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Auf Wachstumskurs: Alstom-Werk Bautzen liefert ersten Regional-Zug nach Rumänien aus

Der französische Schienenfahrzeughersteller investiert an seinem sächsischen Standort in diesem Jahr zwölf Millionen Euro. Der Ausbau schafft Kapazitäten für internationale Aufträge und sichert die Fertigung über Jahre.

Lesedauer: 4 Minuten

Miriam Schönbach

Bautzen. Geschafft: Ein Jahr nach Inbetriebnahme der neuen Fertigungslinie für Regionalzüge feiert das Alstom-Werk Bautzen einen markanten Meilenstein. Der erste vollständig in Bautzen gefertigte Coradia-Stream-Regionalzug hat am 13. Juni 2025 planmäßig das Werk verlassen.

Im Schlepptau eines Begleitzugs hat der Neuling seine Reise nach Rumänien angetreten. Sein Einsatzgebiet ist klar: Der rollende Bautzen-Botschafter wird im Schienennetz des osteuropäischen Landes unterwegs sein.

Blaupause für kommende Serienfertigung

Der nun abgeschlossene erste Coradia-Stream-Durchlauf gilt als Blaupause für die kommenden Monate. Die Auslieferung aus Bautzen ist Teil eines Rahmenvertrags der rumänischen Eisenbahnbehörde ARF über 37 neue Elektrozüge – 32 von ihnen werden im Werk an der Spree gefertigt.

Für die Waggonbauer bedeutet die Übergabe des ersten Fahrzeugs vor allem Sicherheit für die Zukunft. Denn es bleibt nicht bei dem Auftrag aus Rumänien. „Mitte April erhielt der Alstom-Konzern den Zuschlag für Bulgarien und die Entscheidung, nach dem rumänischen Projekt die Züge in Bautzen zu fertigen“, sagt Standortleiterin Beata Krehel.

Ein letzter Blick bei der Inbetriebnahme: Martin Beyer und Denis Petzold (r.) machen die letzten Handgriffe am Coradia-Stream-Regionalzug, bevor er das Werk verlässt.
Ein letzter Blick bei der Inbetriebnahme: Martin Beyer und Denis Petzold (r.) machen die letzten Handgriffe am Coradia-Stream-Regionalzug, bevor er das Werk verlässt.
Quelle: Steffen Unger

Zweiter Großauftrag bringt langfristige Auslastung

Diese Order umfasst nochmals 35 moderne Coradia Stream-Interregionalzüge und hat ein Gesamtvolumen von 720 Millionen Euro. „Auch diese beiden Projekte sichern dem Standort Bautzen langfristige Auslastung“, so Krehel weiter. Durch den neuen Auftrag werden im Geschäftsjahr 2025/2026 aber auch zusätzliche Investitionen ins Bautzener Werk nötig. Neue Produktionsstrukturen sollen helfen, die Kapazitäten am Standort zu erweitern.

Weil unsere Fertigung in einem sehr hohen Takt läuft, brauchen wir eine sehr enge Materialversorgung. – Beata Krehel, Alstom-Standortleiterin Werk Bautzen

Zwölf Millionen Euro fließen in den Ausbau und die technische Aufrüstung des sächsischen Alstom-Standorts – ein erheblicher Schritt im Vergleich zu den bislang geplanten durchschnittlichen Jahresinvestitionen von etwa fünf Millionen Euro. Wer durch das Werk geht, sieht bereits, dass gebaut wird. Alstom-Projektdirektor André Daniel hat die Baumaßnahmen im Blick: „Zwölf Millionen ist für uns eine große Nummer“, sagt er.

Mehr Hallen, längere Gleise, bessere Logistik

Der Werksplan zeigt gleich mehrere Baustellen auf dem Gelände. So sollen zusätzliche Montageflächen geschaffen werden, um die parallele Produktion mehrerer Züge zu ermöglichen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Verlängerung und Modernisierung bestehender Hallen. Die Halle für die Inbetriebsetzung wird auf das Doppelte verlängert. „Bei vielen Projekten – für Bulgarien, Rumänien, aber auch die S-Bahn für Köln – reden wir inzwischen über viel längere Züge. Wichtig ist bei der Inbetriebsetzung eine Halle mit Dachstand, Grube und Stromabschnitten“, sagt Daniel.

