Von Luisa Zenker
Dresden. Die schwarzen Lederstiefel von Heinrich Müller glänzen im Licht der Lampen. Für den 54-Jährigen sind das keine gewöhnlichen Leuchten, sondern lebendige Baustoffe, mit denen er zwischen hell und dunkel spielen kann, wie mit dem Klavier, an dem er locker angelehnt steht. An diesem Spätsommerabend feiert der Lichtdesigner mit Jazzklängen sein dreißigjähriges Bestehen im Dresdner Viertel Leubnitz-Neuostra.
„Ich wollte nie einen gewöhnlichen Lampenladen“, beginnt er seine Geschichte als Elektronikhandwerksmeister zu erzählen. Heinrich Müller wollte lieber Licht machen. Als er sein Lichtstudio 1993 im Dresdner Osten eröffnete, machte ihm zufolge ein Lampenladen nach dem nächsten dicht. Doch Heinrich Müllers Konzept zeigte Erfolg. Sein Büro plant seitdem das Licht für Bürogebäude, Villen, Museen, Bibliotheken und Kirchen. In Dresden sorgte er etwa für die historische Anstrahlung der Kreuzkirche, hüllte die Ausstellungsräume des Verkehrsmuseums in schummriges Licht und bescherte dem Luisenhof seine gemütliche Weinatmosphäre. „Licht und Schatten müssen sich gegenseitig Kraft geben“, erklärt Müller sein Geheimrezept. Damit hat Müller auch außerhalb von Deutschland seinen Ruf weg. In den 1990ern sorgte er für das richtige Licht einer russischen Oligarchenfamilie und beleuchtete eine Villa in Prag. Das Lichtstudio berät, designt und installiert die hellen und dunklen Seiten im Gebäude. Mit einem Umsatz von 2,5 Millionen Euro schwimmen seine Lichtideen sogar auf den Jachten über die Weltmeere herum.
Zwei Azubis am Start
Weil sich der Handwerker in so eine Nische begeben hat, kann und will er nicht meckern. Konkurrenz durch Lieferkonzerne wie Amazon fürchtet er nicht. Möglicherweise, weil seine Klientel auch eine ist, die sich allein eine Lichtplanung von 1.000 Euro in der Wohnung leisten kann. Vielmehr ist der Chef beunruhigt um seine Fachkräfte. „Jeden Tag mache ich mir Sorgen, ob ich meine Mitarbeiter zu hart angesprochen habe.“ Zwei Auszubildenden lehrt er gerade das Spiel mit dem Licht, doch die Suche sei schwierig. „Ich nehme jeden Faden auf und suche.“ Mit der Zeit ist er auf zehn Mitarbeiter und drei Etagen gewachsen.
Lichtplaner, Designer, Elektrotechniker arbeiten bei ihm. Die Lichtgestaltung habe sich innerhalb der vergangenen 30 Jahre verändert. Smart Housing, LED-Lampen, Gesundheit – die Verbindung zwischen Elektronik und Design wurde enger. Über das Licht könne man viel steuern: Rotes Licht aus den richtigen Ecken im Raum helfe am Abend zur Beruhigung. Blaues Licht sorge dagegen für produktives Arbeiten. „Das darf auch ruhig mal direkt von der Decke kommen“, so der Elektriker zwischen seinen Lampen, die mal eckig, mal rund, von unten und von oben, blauweiß bis goldgelb den Raum erhellen. Oder verdunkeln.