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Dachdecker dringend gesucht

Noch in diesem Jahrzehnt werden bundesweit 300.000 neue Mitarbeiter gebraucht, um die Energiewende zu meistern. Das stellt vor allem den Osten vor Probleme.

Lesedauer: 2 Minuten

Ein Dachdecker arbeitet auf einem Solardach.
Gefragt wie selten zuvor: Dachdecker, die sich auch mit Solarinstallationen auskennen. Foto: Adobestock

Von Annett Kschieschan

Dresden. Genau 1.195 Stellen wurden im November im sächsischen Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge pro 10.000 Beschäftigte ausgeschrieben. So zeigt es der Jobmonitor der Bertelsmann Stiftung an, der deutschlandweit mit den Daten der Arbeitsagenturen gefüttert wird und online abrufbar ist. Für die Region zwischen Sebnitz und Dippoldiswalde ist das eine Steigerung zum Vorjahreszeitraum um mehr als 200 Prozent. Ein deutscher Spitzenwert, vielleicht ein monatlicher Ausrutscher, aber dennoch ein Symptom für ein Problem, das immer drängender wird. Der Fachkräftemangel setzt dem Land zu. Und er verschärft sich, weil die Energiewende nur gelingen kann, wenn genügend Menschen da sind, die sie umsetzen. Insgesamt ist die Nachfrage nach Beschäftigten in den Branchen Wind und Solar zwischen 2019 und 2022 um 91 Prozent gewachsen.

Noch immer zu viele Auspendler
Tendenz steigend, wie eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung zum Fachkräftemangel in der Energiebranche zeigt. Demnach werden noch in diesem Jahrzehnt etwa 300.000 neue Dachdecker, Klimatechniker, Solar- und Windkraftspezialisten gebraucht. Vor allem die Solarbranche sucht dringend nach Mitarbeitern. Hier hat sich die Zahl der Stellenanzeigen bis 2022 verdoppelt, 2023, das legen die Zahlen für das erste Halbjahr nahe, wird wohl ein neues Rekordjahr in Sachen Fachkräftemangel im Energiesektor werden. Der zukunftsträchtigste Beruf für die nächsten Jahre ist dabei offenbar der des Dachdeckers. Die Nachfrage war hier im ersten Halbjahr 2023 bereits höher als 2022 insgesamt. „Die stark steigende Nachfrage in den Bereichen Wind und Solar zeigt vor allem eines: Um den Ausbau der regenerativen Energien zu schaffen, müssen wir deutlich mehr in die Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften investieren“, sagt Jana Fingerhut, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung.
Doch das ist nicht so einfach. Zum einen, weil es nun einmal inzwischen generell an Arbeitskräften mangelt. Und zum anderen, weil der Bedarf regional sehr unterschiedlich ausfällt. Im Norden Deutschlands stehen die meisten Windräder. Hier werden dementsprechend vor allem Windkraft-Profis gebraucht, während in Süd-, aber auch in Ostdeutschland das Gros der Solarenergie erzeugt wird. Die meisten Stellen im Solarbereich pro Beschäftigten gab es laut dem Jobmonitor im Jahr 2022 in Sachsen, Brandenburg, Berlin und Bayern. Aber wer besetzt diese Stellen? Gerade die ostdeutschen Bundesländer verzeichnen noch immer eine große Zahl an sogenannten Auspendlern, also Menschen, die etwa in Sachsen leben, aber in anderen Bundesländern – häufig in Westdeutschland – arbeiten. Reichlich 152.000 waren es 2023. Zwar steigt inzwischen auch die Zahl der Einpendler, also der Beschäftigten, die von außerhalb zur Arbeit in den Freistaat kommen. Sie liegt aber immer noch unter der der Auspendler. Dazu kommt, dass es schon am Nachwuchs mangelt. Seit Jahren bleiben zahlreiche Lehrstellen unbesetzt. „Die steigende Nachfrage in der Solarbranche verschärft die Konkurrenz um die ohnehin knappen Fachkräfte“, so Jana Fingerhut.

Teilqualifizierung hilft weiter
Das Problem: Wer in der Energiebranche arbeiten will, braucht in den meisten Fällen erst einmal eine fundierte Ausbildung. Hilfskräfte würden in den von der Bertelsmann Stiftung betrachteten Berufen nur selten gesucht. Chancenlos seien Quereinsteiger aber trotzdem nicht. „Unternehmen nennen in Anzeigen gerne eine Wunsch-Qualifikation, weil sie Facharbeiter flexibler einsetzen können“, erläutert Roman Wink, Arbeitsmarktexperte der Stiftung.
Weiterbildung und Qualifizierung bleiben demnach die wichtigsten Instrumente, wenn es darum geht, Fachkräfte für die Umsetzung der Energiewende zu finden, so die Einschätzung des Experten. Häufig würden zum Beispiel Menschen mit praktischer Erfahrung oder handwerklichem Geschick gesucht. „Viele Energieunternehmen bilden derzeit neue Mitarbeiter mittels Teilqualifizierungen, etwa für die Montage von Solarpaneelen, weiter“, so Wink.

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