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Alles blau – oder was?

Wie eine Designerin den Blaudruck in die sächsischen Hotels bringen will.

Lesedauer: 3 Minuten

Wie kann man dieses Handwerk bewahren und an die Jugend bringen?“ Mit dieser Frage reist die Designerin Marlene Schroeder in die Blaudruckwerkstatt von Cordula Reppe nach Pulsnitz. Foto: SZ/ Veit Hengst

Wie eine Designerin den Blaudruck in die sächsischen Hotels bringen will.

Von Lucy Krille

Pulsnitz. Fast unbemerkt wurde der Blaudruck vor fünf Jahren zum immateriellen Weltkulturerbe ernannt. In Deutschland gibt es nur noch wenige Werkstätten, eine Ausbildung für diese alte Färbetechnik gibt es schon seit über 30 Jahren nicht mehr. Doch der Blaudruck ist längst nicht ausgestorben. Denn Blaudrucker und Blaudruckerinnen verwandeln ihre Stoffe tagtäglich in kleine Kunstwerke. So auch in Pulsnitz, wo die gelernte Schneiderin Cordula Reppe den Laden vor ein paar Jahren von ihrem Vorgänger übernahm.
Wie viele Stoffe sie jedes Jahr bedruckt und färbt, weiß sie selbst nicht so genau. Eines aber ist klar: Die Designs aus den Blaudruckwerkstätten sind echte Handarbeit. Jedes Stück Stoff tränkt Rappe in fünf Durchgängen in großen Bottichen, den Küpen. Jeweils eine halbe Stunde weichen die Stoffe in Indigofarbe, dann trocknen sie eine halbe Stunde, bevor sie erneut eingeweicht werden. Die damalige Kulturmanagerin des Pulsnitzer Stadtmuseums lernte die Tricks des Blaudrucks von ihrem Vorgänger. Ein paar Jahre will sie noch machen, bis eine Nachfolge gefunden ist. Bisher ist aber noch keine in Sicht.

Besondere Stoffe für Hotelzimmer
Die Designerin Marlene Schroeder schaut Blaudruckerin Cordula Reppe begeistert zu, als die das Gestell erneut in den Bottich absenkt. „Wie kann man dieses Handwerk bewahren und an die Jugend bringen?“, hat Schroeder sich gefragt und ist auf eine Idee gekommen: Sie will mit Blaudruck-Stoffen Hotelzimmer einrichten und damit mehr Menschen auf den Blaudruck aufmerksam machen.
Die freischaffende Designerin entwirft vor allem Kostüme für Theaterinszenierungen. 2019 hatte Schroeder Bademäntel mit Blaudruckdesign im sorbischen Museum ausgestellt. Das kam gut an und führte sie zu der Idee, eine ganze Einrichtungslinie zu entwerfen. Erfahrungen hat sie zuvor in einem Produktdesignstudio gesammelt. Schroeder bewarb sich beim Tourismuswettbewerb „Sachsen geht weiter“ – und gewann ein Coaching und 10.000 Euro Startgeld. Der Innovationswettbewerb kürt Ideen, die den Tourismus in Sachsen voranbringen sollen.
Cordula Reppe kann sich gut vorstellen, dass ein „Blaudruckzimmer“ bei den Gästen gut ankommt. Gemeinsam mit Schroeder überlegt sie, dass die Produkte auch direkt verkauft werden könnten. „Wenn ich im Urlaub bin, nehm ich ja schon ein Souvenir mit“, so ihre Überlegung. Und: „Das Verständnis fürs Handwerk ist ja auch wieder gestiegen.“ Über mangelnde Aufträge kann sie sich jedenfalls nicht beschweren. Neben ihrer Werkstatt verkauft Reppe in einem kleinen Laden Taschen, Röcke oder Topfhandschuhe. Unter den Produkten sind auch Handytaschen, Krawatten oder Eierwärmer. Reppe denkt ständig über neue Designs nach. „Man entdeckt immer wieder was Neues“, sagt die Blaudruckerin. Hunderte Stempel – die sogenannten Model – mit winzigen Messing- oder Holzstiften liegen in der kleinen Stube des gelben Fachwerkhauses in Pulsnitz. Dadurch können individuelle Wünsche der Kunden und Kundinnen erfüllt werden.

Handarbeit als Alleinstellungsmerkmal
Schroeder haben es vor allem die floralen Muster angetan, aber auch die moderneren geometrischen Streifen. Auf die Model kommt eine grünliche Farbe. Dort, wo dieser sogenannte Papp auf dem Stoff haftet, färben sich die Stellen später nicht blau. Bei vielen Stoffen entdeckt Schroeder kleine Unregelmäßigkeiten. Anders als in großen Textilfabriken kommen hier keine Maschinen zum Einsatz.
„Diese Handarbeit ist gerade das Tolle“, sagt Schroeder. Zudem verbraucht der Blaudruck vergleichsweise wenig Wasser. Die Küpen mit den Indigofarben werden nur aller 20 Jahre ausgetauscht. Mit einer Natronlauge werden die Bottiche dann gereinigt, neues Pulver kommt herein und dann wird das Wasser zurück- gepumpt. „Wassersparender geht eigentlich nicht“, sagt Reppe. Die Stoffe, auf die sie druckt, kommen zudem aus der nahe gelegenen Leinenmanufaktur in Neukirch in der Lausitz und aus Reichenbach im Vogtland.
Jede Färbung sieht anders aus – je nach Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Zeit. Die Designerin und die Blaudruckerin fachsimpeln bereits über verschiedene Techniken und mögliche Designs. „Wenn die Möbel hell sind, passt ein dunkler Blaudruck besser rein“, sagt Reppe. Bedrucken kann sie eigentlich alles. Handtücher, Bettwäsche oder Vorhänge – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Marlene Schroeder lässt sich auch von Details inspirieren, die sie in Pulsnitz entdeckt: blau-weiße Topflappen für die Küchenzeile, weiße Hampelmänner und Rehe auf blauem Stoff für die Kinderecke.

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