Florian Reinke
Leipzig. Ob die Schuhe mit Leuchtfunktion, die E-Zigarette oder das ferngesteuerte Auto – Batterien und Akkus stecken in immer mehr Alltagsgegenständen, und vielen Verbrauchern dürfte das auch recht sein: Sie können sich über neue, oft spielerische Funktionen freuen. Doch so gelassen sehen das längst nicht alle. Die Entwicklung alarmiert die Entsorgungswirtschaft zunehmend: Landen diese Produkte eines Tages samt Batterie versehentlich in der Tonne für Papier- oder Plastikabfälle, kann es schnell gefährlich werden.
Was im schlimmsten Fall droht, hat sich etwa in Leipzig gezeigt: Vor nicht allzu langer Zeit geriet eine Halle, die unmittelbar an den Standort des Entsorgungsunternehmens ALBA Sachsen grenzt, in Brand. Über ein Jahr ist das nun her, Ruhe ist in der Kreislaufwirtschaftsbranche aber nicht eingekehrt – im Gegenteil.

Quelle: Dirk Knofe
Die Kreislaufwirtschaft warnt dieser Tage eindringlich vor Bränden in Entsorgungsfahrzeugen, auf Wertstoffhöfen oder in Anlagen – ausgelöst durch Lithium-Batterien. Wie es beim Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) heißt, kommt es bundesweit zu bis zu 30 Bränden täglich in Recycling- und Sortieranlagen, auf Betriebshöfen oder in Müllfahrzeugen.
Verband: Situation durch Batteriebrände „alarmierend“
Von einer „alarmierenden Situation“ ist beim Verband die Rede. Gerade erst hat er zusammen mit jeweils drei Branchen- und Feuerwehrverbänden ein Positionspapier veröffentlicht. BDE-Präsidentin Anja Siegesmund fordert ein schnelles Handeln der Politik. So setzt sich die Branche etwa für die Einführung eines Batteriepfandes ein, aber auch für eine Kennzeichnungspflicht für Batterien und ein Verbot von Einweg E-Zigaretten – oder zumindest ein Pfandsystem für Letztere.
Dass das Problem zunimmt, beobachtet auch der Landesfeuerwehrverband Sachsen. Brände bei Entsorgungs- und Recyclingunternehmen seien „oft mit viel Kräfte- und Mittelverschleiß verbunden“, sagt Verbandspräsident Gunnar Ullmann. „Je mehr diese zunehmen, desto größer sind die Belastungen für unsere Feuerwehren und natürlich sind diese auch nicht einfach für die Entsorgungsindustrie.“
Den Warnungen schließen sich nun auch die Geschäftsführer der ALBA Sachsen GmbH an. Das Unternehmen ist einer der großen Akteure in der sächsischen Kreislaufwirtschaft, in Leipzig kümmert es sich mit der Abfall-Logistik Leipzig (ALL), einem Gemeinschaftsunternehmen mit der Stadt Leipzig, um das Einsammeln von Wertstoffen und die Verwertung von Papier, Glas und Leichtverpackungen. Auch in Wurzen und Grumbach (bei Dresden) ist die ALBA Sachsen beispielsweise vertreten.
Brandgefahr ist beherrschendes Thema
Die Sorge vor Batteriebränden sei eines der beherrschenden Themen in der Branche, sagt Jürgen Naujok, einer der beiden Geschäftsführer des Unternehmens. „Wird eine Lithium-Batterie beispielsweise im Sortier- und Aufbereitungsprozess beschädigt, kann es zu spontanen bis explosionsartigen Entzündungen kommen.“ Auch der Brand in Leipzig im vergangenen Jahr sei „höchstwahrscheinlich durch eine Batterie ausgelöst worden“.
Nach Einschätzung von Branchenvertretern hat sich das Problem in den vergangenen Jahren verschärft, so sieht es auch Co-Geschäftsführer Matthias Staub. Immer mehr Geräte, Spielzeuge und Gegenstände enthielten Batterien. „Das fängt bei blinkenden Kinderschuhen und Glückwunschkarten an – und erstreckt sich bis hin zu den problematischen Einweg-E-Zigaretten“, sagt Staub.

