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Besonderes Gemüse aus Döbra: So funktioniert die Grüne Kiste vom Spindlerhof

Familie Spindler hat in Döbra im Osterzgebirge einen Hof aufgebaut, auf dessen Feldern alte und ausgefallene Sorten wachsen. Wer eine der wöchentlichen Gemüsekisten abholt, erlebt immer wieder eine Überraschung. Und bekommt Rezepte dazu.

Lesedauer: 4 Minuten

Heike Sabel

Döbra. Thomas Spindler läuft durch die Reihen seiner Beete wie früher von Konferenz zu Konferenz. Reichlich zwei Jahre nach dem Wechsel vom Manager zum Bauern scheint er nie etwas anderes gemacht zu haben als Landwirtschaft. Das Brachland hinter dem Hof der Familie im Liebstädter Ortsteil Döbra hat er in einen Garten verwandelt. Dieses Jahr wachsen hier 90 verschiedene Sorten Gemüse und Obst. Neben Klassikern wie Buschbohnen und Wintersalat viele alte oder ausgefallene wie Stengelsalat, Haferwurzel, Forellenschluss und Winterheckenzwiebel.

Das zweite Jahr ernten die Spindlers so viel, dass er wöchentlich Grüne Kisten anbietet. Angefangen hat er 2023 mit 25, jetzt sind es pro Woche bis zu 60, die abgeholt oder gebracht werden. Seit Spindler einen „tollen Mitarbeiter” hat, ist noch mehr möglich, sagt er. Eine Kiste kostet 20 Euro, dazu kommen 3,50 Euro für die Lieferung. Die Kunden wohnen bis in Gohrisch, Rathen, Pirna, Berggießhübel, Dresden. Dazu kommen Gaststätten wie der Laurichhof, die Felsenbirne und das Hotel Zur Post in Pirna.

Ein ausgeklügeltes System

Silke Gorny aus Pirna und Heiko Kühne aus Cotta holen an diesem Tag ihre Kiste ab. Wer Zeit mitbringt, bekommt eine Führung durch den Spindlerschen Gemüsegarten dazu. Thomas Spindler erklärt Sorten und seine Philosophie. Es geht ihm um den Kreislauf der Natur mit Pflanzen, Tieren, Mensch, auch das Wetter gehört dazu.

Vor 180 Sträucher Beeren pflanzte er eine Wildhecke für die Vögel und dazwischen Obstbäume. Die Hecken brechen auch den Wind, wichtig für eine schräge und hoch gelegene Fläche. Etwa 80 Meter des Sträucher-, Hecken- und Baumbandes sind fertig. Im Herbst wird weiter gepflanzt.

Im Boden ist mehr Dampf, er fängt an zu leben. – Thomas Spindler, Gemüsebauer aus Döbra bei Liebstadt

Zum Kreislauf gehört der Wechsel der Gemüse. Wo jetzt Radieschen wachsen, wurden vorher Erbsen geerntet und kommt danach Grünkohl in die Erde. Die Bohnen sind dem Salat gefolgt. „Es ist ein ausgeklügeltes System, was wohin kommt“, sagt Spindler. Welchen Boden braucht eine Pflanze, was gibt sie ihm zurück, ist zu beachten.

Als Spindler auf der Fläche mit dem Anbau begann, hatte der Boden fünf Prozent Humus. Drei Jahre später sind es 20 Prozent. „Im Boden ist mehr Dampf, er fängt an zu leben“, sagt Spindler. Die das Erdreich durchwühlenden Regenwürmer sind der Beweis. Auch das ist ein Teil der Kreislauf-Philosophie von Spindler.

Die Kiste bestimmt den Speiseplan und Einkaufszettel

Über den Bohnen testet Spindler gerade Naturkautschuk-Planen. Die sind so dünn wie gelbe Säcke. Die Planen schützen vorm Wetter, sind hochelastisch, langlebig und widerstandsfähig. Außerdem ist Naturkautschuk ein nachwachsender Rohstoff, was ihn zu einer nachhaltigeren Option im Vergleich zu synthetischen Materialien macht.

