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Der größte Ingenieurdienstleister im Osten

Mathias Reuschel formte S&P in Leipzig zu einer Firma mit 550 Beschäftigten und engagiert sich vielfältig gesellschaftlich.

Lesedauer: 4 Minuten

Zwei Männer stehen vor einem ehemaligen Verkehrsdepot.
Mathias und Felix Reuschel im alten Straßenbahnhof in Leutzsch. Foto: Andre Kempner

Von Ulrich Milde

Leipzig. Was lange währt, wird endlich gut. Zehn Jahre hat der Prozess gedauert, jetzt wurde dieser zum Abschluss gebracht. Die Leipziger S&P-Gruppe hat den alten Straßenbahnhof mit seinen eindrucksvollen Depothallen im Stadtteil Leutzsch den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) abgekauft. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Diese ungewöhnlich lange Dauer zwischen ersten Gesprächen und Vertragsabschluss habe „nicht an den LVB gelegen“ sagt Mathias Reuschel, Vorsitzender des Firmenverbundes, „sondern an der sehr komplexen Gemengelage.“ In Summe habe der Entscheidungsprozess „aber viel zu lange gedauert“. Mit Folgen. 40 Angestellte der Gruppe haben ihre Büros derzeit in Schkeuditz. Wäre es mit dem Kauf schneller gegangen, „wären sie hier in Leipzig“, ist der 67-Jährige sich sicher.
„Zwischenzeitlich war ich bei uns der Einzige, der noch an die Verwirklichung geglaubt hat“, erinnert er sich. Seine Kollegen hätten die von ihm immer wieder vorgetragene Absicht „nicht mehr hören“ können. „Selbstverständlich mussten wir uns aus unternehmerischer Vernunft und Verantwortung mit Alternativen beschäftigen“, bekräftigt Felix Reuschel. Der Sohn ist unter anderem Geschäftsführer der S&P Information Technologies GmbH. Doch die Hartnäckigkeit zahlte sich aus und die Vision steht nun vor der Realisierung. „Am Ende war es eine gemeinsame Entscheidung von allen Partnern, trotz der enormen unternehmerischen Herausforderungen, dranzubleiben“, ergänzt Mathias Reuschel.

Neue Zentrale in der Planung
Dabei hat die Firma, die schon länger weit mehr ist als eine reine Bauplanungsgruppe ist, mit dem 11 000 Quadratmeter umfassenden Areal Großes vor. Zum einen soll dort der neue S&P-Campus entstehen. „Allein in Leipzig zählen wir inzwischen neun Standorte“, berichtet Mathias Reuschel. Es sei von fundamentaler Bedeutung und unternehmerisch zwingend notwendig, sie zusammenzuführen. „Nun haben wir die Sicherheit, welche wir für unsere weitere Entwicklung dringend brauchen.“ Perspektivisch werden dort 300 der 550 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz erhalten. Weitere Beschäftigte arbeiten unter anderem in Dresden, Potsdam, Zwickau, Schkeuditz und Weimar.
Doch damit nicht genug. Das Gelände soll einen Mehrwert für Leutzsch und seine Bewohner darstellen. „Wir wollen das nicht losgelöst von den Menschen hier sehen.“ Deshalb werde die Fläche nicht eingezäunt. „Wir möchten gern dazu beitragen, dass durch unsere Investition weitere Angebote in unmittelbarer Nähe entstehen. Eine Schule und neue Wohnungen sind auf dem Gebiet des Bahnbogen Leutzschs bereits fest vorgesehen. Gastronomische und medizinische Versorgung sowie die Möglichkeit zur sportlichen Betätigung könnten ebenso sehr gut Platz finden“, konkretisiert Mathias Reuschel.

