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Das Trio, das aus Klee Geld macht

Vierblättriger Klee bringt Glück. Kleepura ist ein Bio-Dünger, der in Dresden erfunden wurde. Teil 3 der Serie "Genial Sächsisch".

Lesedauer: 3 Minuten

Besprechung am Vormittag. Auf dem kleinen Konferenztisch der Grünerdüngen GmbH stehen Wasser, ein Teller mit geschnittenen Apfelstückchen und eine Schale mit dunkelgrünen Stäbchen. Letztere sind eigentlich zum Düngen gedacht. Dass sie direkt neben dem Obst stehen, ist kein Versehen. Schließlich könnten die Anwesenden gern zugreifen und sie sich schmecken lassen. Die etwa anderthalb Zentimeter langen Röllchen bestehen komplett aus getrocknetem, gepresstem Klee. Das macht sie zum ersten hundertprozentigen Bio-Düngemittel auf dem Markt. Auf die Felder und in die Gärten haben sie ein paar findige Dresdner gebracht.

In jedem der kleinen Pellets steckt Wissenschaft. Die beiden Firmengründer Simon Scheffler und Torsten Mick lernten sich vor ein paar Jahren an der HTW Dresden kennen. Im Ökologischen Landbau forschte Simon Scheffler ab 2013 an einem Düngemittel für den Bio-Gemüseanbau, in dem weder Schlachtabfälle noch Reststoffe aus der konventionellen Landwirtschaft zu finden sind. Der Schlüssel dazu war letztlich der Klee. „Die Pflanze geht eine spezielle Verbindung ein, die wir uns zunutze machen“, erklärt der Gartenbauingenieur. Sie ist ein ganz besonderer Speicher.

Während der Klee wächst, lagern sich sogenannte Knöllchenbakterien aus dem Boden an seinen Wurzeln ab. Dort bilden sie kleine Verdickungen. Durch diese Symbiose wird es möglich, dass die Bakterien Stickstoff aus der Luft und andere wichtige Nährstoffe direkt an der Wurzel binden. „All diese Dinge kommen also ganz automatisch ins System, ohne dass ich etwas dafür tun muss“, erklärt Scheffler. Im Klee steckt Power. Im damaligen Forschungsprojekt schaute er sich genau an, welche Kleesorten sich am besten eignen, wie sie effektiv angebaut und geerntet werden.

Die gute Idee sollte nicht im Labor bleiben. Im Großraum Dresden und in Brandenburg fanden Scheffler und Mick Bio-Landwirte, die ihre Kleesorten anbauten. Für die Bauern kein Problem. Denn Klee ist sowieso ein Teil der natürlichen Fruchtfolge auf ihren Feldern, um die Böden fruchtbarer zu machen. Nun wird der Klee danach sogar noch effektiv genutzt. Gleich mehrfach kann er pro Saison geerntet werden. „Wir lassen ihn auch nur dort anbauen, wo er nicht in Konkurrenz zu anderen Ackerprodukten ist“, erklärt Torsten Mick. Vom Feld wird er direkt in eine große Trocknungsanlage gebracht und am Ende zu Stäbchen gepresst. In riesigen Säcken landen die dann im Lager der Grünerdüngen GmbH, wo sie abgefüllt werden.

Unter dem Namen Kleepura verkauft das Unternehmen den Bio-Dünger seit 2017. Anfangs nur im eigenen Onlineshop sowie in Bio- und Naturwarenläden, heute auch in ausgewählten Baumärkten. „Unser Produkt kostet natürlich etwas mehr“, sagt Mick. Das sei aber normal, weil die Produktion Geld kostet und dabei eben keine Reststoffe gewinnbringend entsorgt werden. „Die Landwirtschaft leistet sich das nur bedingt. Als Kunden haben wir deshalb eher biobewusste Hobby- und Kleingärtner im Blick mit Sinn für Nachhaltigkeit.“

Vor zwei Jahren gab es für Kleepura den Sächsischen Umweltpreis. Als erster Bio-Dünger weltweit erhielt es außerdem eine Naturland-Zertifizierung, eines der wichtigsten Bio-Siegel. Demnächst soll die Produktion noch nachhaltiger werden. Für die Trocknung des Klees könnte bald Restwärme effektiv genutzt werden.

Mit ihrer Idee zum Klee sind Scheffler und Mick noch längst nicht am Ende. Im Team ist heute auch Miriam Knödler, die sich um Vertrieb und Marketing kümmert. Gerade arbeiten sie gemeinsam an längeren Stäbchen, die für das Düngen von Topfpflanzen verwendet werden können. Auch eine mit Kleepura versetzte Topferde ist in Planung. Nächste Entwicklung soll ein Granulat zum Rasendüngen sein. Für ihr neues Gartenkalk-Produkt wagt sich das Grünerdüngen-Team an ein neues Thema: das Upcycling, also das Weiterverwenden und Aufwerten von Reststoffen.

Mit einem Partner aus der Lebensmittelbranche wollen sie dafür den Kalk verwenden, der dort bei der Aufbereitung von Trink- und Brauchwasser anfällt. Dort werden feinste Kalk-Schwebestoffe aus dem Wasser entfernt. Kalk, der sich noch nutzen ließe. „Dabei handelt es sich natürlich um sogenanntes Erstwasser, das also gar nicht mit dem Menschen oder Medikamenten in Kontakt gekommen ist“, erklärt es Scheffler. Großer Vorteil: Für diesen Gartenkalk müsste kein fossiler Rohstoff genutzt werden. Es soll nicht die letzte so genutzte Möglichkeit bleiben. Konventionelle Rohstoffe wieder zurück in den Kreislauf zu holen, sie aufzuwerten, damit sie nicht verloren gehen, das ist heute ebenfalls Ziel der Dresdner Grünerdüngen GmbH.

Dafür muss Dominik Scheffler in den nächsten Jahren nicht nur aufs Versuchsfeld nach Pillnitz, sondern vor allem auch ins Labor. Welche Stoffe lassen sich nutzen und was bringen sie den Pflanzen? Und wie können sie Bauern und Kleingärtnern helfen? „Neben unseren reinen Bio-Produkten geht es in Zukunft bei unserer Produktpalette auch um die nachhaltige Nutzung von konventionellen Rohstoffen“, sagt Torsten Mick. Denn schließlich könnte auch damit deutlich grüner gedüngt werden.

Noch ist das Unternehmen in den Räumen der Gründerschmiede der HTW Dresden untergebracht. Dort werden Start-ups in den ersten Jahren unterstützt. In wenigen Monaten will die Grünerdüngen GmbH eigene Büroräume beziehen. Dass sie mit ihrer Erfindung einen Nerv bei den Kunden getroffen haben, zeigen auch die Anrufe und E-Mails, die sie von ihnen bekommen. Wie viele Hände Dünger brauchen die Tomaten? Wie wachsen Kräuter richtig? „Es gibt immer mehr Menschen, die im Einklang mit der Natur gärtnern wollen“, sagt Dominik Scheffler und greift zu einer Apfelspalte. Aber gleich danach zum Düngestäbchen.

Insgesamt elf Erfindungen stellt die Sächsische Zeitung in ihrer Serie „Genial Sächsisch“ vor.

Von Jana Mundus

Foto: © Thomas Kretschel

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