Bis 2030 wird es keine Fernverbindung der Bahn zwischen Sachsen und Polen geben. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hervor. Demnach stehen weder Dresden-Görlitz-Breslau noch Berlin-Cottbus-Weißwasser-Görlitz-Breslau im Zielfahrplan des Deutschlandtakts 2030.
Allein die Kosten für Elektrifizierung und Teilausbau der 103 Kilometer von Dresden bis zur Grenze werden auf 513,4 Millionen Euro geschätzt. Ob die Finanzierung über das Elektrifizierungsprogramm des Bundes erfolgt, bleibt unbeantwortet.
Der sächsische Bundestagsabgeordnete der Grünen, Stephan Kühn, ist "fassungslos über die Kurzsichtigkeit" von Regierung und bundeseigener Bahn. Die Korridore Berlin-Breslau und Dresden-Breslau seien für die Entwicklung der Lausitz von enormer Bedeutung, sagt er. Vor dem EU-Beitritt Polens habe es mehr Direktverbindungen zwischen den Ländern gegeben als heute. Anders als die Deutsche Bahn sehe die polnische PKP dafür Potenzial. Er hatte die Nachbarn vor gut einer Woche besucht.
Für genannte Bahnlinien durch Ostsachsen setzt der Freistaat nun auf die zugesagten Milliarden für den Kohleausstieg in der Lausitz. "Der Freistaat beansprucht für beide Strecken die volle Finanzierung durch den Bund", heißt es auf SZ-Anfrage aus dem Wirtschaftsministerium – "prioritär über den Strukturwandel, weil diese Maßnahmen auch mit gesetzlichen Planungsbeschleunigungsmaßnahmen verknüpft sein werden". Ähnlich hatte sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer am Donnerstag nach einem Treffen der Premiers der Kohleländer mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) in Berlin geäußert. Unabhängig davon würden die Strecken zum Elektrifizierungsprogramm angemeldet, heißt es.
Beide Vorhaben hatten es nicht in den "vordringlichen Bedarf" des Bundesverkehrswegeplans 2030 geschafft, der Freistaat aber auf die Zusage von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vertraut, sie im gesonderten Elektrifizierungsprogramm des Bundes zu realisieren.
"Erst, wenn die Elektrifizierung erfolgt ist, besteht überhaupt wieder eine Chance auf Fernverkehr", heißt es vom Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien. Sprecherin Sandra Trebesius schätzt die Chancen für Dresden-Görlitz-polnische Grenze auch "positiv ein, weil der Freistaat die Vorplanung zur Elektrifizierung finanziert hat". Die zweite Planungsphase habe begonnen. Der ebenfalls berührte Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) kennt nach eigenem Bekunden nur den Abschlussbericht der Kohlekommission. Demnach soll Dresden-Görlitz bis 2024 ausgebaut werden.
Von Michael Rothe
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