Regional verwurzelt
Das alles belegt: S&P im Allgemeinen und Mathias und Felix Reuschel im Besonderen blicken über den unternehmerischen Tellerrand hinaus, engagieren sich in und für Leipzig, haben das Gemeinwohl im Blick. Der Chef etwa ist unter anderem Präsident des Wirtschaftsvereins „Gemeinsam für Leipzig“, Vorsitzender des Hochschulrats der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) und steht dem Leipziger Tennisclub vor, der auch in diesem Sommer wieder die „Leipzig Open“ veranstaltete. Das größte Tennisturnier in Ostdeutschland holt so einen Großteil des Glanzes früherer Wettkämpfe, an denen auch Tennis-Ikone Steffi Graf teilnahm, regelmäßig in die Messestadt zurück. Eingebunden waren ein Wirtschaftsturnier sowie ein Kinderturnier.
Es gehe darum, vor Ort einen Beitrag zu leisten, begründen Vater und Sohn ihr Engagement. „Die regionale Verwurzelung und damit einhergehend die gesellschaftliche Verantwortung sind ein wesentlicher Teil unserer Unternehmens–DNA, welche durch alle Partner entsprechend getragen und tagtäglich gelebt wird.“ erläutert der Senior. Er pflegt enge Kontakte zu den Verantwortlichen in der Politk, um die Interessen der regionalen Wirtschaft zu vertreten, hebt, wenn erforderlich, seine mahnende Stimme.
S&P hat sich zum einem ostdeutschen Vorzeigeunternehmen gemausert. Die erste Unternehmung wurde 1991 als Sahlmann und Partner GbR gegründet. „Wir haben mit 15 000 D-Mark Kapital angefangen“, erinnert sich Mathias Reuschel, der zuvor an der Technischen Hochschule Leipzig tätig war. Bei der Gründung habe es sich nicht um das Ergebnis eines gründlich erarbeiteten Firmenkonzepts gehandelt. Es sei vielmehr der Start von vier Menschen gewesen, die von ihren Kompetenzen in Statik und Fassadenplanung überzeugt gewesen seien und sich uneingeschränkt als Fachleute, aber auch als Partner vertrauten, so der promovierte Bauingenieur.
Er und seine Partner haben daraus mit viel Fleiß und Engagement eine Gruppe aus neun Bauplanungs- und Software-Gesellschaften sowie zwei Prüfanstalten (MPFA und IFBT) geformt, eine Bündelung von Spezialwissen, geeignet auch für komplexe Herausforderungen. Die Unternehmen sind Partner im Bauwesen, ob bei der Prüfung und Zulassung von Produkten, Planungsleistungen, IT-Consulting oder Softwareentwicklung. Nur selbst bauen, das findet bei der S&P-Gruppe nicht statt. Sie arbeitet für alle, die Gebäude errichteten und betreiben. Zudem sei der Verbund für die europäische Bauindustrie in der Forschung und Entwicklung ihrer Bauprodukte in Deutschland und Europa tätig, von der Idee über die Konstruktion bis zur Zulassung und konkreten Planung. Die S&P SCS (Software Consultings + Solutions) schreibt anschließend die Anwendungssoftware. „In der Baubranche ist mir etwas Vergleichbares in Europa nicht bekannt“, sagt der Vater. Natürlich habe es im Verlauf der Jahre Höhen und Tiefen gegeben. „Aber da wir eine Gruppe sind, konnten wir alle Herausforderungen gemeinsam meistern“, berichtet er. Das sei der Vorteil des Firmenverbundes.

Enger Kontakt und die Zusammenarbeit mit Hochschulen sind zudem wichtiger Bestandteil des Handelns. „Wir fangen mit den jungen Menschen nicht erst an zu arbeiten, wenn sie bei uns sind“, sagt Felix Reuschel, der in Dresden Architektur studierte und dem später einen MBA-Abschluss an der Leipziger Manager-Schmiede HHL folgen ließ. S&P-Führungskräfte halten Fachvorträge an den Lehreinrichtungen, Werkstudenten und Praktikanten sind selbstverständlich. Inhaltlich und finanziell werden Forschungsvorhaben, etwa zum Einsatz von Carbon und Holz als Baustoff, oder die gezielte Luftentkeimung mittels UVC-Strahlen in Klassenräumen unterstützt oder eigenständig maßgeblich vorangetrieben. Die maßgeblichste Chance und Veränderung in der Baubranche ist die Digitalisierung. Auch hier weise S&P Spezialwissen auf. „Wir haben eine hohe Kompetenz“, sagt der 41-Jährige, „und wir teilen dieses Wissen sehr gern – denn nur gemeinsam können alle Beteiligten diese Potenziale heben.“
Überhaupt, die IT-Sparte werde ein Bereich „mit weiterem Wachstum sein“, so der Junior, der auf die Kooperation mit Start-ups viel Wert legt, um stetig frische Impulse zu erhalten.
In zwei Jahren soll der erste Bauabschnitt der wohl größten Ingenieurgesellschaft in den neuen Ländern auf dem alten Straßenbahnhof bezugsfertig sein. „Wir bleiben ein zutiefst regional verwurzeltes Unternehmen und blicken positiv und voller Zuversicht nach vorn“, sagt Felix Reuschel. Denn was das angeht, hat S&P von jeher einen langen Atem.

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