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Convenience-Ramen in Leipzig: Woher kommt der Hype um asiatische Tütensuppen?

Tütensuppe und Toppings wählen, selbst kochen, in fünf Minuten fertig: Seit einem Jahr gibt es im „Instant-Market“ im Leipziger Hauptbahnhof den ersten Convenience-Store Deutschlands mit Kochstation. Der Laden brummt – dank junger Kundschaft. Warum?

Lesedauer: 5 Minuten

Vincent Ebneth

Leipzig. Drei junge Menschen stehen an einer Theke. Sie schneiden vakuumverpackte Lebensmittel auf, legen sie in eine goldene Schüssel. Ein Knopfdruck – und Wasser fließt. Rühren, warten, rühren, warten. Nach fünf Minuten ist die Suppe fertig. Sie setzen sich an einen Tisch mit bunten Stühlen und machen sich über ihr Mittagessen her.

Ein ungewöhnliches Konzept: Suppe selbst kochen. Aber es kommt an. Es ist sogar ein kleiner Hype entstanden. In anderen Städten, zum Beispiel in Berlin, gibt es bereits Nachahmer. Was hat es damit auf sich?

Die Nudel-Regale im Instant Market bieten über 100 verschiedene Sorten Instant-Nudeln.
Die Nudel-Regale im Instant Market bieten über 100 verschiedene Sorten Instant-Nudeln.
Quelle: MAYLA LUEST

Tütensuppe direkt im Laden kochen

„Wir sind Deutschlands erster asiatischer Convenience-Store mit Kochstation“, sagt Phuong Anh Bui. Bitte was? Die 31-Jährige erklärt: „Bei uns kann man ausgewählte asiatische Produkte kaufen – und Ramen kochen, die direkt im Laden verzehrt werden können.“

Dazu suchen sich die Kunden erst die Suppe aus, danach die Toppings. Fünf Toppings kosten fünf Euro. Die Suppen bewegen sich preislich zwischen 1,10 und 4 Euro. Ein Euro Servicegebühr fürs Kochen kommt dazu – insgesamt deutlich günstiger als im Restaurant. Die Suppen plus Toppings gibt es auch zum Mitnehmen.

Tütensuppen-Hype: Das ist Ramen

Ramen ist eine japanische Nudelsuppe mit chinesischen Wurzeln, die aus Weizennudeln in einer würzigen Brühe besteht und mit Toppings wie Fleisch, Ei oder Gemüse serviert wird. Das Gericht hat sich in vielen asiatischen Ländern weiterentwickelt: In Südkorea gibt es Ramyeon, eine oft scharfe Instant-Nudelvariante, während in Vietnam eher Mì oder Phở verbreitet sind. Aber sie haben eins gemeinsam: Es gibt sie auch als Tütensuppe.

„In Korea, Japan, Vietnam und anderen Ländern sind solche Läden überall zu finden. Es gehört dort zum Lifestyle“, erläutert die in Vietnam geborene Leipzigerin. Sie und ihr Ehemann Richard Waldmann hatten irgendwann genug von ihrer Arbeit im Medizinsektor. Nun verkaufen sie Tütensuppen – und treffen einen Nerv.

In Korea, Japan, Vietnam und anderen Ländern sind solche Läden überall zu finden. Es gehört dort zum Lifestyle. – Phuong Anh Bui, Inhaberin „Instant-Market“

Viele Farben und Popmusik

Bunt und hell ist es im Instant-Market im unteren Geschoss der Promenaden im Hauptbahnhof. Asiatische Popmusik dudelt aus den Lautsprechern. Mehr als 100 Sorten Instant-Nudeln stehen im Regal. Dazu diverse Limonaden mit Passionsfrucht-, Lychee- oder Mango-Aroma. Allerhand Soßen, scharf, süß, sauer, rot, grün. Süßigkeiten und salzige Snacks. Aber das Herzstück ist die Kochstation.

Die weiß-schwarzen Geräte haben Phuong Anh und Richard aus Asien importiert, die Theke selbst gebaut, die hellblauen Fliesen in Handarbeit angebracht. „Phuong Anh hat zum ersten Mal in ihrem Leben gefliest“, erzählt Richard stolz. Die beiden haben viel Zeit, Kraft und Geld in den Shop gesteckt, sind ein finanzielles Risiko eingegangen.

An den Kochstationen ist zur Mittagszeit Betrieb. Richard Waldmann verrät: Nach der Schulzeit komme der nächste Run auf den Laden.
An den Kochstationen ist zur Mittagszeit Betrieb. Richard Waldmann verrät: Nach der Schulzeit komme der nächste Run auf den Laden.
Quelle: MAYLA LUEST

Der Laden ist ein Familienprojekt: Auch Phuong Anhs Mutter Mai Le hilft, schnibbelt und verpackt Toppings. Seit fast einem Jahr läuft das Geschäft – und wie! Der Mietvertrag wurde gerade um fünf Jahre verlängert.

