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Azubis im Weinberg – wie und warum junge Leute Winzer werden

Das Weingut Drei Herren gibt seinem Nachwuchs eine einmalige Chance. Die ist auch für Gäste der Weinmesse ein Genuss.

Lesedauer: 4 Minuten

Nadja Laske

Dresden / Radebeul. Nur Unkraut wächst von allein. Solch feine Pflanzen wie Rebstöcke wollen gepflegt und gehegt sein. Wie sehr, davon hatte Jonas Scheffler kein Bild. Jetzt ist er auf der Zielgeraden zur Abschlussprüfung seiner Ausbildung zum Winzer und weiß: „Der Beruf bedeutet eine Menge Arbeit im Weinberg.“ Nie hätte er gedacht, dass so viel zu tun ist und jede Rebe immer wieder bekümmert werden muss, damit sie am Ende gut trägt und gesund bleibt.

Noch viel mehr hat der 30-Jährige im Laufe der vergangenen beiden Jahre gelernt. Eins der insgesamt drei Ausbildungsjahre sparte er ein. Als gelernter Speditionskaufmann und nach fünf Jahren in diesem Beruf brachte er bereits ausreichend Kenntnisse im Betriebswirtschaftlichen mit.

Ich habe mir nichts aus Wein gemacht, bis zu dem Tag, als ich Anlass hatte, einen Riesling ganz bewusst zu probieren. – Jonas Scheffler, Winzer-Azubi

Zum Wein indes kam er ganz unvorbereitet. „Ich habe mir nichts aus Wein gemacht, bis zu dem Tag, als ich Anlass hatte, einen Riesling ganz bewusst zu probieren“, erzählt er. Das sei ein richtiger Aha-Effekt gewesen. „Ich dachte: Wein ist doch gar keine schlechte Sache!“

Corona bestärkte den Beginn seines Interesses an Wein und Genuss. Da es kaum möglich war, auszugehen, begann er zu kochen und sich mit Geschmack, Aromen und Kulinarik zu beschäftigen. „Außerdem habe ich mich danach gesehnt, draußen in der Natur zu sein.“

So traf es sich gut, dass die Liebe Jonas nach Dresden brachte und somit in die Umgebung der sächsischen Weinkultur. „Als er sich bei uns beworben hat, war das eine sehr rasche Entscheidung: Er passte einfach hier her“, erinnert sich Amrei Niessen, die im Weingut Drei Herren in Radebeul als Ausbilderin und Betriebsleiterin arbeitet.

Ihre Idee war es auch, die Azubis Winzer ihres eigenen Weines werden zu lassen. Das Projekt „Junges Gewächs“ begann vor zwei Jahren. So heißt die Weinlinie, die von A bis Z vom Nachwuchs gekeltert, abgefüllt und vermarktet wird. Momentan sind das Jonas Scheffler und Clara Breibach. Beide lernen im dritten Lehrjahr und haben jeweils einen eigenen Weißwein und gemeinsam einen Rosé kreiert.

Junge Ideen: Rosé-Perl-Wein

Die Trauben dafür kauften sie in der Südpfalz und in Baden ein, einerseits weil die sächsischen rar sind. „Andererseits können wir uns die Rebsorte so frei aussuchen. Die Möglichkeiten in Sachsen sind ja begrenzt“, erklärt Jonas.

Junges Gewächs: Die Azubis im Weingut Drei Herren kreieren ihren eigenen Wein und stellen ihn auf der Messe Baden-Württemberg Classics vor.
Junges Gewächs: Die Azubis im Weingut Drei Herren kreieren ihren eigenen Wein und stellen ihn auf der Messe Baden-Württemberg Classics vor.
Quelle: Nadja Laske

Er hat sich für Chardonnay entschieden – fein und elegant. Clara für Huxelrebe – kraftvoll rebellisch. Gemeinsames Werk sind ein Rosé und ein Rosé-Perlwein. Der Wunsch, ihn zu keltern, war ungewöhnlich. Das gab es bei den Drei Herren so noch nicht. Aber genau das sei das Schöne: „Dass die jungen Leute Ideen mitbringen und die Älteren anregen“, sagt Amrei Niessen.

Von Anfang bis Ende selbstgemacht

Umgekehrt profitiert der Winzernachwuchs vom Erfahrungsschatz der Ausbilder. Das Besondere an der Ausbildung zum Winzer ist, dass die Azubis mit dem Jahreslauf lernen. Das heißt, sie haben nur drei Jahre lang Gelegenheit, alles zu durchlaufen – vom Anbau mit Rebschnitt, Pflanzenschutz und Pflege über die Ernte, den Transport, das Keltern, Abfüllen, Lagern und schließlich Vermarkten und Verkaufen.

„Das gefällt mir so sehr an diesem Beruf“, sagt Jonas, „dass von Anfang bis Ende alles selbst gemacht ist.“ Seine Begeisterung wird er am Wochenende vom 3. und 4. Mai auf der Weinmesse Baden-Württemberg Classics mit den Besuchern teilen. Und das Junge Gewächs natürlich.

Auch die Etiketten des Azubi-Weins gestalten die angehenden Winzer selbstständig. Sie haben sich darauf mit Bild und Namen verewigt.
Auch die Etiketten des Azubi-Weins gestalten die angehenden Winzer selbstständig. Sie haben sich darauf mit Bild und Namen verewigt.
Quelle: Nadja Laske

Die Azubis der Drei Herren haben nämlich die einmalige Chance, ihre eigenen Weine dort einer großen Öffentlichkeit zu präsentieren. Wer sich an ihrem Stand einfindet, wird erfahren, wie dieser junge Wein in die Flaschen kam, und nicht nur das. Auch das Etikett ist selbst kreiert, und zwar genau so, wie es die Auszubildenden wollten: Da das Weingut Drei Herren mit tiefer Liebe zur Bildenden Kunst verbunden ist, sollte ein Gemälde auf dem Etikett zu sehen sein, die Macher des Weines in charakteristischen Posen und ihre Namen.

Rund 40 Weingüter und Winzergenossenschaften aus Baden und Württemberg stellen sich an jenem Wochenende im Internationalen Congress Center Dresden vor und haben insgesamt 600 Weine, Sekte und Edelbrände dabei. Dabei spielen mehr denn je auch alkoholfreie Weine eine Rolle. Die Messe ist also selbst für Menschen, die keinen Alkohol zu sich nehmen, ein Genuss. Zudem präsentieren sich sächsische Weinbaubetriebe: Weinbau Frédéric Fourré, Weinhandwerk Meißen und Drei Herren.

Messe mit 40 Weingüter und 600 Weinen

Wenn Jonas seine Ausbildung beendet hat und als Geselle in die große Weinwelt hinauszieht, weiß er, wie man Wein herstellt und vermarktet. Ein Jahr lang wird er in einem anderen Weingut arbeiten, so sein Plan. Dann will er seine Meisterausbildung beginnen und sicher irgendwann neuen jungen Gewächsen den Boden bereiten.

SZ

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