Die Kiste, die Silke Gorny und Heiko Kühne an diesem Tag für ihre Familien abholen, wiegt 6,5 Kilogramm. Zur Kürbiszeit sind die Kisten schwerer. Mindestens 3,5 Kilogramm sichert Spindler zu. Heute sind zwei Zucchini, Möhren, Rote Bete, Radieschen, Fenchel, Kartoffeln, Salat und Stachelbeeren in der Kiste. Diesmal sind es weniger ausgefallene Sorten. Kühne freut sich trotzdem, zum Beispiel über die Beeren. Er hat sofort eine Idee, wie er den Inhalt der Kiste verarbeitet: Rote Bete-Carpaccio und Zucchini-Nudeln.

Ein Gruß der Sonne: die gelbe Bete. Sie ist das Lieblingsgemüse von Thomas Spindler.
Ein Gruß der Sonne: die gelbe Bete. Sie ist das Lieblingsgemüse von Thomas Spindler.
Quelle: Karl-Ludwig Oberthür

Bei Familie Gorny ähnelt das Auspacken der Kiste dem Öffnen eines Westpaketes früher. „Erst danach kaufen wir ein, was wir noch brauchen, die Kiste bestimmt unseren Speiseplan“, sagt Silke Gorny. Dank Spindler lernen sie immer wieder neue Sorten und Rezepte kennen. Den Stengelsalat zum Beispiel.

Als sie ihn zum ersten Mal in der Kiste fand, musste Silke Gorny erst einmal googeln. Die Stengel schmecken wie grüner Spargel. Oder Forellenschluss. Der Salat sieht aus, als ob Flecken hätte, hat er auch, aber keine, die ihm schaden. Schindlers Lieblingsgemüse ist die gelbe Bete. Sie ist so sonnig gelb wie die rote Sorte intensiv rot ist.

„Wir ackern jetzt wie blöde”

Der Porree ist geschossen und nicht mehr essbar, dafür hat er große runde Blütendolde mit vielen kleinen weißen, rosa und fliederfarbenen Blüten gebildet. Die sind Landestation für Insekten und lassen sich später super trocknen. „Das sieht genial aus“, sagt Silke Gorny.

Dieses Jahr will Spindler erstmals Getreide einfahren und Mehl machen. Nächstes Jahr wird der Gemüseanbau erweitert. Die meisten Pflanzen zieht er selbst. 800 bis 900 Pflanzen pro Tag. In der Juli-Hitze verlor er binnen drei Tage so viele. „Wir ackern jetzt wie blöde“, sagt Schindler. Ein Satz, der ihm früher nie über die Lippen gegangen wäre und der damals auch anders geklungen hätte. Jetzt klingt er nach: „Ich liebe diese Arbeit.“

Grüne Kiste mit Forellenschluss: Der Salat sieht aus, als ob er Flecken hätte. Hat er auch, aber keine, die ihn ungenießbar machen.
Grüne Kiste mit Forellenschluss: Der Salat sieht aus, als ob er Flecken hätte. Hat er auch, aber keine, die ihn ungenießbar machen.
Quelle: Karl-Ludwig Oberthür

Gespannt auf Speisechrysanthemen

Für die nächste Kiste kündigt Spindler Bohnen und Winterheckenzwiebel an. Er hat die mehrjährige, alte Zwiebel-Sorte zum ersten Mal angebaut. Ganz alt ist die Haferwurzel, die Spindler im Mai ebenfalls erstmals anbaute. Die Haferwurzel ähnelt der Pastinake und wird wie Gemüse gekocht. Schwarzkohl ist für ihn der Superkohl. Er sieht aus wie eine Palme und wächst nach. Demnächst werden Gornys, Kühnes und die anderen Kistenkunden auch Speisechrysanthemen in ihren Kisten finden. Die beiden Kunden sind gespannt, Spindler auch.

Der Winter ohne Grüne Kiste vom Spindlerhof wird wieder hart, sagt Silke Gorny. Zwischen Januar und Mai ist Pause, da wächst nicht genug für die Kisten. Voriges Jahr zu Weihnachten verkürzte eine neue gute Salatschleuder bei Gornys die Wartezeit auf die erste Kiste im Frühjahr.

SZ

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