Umbau im laufenden Betrieb: Standortleiterin Beata Krehel und Projekt-Chef-Koordinator André Daniel freuen sich über die Zwölf-Millionen-Investition im Bautzener Alstom-Werk.
Umbau im laufenden Betrieb: Standortleiterin Beata Krehel und Projekt-Chef-Koordinator André Daniel freuen sich über die Zwölf-Millionen-Investition im Bautzener Alstom-Werk.
Quelle: Steffen Unger

Allein in diese Erweiterung investiert Alstom 2,15 Millionen Euro. Die Fertigungshalle Nord wird im laufenden Betrieb für 400.000 Euro umgebaut und mit einem längeren Gleis ausgestattet. Auch im Außenbereich ist ein neues, ebenfalls verlängertes Gleis geplant: „Die Wagen werden einzeln gebaut, dann machen wir die Züge daraus. Wir können aber nicht alle elf Wagen einer S-Bahn gleichzeitig fertigen, sondern müssen nacheinander bauen, abstellen und kuppeln“, erklärt Projektkoordinator Daniel. Kostenpunkt: 600.000 Euro.

Zusätzlich entsteht eine neue Logistik-Leichtbauhalle für 1,65 Millionen Euro. „Weil unsere Fertigung in einem sehr hohen Takt läuft, brauchen wir eine sehr enge Materialversorgung“, sagt Beata Krehel. Der Neubau verbessert den innerbetrieblichen Materialfluss vom Lager in die Produktion. Die Investition ist auch eine Reaktion auf gestörte globale Lieferketten – etwa durch Corona oder die Blockade des Suezkanals. „Die Herausforderung ist eine Balance zwischen ausreichender Vorlaufzeit und nicht zu viel Material im Lager. Die Lieferketten sind nach wie vor instabil“, so ein Projektentwickler.

Werk wird bei laufendem Betrieb umgebaut

Neben diesen großen Projekten gibt es zahlreiche kleinere Umbauten. „Die große Herausforderung ist, dass wir das Werk im vollen Betrieb umbauen. Es ist wie eine Autobahn-Baustelle: Der Verkehr rollt vierspurig und gleichzeitig wird erweitert“, beschreibt André Daniel. Die meisten Baumaßnahmen wurden an regionale Unternehmen vergeben. Der komplette Abschluss ist für Anfang des kommenden Jahres geplant.

Doch es wird nicht nur an der Infrastruktur, sondern auch an den Fahrzeugen gearbeitet. Neben den Regionalzügen sind es unter anderem die S-Bahnen für Hamburg, Doppelstockzüge für Israel, Straßenbahnen für Dresden, Magdeburg, Göteborg, Berlin und Duisburg. Der zweite in Bautzen gefertigte Coradia-Stream-Regionalzug indes soll Anfang Juli seine Reise nach Rumänien antreten.

„Unser Ziel ist es, dass wir einen Regionalzug-Wagen in weniger als einem Tag fertigen. Ein Zug besteht aus sechs Wagen. Aktuell sind wir noch in der Optimierung“, sagt Daniel. Der Coradia Stream ist ein elektrischer Regionalzug, der von Alstom entwickelt wurde und als „Klassiker“ des Unternehmens gilt.

Ab Anfang September soll dessen Produktion im straffen Takt laufen. Dann stecken 28 Arbeitstage in jedem fertigen Regionalzug. Zukünftig sollen die Fahrzeuge das Werk in der Fabrikstraße immer im Doppelpack verlassen. Ein Jahr nach dem Start der neuen Fertigungslinie steht fest: Die Bautzener Waggonbauer sind bereit für die nächsten Projekte.

SZ

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