Von Georg Moeritz
Dresden. Die Arbeitslosigkeit in Sachsen ist gestiegen und wird in den nächsten Wochen weiter steigen. Klaus-Peter Hansen, Chef der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit, sagte am Mittwoch in Chemnitz: „Die Wirtschaft leidet.“ Im Juli haben sich mehr als 10.000 Menschen in Sachsen arbeitslos gemeldet, die bisher beschäftigt waren. Das ist laut Hansen „deutlich mehr als normal“ zu dieser Jahreszeit. Bis zur erhofften „Herbstbelebung“ rechne er nicht mit einem Rückgang der Arbeitslosigkeit. Hansen hatte schon zu Jahresanfang vorausgesagt, dass die Arbeitslosenquote in Sachsen in diesem Jahr über sieben Prozent steigt.
Erheblich mehr Männer als Frauen arbeitslos gemeldet
Im Juli ist die Arbeitslosenquote in Sachsen auf 6,6 Prozent gestiegen. Ein Jahr vorher lag sie bei 6,2. Nun sind 141.501 Menschen in Sachsen arbeitslos gemeldet. Allein im Juli kamen als Saldo aus Zu- und Abgängen 4.716 dazu, im Vergleich mit Juli vorigen Jahres ist die Zahl um 9.826 gestiegen. Ein Blick in Hansens Tabellen zeigt, dass vor allem die Männer-Arbeitslosigkeit im Jahresvergleich zugenommen hat. Mehr als 55 Prozent der arbeitslosen Sachsen sind Männer. Die Zahl der ausländischen Arbeitslosen in Sachsen lag im Juli bei 36.000.
Drei Gründe für gestiegene Arbeitslosigkeit
Hansen nannte drei Gründe dafür, dass die Arbeitslosigkeit gestiegen ist: Zum einen melden sich zu dieser Jahreszeit immer viele Jugendliche bei den Jobcentern, weil sie eine Ausbildung oder ihren ersten Arbeitsplatz suchen. Zweitens: Die Wirtschaft wächst nicht, nach jüngsten Zahlen ist das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im vergangenen Quartal um 0,1 Prozent geschrumpft. Drittens: Im Sommer sind nicht nur Unternehmer und Personalchefs in Urlaub und bieten weniger Stellen an, auch die Arbeitsbehörden organisieren weniger Bildungs- und Beschäftigungsprogramme.
Sächsische Betriebe melden 6.200 freie Stellen im Juli an
In den Computern der Arbeitsagenturen und Jobcenter stehen mehr als 35.000 freie Stellen. Die meisten seien unbefristet und in Vollzeit zu besetzen, betonte die Behörde. Allein im Juli wurden mehr als 6.200 Stellen neu gemeldet. Hansen sieht darin einen Beleg dafür, „dass die Betriebe trotz wirtschaftlicher Risiken weiter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen wollen“. Besonders Fachkräfte seien gesucht. Hansen zeigte sich einerseits besorgt, weil „immer weniger Stellen“ gemeldet würden. Andererseits gab es im Juli einen Zuwachs verglichen mit dem Monat zuvor.
Höchste Arbeitslosenquote in Chemnitz
Innerhalb Sachsens sind die Unterschiede groß, aber überall ist die Arbeitslosigkeit im Juli gestiegen. Den kräftigsten Zuwachs gab es laut Hansen in Dresden und im Nachbarkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie in Zwickau. In Dresden liegt die Arbeitslosenquote mit 6,8 Prozent leicht über dem Durchschnitt. Höher ist sie in Leipzig mit 7,7 und in Chemnitz mit 9,0 Prozent. Dass Chemnitz den schlechtesten Wert hat, begründete Hansen unter anderem mit dem hohen Industrieanteil. Außerdem gebe es dort viele Ausländer, und viele Einpendler konkurrierten mit den Einwohnern um Stellen. Vergleichsweise niedrig mit 5,3 Prozent ist die Arbeitslosenquote laut Hansen im Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und im Erzgebirgskreis.
Zuwachs bei Dienstleistern, Kürzung bei Bau und Industrie
Die Beschäftigung in Sachsen ist laut Hansen weiterhin auf hohem Niveau: Nach jüngsten Zahlen für Mai sind 1,64 Millionen Menschen sozialversichert beschäftigt. Verglichen mit dem Tiefstand im Mai 2005 sind das 309.000 mehr. Allerdings ist die Zahl der Beschäftigten innerhalb des letzten Jahres um 2.500 gesunken. Die Industrie strich 6.100 Stellen, die Leiharbeit folgte mit 3.000, auf dem Bau fielen 2.300 Stellen weg. Gewinnerbranchen dagegen finden sich in Sachsen bei Dienstleistungen, darunter Gesundheitswesen, Gastronomie, Verkehr und Lagerei.
DGB: Sachsen leistet sich zu viel Jugendarbeitslosigkeit
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Sachsen wies auf die steigende Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen hin. Der Vorsitzende Markus Schlimbach sagte, junge Menschen bekämen seit Monaten schlechter einen Job. Sachsen leiste sich trotz demografischer Probleme und Fachkräftemangels eine Jugendarbeitslosigkeit von 7,4 Prozent. Der Sockel an Arbeitslosen steige seit Anfang des Jahres wieder. Das sei auch eine Folge der fehlenden Investitionen. Sowohl der Bund als auch das Land Sachsen seien dabei, an notwendigen Investitionen zu sparen. Sachsens Landesregierung solle nicht nur anklagend auf Berlin zeigen, sondern müsse selbst investieren. Dazu müsse die Schuldenbremse reformiert werden.