Ihr Name klingt gewaltig. Er symbolisiert die großen Auswirkungen dieser Stoffe. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK, sind unsichtbare, aber gefährliche Begleiter bei vielen Arbeiten. Sie entstehen bei der Verbrennung von Holz, Kohle oder anderen organischen Stoffen und haften hartnäckig an der Haut. Besonders betroffen sind Feuerwehrleute, Schornsteinfeger und Gleisarbeiter. Diese krebserregenden Stoffe schädigen nicht nur die Haut, sondern führen auch zu schweren Erkrankungen wie Kehlkopf- oder Harnblasenkrebs. Herkömmliches Waschen entfernt PAK nicht – im Gegenteil. Die Seife greift die natürliche Hautbarriere an und lässt die Schadstoffe sogar noch tiefer eindringen. Da setzt eine Erfindung aus Dresden an.
Als die Gründer des Start-ups Dermapurge im Jahr 2022 am Wettbewerb „Genial Sächsisch“ der Sächsischen Zeitung teilnahmen, stellten sie ihr einzigartiges Produkt vor: eine Reinigungspaste namens PAK-Ex, die die krebserregenden Stoffe von der Haut entfernt. Entstanden war die Idee dazu am Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden. Die Reinigungspaste besteht aus Aktivkohle, Schichtsilikaten, wasserlöslichen Kunststoffen sowie Wasser. Zunutze machen sich Wissenschaftler von Dermapurge den elektrostatischen Effekt. Der sorgt dafür, dass die Nanopartikel am Gel haften und später ganz einfach unter kaltem Wasser abgespült werden können. Seit „Genial sächsisch“ ist viel passiert.
Über gefährliche Stoffe aufklären
„Das Bewusstsein für den Schutz vor PAK ist in den Feuerwehren deutlich gewachsen“, sagt Jonas Schubert, Mitgründer und seit über 20 Jahren selbst Feuerwehrmann. In den vergangenen zwei Jahren haben die Gründer viele Vorträge über die Gefahren gehalten und auf Messen für das Thema sensibilisiert. Immer mehr Einsatzkräfte nutzen das Dresdner Produkt, um ihre Haut vor den gefährlichen Rückständen von Brandrauch zu schützen. Doch Dermapurge richtet sich längst an eine breitere Zielgruppe.
Auch Schornsteinfeger, bei denen Rußkrebs als Berufskrankheit anerkannt ist, profitieren inzwischen von der Erfindung. „Für diese Berufsgruppe ist das Thema besonders wichtig, weil PAK nicht nur die Haut, sondern auch Organe wie Kehlkopf und Harnblase schädigen können“, erklärt der Wissenschaftler. Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden, bei denen Schornsteinfeger ihre Haut mit Waschbürsten oder Sand reinigen, verursacht die Creme keine Hautreizungen.

Quelle: PR/Jörn Dudek
Neben Feuerwehren und Schornsteinfegern zählen mittlerweile auch Industriebetriebe und Bahngesellschaften zu den Kunden. Besonders im Gleisbau, wo Arbeiter durch den Teer von Holzschwellen mit PAK in Kontakt kommen, wollen die Gründer helfen. Über eine Anfrage der Schweizer Bundesbahn kam diese Anwendung ins Portfolio von Dermapurge. „PAK auf der Haut, kombiniert mit Sonnenlicht bei der Arbeit im Freien, führt bei Gleisarbeitern schon ab März schnell zu Verbrennungen“, beschreibt Schubert ein großes Problem. Erste Gespräche mit der Deutschen Bahn laufen bereits, um das Produkt auch in Deutschland einzusetzen.
Kosmetik-Produkt in Planung
Die Nachfrage wächst. Noch produziert das Start-up am Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden. Dort werden die Produkte angemischt und abgefüllt. Noch in diesem Jahr zieht das junge Unternehmen aber in eigene Räume. Das Team besteht aktuell aus fünf Vollzeitkräften und mehreren Studierenden. Auch international expandiert Dermapurge: In Kanada und den USA arbeitet bereits der erste Franchisenehmer, und Kontakte nach Taiwan, Portugal oder in die Niederlande bestehen.
Das Team arbeitet bereits an neuen Ideen und Produkten. Ein vielversprechendes Projekt zielt auf die Reinigung von Rückständen radioaktiver Stoffe ab, etwa beim Rückbau von Atomkraftwerken. Erste Tests am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) zeigen, dass die Methode der Wissenschaftler auch da Potenzial hat. Das Prinzip wäre wieder das gleiche wie bei den PAK, erläutert Schubert. „Es geht darum, eine Rezeptur zu finden, die in diesem Fall radioaktive Stoffe effizient bindet.“ Diese Neuentwicklung könnte zudem für den Zivilschutz oder die Bundeswehr relevant sein.
Doch nicht nur die Industrie steht im Fokus. Derzeit arbeitet Dermapurge an einem Kosmetik-Produkt, das Feinstaub und Schwermetalle von der Haut entfernt – ein Detox-Mittel, das über Apotheken vertrieben werden soll. Auch Sportschützen haben das Unternehmen angesprochen, um Lösungen für Rückstände von Verbrennungen und Blei auf der Haut zu entwickeln. „Für uns ist das eine spannende Entwicklung“, sagt Schubert. Nach und nach stoßen sie auf weitere Einsatzmöglichkeiten ihrer Erfindung, werden Probleme an sie herangetragen, die es zu lösen gilt. So war es auch im Fall der Feuerwehrstiefel. Die Einsatzkleidung der Feuerwehrleute wird gewaschen, für die Haut gibt es PAK-ex. „Aber an die Schuhe hatten wir noch nicht gedacht.“ Die sind schließlich auch mit PAK verschmutzt, die so wiederum an die Hände gelangen. Noch in diesem Jahr bringt Dermapurge deshalb ein Reinigungsmittel für Feuerwehrstiefel auf den Markt.
SZ