Quelle: Kempner
Bei Verstößen droht Ausschluss von der Entsorgung
Bei ALBA appellieren sie daher eindringlich. „Alles, was einen Akku und eine Batterie enthält, darf keinesfalls in den Hausmüll oder die gelbe Tonne geworfen werden. Solche Gegenstände gehören zurück in den Supermarkt, den Fachhandel oder auf die Wertstoffhöfe“, sagt Co-Chef Naujok. Wer die Vorgaben missachte, riskiere die Infrastruktur und den Bestand von Sortier- und Entsorgungsanlagen.
In Leipzig belässt es ALBA dabei nicht mehr allein bei Appellen. Bei der Entsorgung von Leichtverpackungen (LVP) sei es am wirkungsvollsten, Abfallbehälter bei unsachgemäßer Befüllung stehenzulassen und den Bürger direkt zu konfrontieren, sagen die Geschäftsführer. Helfe auch das nicht, würden die Betroffenen vorübergehend von der LVP-Entsorgung ausgeschlossen – und müssten sich selbst um die kostenpflichtige Entsorgung kümmern. „Dieser Schritt hat uns zwar nicht selten Kritik und Unverständnis eingebracht, ist jedoch notwendig und zeigt bereits deutliche Wirkung“, sagt Geschäftsführer Naujok.
Alles, was einen Akku oder eine Batterie enthält, darf keinesfalls in den Hausmüll oder die gelbe Tonne geworfen werden.
Jürgen Naujok, Geschäftsführer ALBA Sachsen GmbH
Überblick zu Batteriebränden fehlt
Branchenverbände gehen davon aus, dass sich das Problem mit Batteriebränden in naher Zukunft weiter verschärft. Die Zunahme an batteriebetriebenen Elektrogeräten werde sich erst in den kommenden Jahren in der Entsorgung bemerkbar machen, heißt es beim Verband BDE. Allein 80 Millionen akkubetriebene Einweg-E-Zigaretten würden jährlich in Verkehr gebracht – ein adäquates Rücknahmesystem fehle.
Ein vollständiges Bild über die Anzahl der Batteriebrände in Sachsen zu bekommen, ist indes kaum möglich. Denn einen Überblick zur Anzahl der Brände gibt es offenbar nicht. Der Landesfeuerwehrverband etwa verweist auf das Sächsische Innenministerium, das wiederum auf das Ministerium für Landwirtschaft und Klimaschutz. Doch laut Letzterem wird die Anzahl der Brände in Entsorgungs- und Recyclingbetrieben nicht erfasst, bei größeren Bränden werden die Immissionsschutzbehörden informiert. Das Problem sei dem Ministerium aber bekannt, heißt es in Dresden. Bekannt ist etwa ein Fall aus dem Frühjahr: Im April war ein Feuer bei einem Entsorgungsbetrieb in Radeberg ausgebrochen, dass eine Batterie das Feuer auslöste, galt seinerzeit als möglich.
Bundesregierung soll Einführung von Pfandsystem prüfen
Im Sommer hatte sich auch die Umweltministerkonferenz mit dem Thema befasst. Im Beschluss heißt es, man sehe mit Sorge, „dass die Gefahr, die von nicht ordnungsgemäß entsorgten Batterien ausgeht, der Öffentlichkeit offensichtlich noch kaum bewusst“ sei.
Die Bundesregierung forderten die Minister der Länder auf, „sich für eine umfassende Verbraucherinformation und bessere Aufklärung der Nutzenden einzusetzen, die zur getrennten Entsorgung von Batterien sowie von batteriebetriebenen Elektronik- und Elektroaltgeräten verpflichtet sind.“ Auch solle die Bundesregierung die Umsetzbarkeit einer Pfandpflicht für ausgewählte Lithium-Batterien prüfen. Bis Ende November soll die Bundesregierung Bericht erstatten – dann treffen sich die Umweltminister erneut.