Die Firma Max Knobloch Nachf. bezeichnet sich selbstironisch als älteste deutsche Briefkastenfirma. Auf ihrer Internetseite zählt sie die Wochen: Am Dienstag stand der Zähler bei 1795. Nach 150 Jahren ist die Firma Knobloch technisch auf der Höhe der Zeit, aber immer noch eine Manufaktur. Auf der einen Seite werden bei der Produktion CNC-Maschinen eingesetzt und rotiert in der Farbgebung eine Mikrogasturbine, die nicht nur Strom für die Produktion produziert, sondern auch Wärme zum Trocknen der gereinigten Blechteile. Auf der anderen Seite fällt noch ganz viel manuelle Blechbearbeitung an, sagte Kolbe. "Die gut gesteuerte Produktion in Losgröße eins ist die Herausforderung."
Masse ist nicht die Sache der Firma Knobloch – den Briefkasten für 29,99 Euro können die Chinesen viel besser herstellen, meint Kolbe. "Den größten Anteil unserer Produktion machen Briefkastenanlagen für Mehrfamilienhäuser aus." Dazu kommen noch kleinere Briefkästen für Ein- und Zweifamilienhäuser. Auch diese im höheren Preissegment. Wer sich für viel Geld ein Haus baut, will auch einen ordentlichen Briefkasten vor der Tür stehen haben. "Unsere Stärke sind Individualität, Design und Qualität", sagte Kolbe. Damit hat die Firma im vergangenen Jahr rund 13 Millionen Euro umgesetzt.
Anpassen musste sich die Firma in 150 Jahren immer. Den klassischen Briefkasten gibt es vielleicht noch 10 oder 15 Jahre. Das nächste Thema ist der Paketempfang. Kolbe ist nicht bange vor der Zukunft. "Es wird immer etwas am Haus vorhanden sein, wo etwas übergeben werden kann. Heute ist es der Briefkasten, morgen vielleicht etwas Größeres." Möglicherweise teilen sich mehrere Leute einen Kasten, der nur bei Bedarf bestückt wird. Die Firma Knobloch arbeitet am Briefkasten von morgen. "Wir reden intensiv mit der Wohnungswirtschaft und arbeiten im DIN-Ausschuss mit, der die Normen festlegt", sagte Kolbe.
Ihre größten Umsätze macht der Betrieb vor allem in Deutschland, ist aber auch im Ausland aktiv. Der eigene Vertrieb mit allein 30 Mitarbeitern im Innen- und Außendienst sei die große Stärke der Firma, sagte Kolbe. "Es ist niemand zwischengeschaltet, der uns Preise und Sortiment diktiert." Die Firma Knobloch habe eigene finale Produkt und sei nicht als Zulieferer von anderen abhängig.
In den vergangenen Jahren hatte die Firma immer weiter zugelegt. Mittlerweile arbeiten 170 Mitarbeiter teilweise in drei Schichten. Die Platzfrage hatte Knobloch lösen können. "Wir haben vor zwei Jahren das Nachbargrundstück gekauft." In dem Gebäude, bis dahin von Sachsen Caravan genutzt, hat die Firma ihr zentrales Logistikzentrum eingerichtet. Teile der Produktion, die bis dahin noch am zweiten Standort Waldheimer Straße angesiedelt waren, zogen an den Hauptstandort im Gewerbegebiet Ost 1b um. "Wir hatten an der Waldheimer Straße wegen der Wohnbebauung das Problem, nicht in drei Schichten produzieren zu können. Es war wie ein Sechser im Lotto, dass wir das Nachbargrundstück kaufen konnten", sagte Kolbe. Mit der Personalnot hat die Firma wie viele andere zu kämpfen. "Bisher haben wir aber noch jede Stelle besetzen können", sagte der Geschäftsführer. Die Firma ist umtriebig, bietet Ferienarbeit und Praktika an, geht auf Ausbildungsmessen, um den Nachwuchs zu interessieren. Derzeit lernen drei junge Leute in der Firma. "In diesem Jahr werden wir noch drei Azubis einstellen", so Kolbe.
Briefkästen gehörten schon vor über 100 Jahren zum Portfolio der Firma. Ein bisschen Nostalgie hängt auch noch an einem anderen Geschäftszweig. Knobloch baut immer noch elektrische Bahnheizköper etwa für die Berliner S-Bahn. "Der basiert auf einem Siemenspatent von 1926. Das ist aber eher Hobby", sagte Kolbe. Ganz gut nachgefragt sind die "Knoblochstrahler", Infrarotstrahler, die früher in den Bädern der Plattenbauten für Wärme sorgten. "Die Wohnungsgesellschaften ordern die Strahler immer noch. Irgendwann wird diese Produktion aber einschlafen."
Von Jens Hoyer
Foto: André Braun