Schwere Zeiten für den Autozulieferer Neue WMS Flocktechnik: Das Unternehmen, zu dem auch ein Werk im Salzenforster Gewerbegebiet gehört, kämpft mit wirtschaftlichen Problemen. Wie der Geschäftsführer Götz Domke mitteilt, wurde der Firma ein großer Auftrag kurzfristig gekündigt. Der Kunde habe die Bestellung an einen anderen Zulieferer vergeben, weil er sich davon vor allem logistische Vorteile erhoffe, erklärt der Chef. "Alle Bemühungen der Geschäftsleitung, den Auftrag noch zu retten, sind erfolglos geblieben", sagt er.
Das hat Konsequenzen. Wie der Chef mitteilt, war der Auftrag vor allem am Standort in Bautzen von "dominierender Bedeutung". Ohne diese Bestellung könne ein großer Teil der Kapazität des Werkes nicht genutzt werden, erklärt der Geschäftsführer. Das wiederum führe aber zwangsläufig zu hohen Verlusten. "Die Geschäftsleitung musste reagieren", sagt Götz Domke und erklärt, was damit gemeint ist.
Alle 34 Mitarbeiter im Bautzener Werk haben bereits eine Kündigung erhalten. Bis Ende Juli laufen ihre Verträge aber noch. So lange wird in dem Werk weiter produziert. Der Chef der Firma betont, ihm seien diese Kündigungen nicht leicht gefallen. "Dies gilt umso mehr, da es sich vielfach um langjährige und qualifizierte Mitarbeiter handelt", so Domke. Die Firma sieht sich zwar in der sozialen Verantwortung, wisse aber aufgrund der aktuellen Lage keine Alternative. Das heißt aber nicht, dass das Werk in Bautzen gar keine Chance hat. Noch hat das Unternehmen den Standort nicht komplett aufgegeben. Man arbeite mit Hochdruck daran, alternative Aufträge für Salzenforst zu finden, teilt der Chef der Firma mit und berichtet von den zahlreichen Gesprächen, welche die Geschäfts leitung jetzt führt, um die Arbeitsplätze zu retten. Da diese Gespräche aber erst begonnen haben, kann Götz Domke noch keine konkreten Aussagen dazu treffen, wie es am Standort nun weitergeht. Stattdessen berichtet der Chef von den Problemen in der Automobilindustrie, von rückläufigen Produktionszahlen, von Vorgaben, die dafür sorgen, dass viel Zeit vergeht zwischen der Vergabe des Auftrages und dem Produktionsbeginn. "Für ein Zuliefererunternehmen wie WMS bedeutet das eine nicht zu überbrückende Durststrecke", so der Geschäftsführer.
Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Wolmirstedt bei Magdeburg und besitzt neben dem Werk in Bautzen noch eines in Rumänien. Die Firma hat sich auf die Veredelung von Autoteilen spezialisiert. Dabei kommt ein bestimmtes Verfahren zum Einsatz. Die Mitarbeiter nutzen dafür sogenannte Flockfasern. Von einer Maschine werden diese auf eine mit Klebstoff beschichtete Oberfläche geschossen.
Elektrostatische Energie sorgt dafür, dass sich Millionen Fasern wie gewünscht ausrichten und am Ende eine hochwertige, weiche Oberfläche ergeben. Zum Beispiel bei Türklinken, Brillenfächern oder anderen Ablagen im Auto kommt diese Technik zum Einsatz. Zuletzt hatte das Unternehmen mit einem Großauftrag von Volkswagen auf sich aufmerksam gemacht. Das Werk in Salzenforst übernahm die Beflockung von Handschuhfächern für den VW Passat. Aber auch Zulieferer von Porsche, Mercedes, BMW und Jaguar gehören seit Jahren zu den Kunden. An Audi lieferte WMS sogar direkt.
Nicht zum ersten Mal muss das Werk in Bautzen durch schwere Zeiten gehen. Als 2009 die Automobilbranche in einer Krise steckte, verzeichnete die damalige Firma, die WMS-Flocktechnik, drastische Umsatzeinbußen – und musste sogar Insolvenz anmelden. Doch es ging weiter am Standort in Bautzen. Das Unternehmen wurde von der "Neuen WMS Flocktechnik" abgelöst.
Auch jetzt hat die Autoindustrie zu kämpfen. Aktuell werden in Deutschland weniger Autos gebaut als noch vor ein paar Jahren. Das geht aus den Zahlen des Verbandes der Automobilindustrie hervor. Demnach lag die Inlandsproduktion bei 5,3 Millionen Fahrzeugen. Das sind sieben Prozent weniger als im Vorjahr.
Ein Grund für den Rückgang ist ein neuer Abgas-Prüfstandard, der seit September in der EU gilt. Die neuen und gründlichen Tests führen dazu, dass noch nicht alle Modelle die Genehmigung für eine Neuzulassung besitzen. Einige Hersteller drosselten daher die Produktion.
Von Marleen Hollenbach
Foto: Uwe Soeder