Inhaberin Phuong Anh Bui erklärt, welche Toppings zu den ausgewählten Instant-Nudeln passen.
Inhaberin Phuong Anh Bui erklärt, welche Toppings zu den ausgewählten Instant-Nudeln passen.
Quelle: MAYLA LUEST

Instant-Market-Videos gehen viral

Was ist das Geheimnis? Warum kommt die junge Kundschaft in Strömen? „Viele vermissen Asien“, meint die Geschäftsführerin. Doch auch Social Media hat großen Einfluss. Auf TikTok und Instagram gehen Instant-Market-Videos weltweit viral.

Ramen liegen ohnehin im Trend. In Leipzig gibt es seit Jahren das Restaurant „Ramen 1974“, das kürzlich eine zweite Filiale eröffnete. Auch „Umaii Ramenbar“, „Takumi“ und „Krigami“ bieten traditionelle Suppen an. Doch der „Instant Market“ spricht ein anderes Publikum an: jung, überwiegend weiblich, wie Richard verrät.

Die Kundschaft scheint überzeugt. Sechs Teenagerinnen und Teenager stolpern zufällig in den Laden und beschließen, die Mittagspause ihrer Berufsschule hier zu verbringen. „Wir sind zum ersten Mal hier“, sagt einer, während die anderen ihre Toppings auswählen. Sie vergleichen ihre Schüsseln, haben sichtbar Spaß, zahlen und machen sich auf zur Kochstation.

Erst Tütensuppe wählen, dann die Toppings. Bezahlen und zur Kochstation. Dort müssen die Lebensmittel aus ihren Verpackungen befreit werden. Nach fünf Minuten ist die Suppe verzehrfertig.
Erst Tütensuppe wählen, dann die Toppings. Bezahlen und zur Kochstation. Dort müssen die Lebensmittel aus ihren Verpackungen befreit werden. Nach fünf Minuten ist die Suppe verzehrfertig.
Quelle: MAYLA LUEST

Ein junges Paar, das gerade fertig gegessen hat, ist extra aus Jena angereist – am freien Tag. „Wir waren vor einiger Zeit in Südostasien, da gibt es solche Läden an jeder Ecke.“ Heute wollten sie einfach mal wieder Tütensuppe. Und? „Schmeckt wie das Original.“

Drei weitere Gäste sitzen am Tisch – ebenfalls jung. Sie sind aus Naumburg angereist, angelockt von Videos auf Instagram und TikTok. Jetzt sind sie begeistert. Eine von ihnen zückt eine Polaroid-Kamera, will das Team vom „Instant Market“ festhalten. Ok? Kein Problem! Fürs Foto stellt sich sogar die Mama mit dazu. Alle lächeln.

Familie hinter der Kassentheke: Richard Waldmann, Mai Le und Phuong Anh Bui (v.l.).
Familie hinter der Kassentheke: Richard Waldmann, Mai Le und Phuong Anh Bui (v.l.).
Quelle: MAYLA LUEST

Gute Laune ist hier sowieso angesagt. Phuong Anhs positive Energie ist ansteckend. Sie, Richard und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen offen auf die Kunden zu, bieten Hilfe bei der Auswahl der Suppen und bei der Bedienung der Kochstation an.

Pläne für die Zukunft

Ihren „Instant Market“ wollen Phuong Anh und Richard schrittweise zur Marke ausbauen, vielleicht sogar expandieren. Bis es so weit ist, feilen sie weiter am Konzept und setzen auf neue Kooperationen. Eine lokale Herstellerin liefert ihnen frische Onigiris, japanische Reisbällchen.

Auch Nachhaltigkeit ist ein Thema. „Wir wollen den Plastikverbrauch reduzieren“, sagt Phuong Anh. Doch bei in Plastik verpackten Convenience-Produkten ist das schwierig. Beim Topping-Buffet soll sich dennoch etwas ändern – ohne mehr Lebensmittel wegwerfen zu müssen. Dank Vakuumierens bleiben die Zutaten länger haltbar. „Wir schmeißen so gut wie nichts weg“, betont sie.

Trotz der vielen Arbeit haben Phuong Anh und Richard ihre Entscheidung nie bereut. „Natürlich ist es anstrengend, und wir sehen unseren Sohn seltener, als wir es gern würden“, gibt Richard zu. Doch der Erfolg und das positive Feedback ihrer Kunden bestärken sie jeden Tag. „Es macht einfach Spaß zu sehen, wie unser Laden die Leute begeistert“, sagt Phuong Anh – und schon ist die quirlige Frau beim nächsten Kunden und erklärt das einzigartige Konzept. Natürlich mit einem Lächeln im Gesicht.

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