstanden. Es gehe der Altnative darum, dass die Manufaktur wieder eine schwarze Null schreibe. Die Partei wolle die Porzellanmanufaktur nicht abschaffen. Das sei eine Falschmeldung. Sie fordere vielmehr, das Konzept zu ändern. Es sollte Schluss sein mit "modernistischen Experimenten und Schlipsverkäufen", so Hütter. So sei die Formulierung von einer "handwerklichen Schauwerkstatt" zu verstehen.

Kontroverse Debatten um die Zukunft Meissens gab es bereits in der Vergangenheit. So liebäugelten frühere Führungskräfte der sächsichen FDP wiederholt damit, den Staatsbetrieb zu verkaufen oder private Investoren daran zu beteiligen.

Wirklich konkret wurden solche Pläne, als der frühere Meissen-Chef Christian Kurtzke neues Geld für den von ihm und Aufsichtsratschef Kurt Biedenkopf (CDU) angestrebten Umbau der Manufaktur zu einem der weltweit führenden Luxuskonzerne benötigte.

Presseberichten zufolge bot sich 2014 die German Brands Gruppe aus Walldorf bei Mannheim an, hier einzuspringen. Das Unternehmen habe dem Finanzministerium in Dresden einen dreistelligen Millionenbetrag offeriert. Ein entsprechendes Angebot liege brieflich vor, hieß es.

Allerdings waren diese Spekulationen so schnell wieder vom Tisch, wie sie auftauchten. Wie wenig später bekannt wurde, war German-Brands-Vertriebschef Uwe Freund in das Visier der Justiz geraten. Wer heute den Namen des dubiosen Investors googelt, findet wenig schmeichelhafte Einträge. Der damalige Finanzminister Georg Unland (CDU) schickte die Vorschläge von German Brands durch den Schredder.

 

Von Peter Anderson

Foto: Claudia Hübschmann

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