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Die Uhren ticken anders

Juwelier Wempe nimmt den Glashütter Uhrenhersteller Nomos aus dem Sortiment. Grund ist der Handel im Internet.

Lesedauer: 3 Minuten

In der Luxusuhrenbranche geht es um Geld, um viel Geld. Diskretion ist hier oberstes Gebot. Roland Schwertner hat jetzt mit diesem Gebot gebrochen. Der Nomos-Gründer teilte mit, dass der Hamburger Juwelier Wempe und Nomos künftig getrennte Wege gehen.

Schwertner hat das so nicht gewollt. Ihn traf die Nachricht aus der Hansestadt nach eigenem Bekunden völlig überraschend nach über zwei Jahrzehnten erfolgreicher Kooperation. Über 46 000 Nomos-Uhren hat Wempe in dieser Zeit für die Glashütter Uhrmacher verkauft. „Wempe hat uns mit sofortiger Wirkung gekündigt, ohne jedes weitere Gesprächsangebot“, sagt Schwertner. 

Begründet wurde die Auslistung des Uhrenbauers, der nach A. Lange & Söhne sowie Union Glashütte gemessen am Umsatz als der drittstärkste in Glashütte gilt, mit den E-Commerce-Aktivitäten. Nomos hat sich entschlossen, einen Teil seiner Uhren direkt über die Onlineplattformen Chronext und Chrono24 anzubieten. Von Karlsruhe und vom schweizerischen Zug aus sind die beiden Onlinehändler angetreten, Luxusuhren preisgünstig zu verkaufen. Wer auf die Webseiten klickt, findet dort von der detailreichen A. Lange & Söhne-Uhr bis zur diamantbesetzten Rolex alle Marken. Sie stammen in der Mehrzahl von Händlern und von Privatverkäufern.

„Das Nomos die beiden Plattformen als offizielle Partner anerkennt, hat uns enttäuscht“, teilte Wempe in einer Pressemitteilung mit. „Die Belieferung von Internetplattformen, die ihr Angebot überwiegend aus dem Graumarkt beziehen, wirkt unserer Marketing-Strategie entgegen“, sagt Geschäftsführerin Kim-Eva Wempe. Aber auch sie weiß, dass sich das 1878 gegründete Traditionshaus der Digitalisierung stellen muss. Wempe ist mit seinen Schmuck- und Uhrenkollektionen inklusive ausführlicher Produktbeschreibungen selbstverständlich online zu finden – bisher allerdings ohne Webshop. Wer sich für ein Produkt interessiert, wird an eine der 34 Niederlassungen verwiesen. Wempe nennt das seine Omni-Channel-Strategie.

Dass die in Handarbeit mit großem Zeitaufwand gefertigten Uhren am allerbesten von einem Juwelier verkauft werden können, davon ist Roland Schwertner nach wie vor überzeugt. „Im Geschäft können die Kunden die Uhr ansehen und anfassen. Das ist durch nichts zu ersetzen“, sagt er. Warum also dann die Online-Offensive? „Weil wir den Graumarkt zurückdrängen müssen“, so Schwertner. Wenn er den Onlinehandel mit seinen Uhren nicht verhindern kann, dann will er ihn wenigsten kontrollieren.

Konkurrenzkampf ist im Gange

„Uhrenkunden sollen überall gut bedient werden, erstklassigen Service und Garantie erhalten, sie sollen vor Kopien und Betrug sicher sein – offline wie online“, so die Philosophie des Mannes, der 1990 die Uhrenmarke Nomos neu gegründet hat. Ein Quereinsteiger, der nach dem BWL-Studium als IT-Fachmann arbeitete und in jungen Jahren ein Sabbatjahr auf Formentera einlegte. Als er Nomos wiederbelebte, glaubte kaum einer an die Zukunft der Uhrenindustrie im Osterzgebirge. Mit vier Beschäftigten fing alles an. Heute zählt der Uhrenhersteller 300 Mitarbeiter und gilt als Marktführer im Preissegment der 1 000 bis 4 000 Euro teuren Uhren.

Das, so die Vermutung von Roland Schwertner, könne auch der wahre Grund für den Rauswurf bei Wempe sein. Das Hamburger Unternehmen habe die Eigenmarke „Zeitgeister“, die sich im gleichen Preissegment bewegt. Da sei natürlich ein Konkurrenzkampf im Gange, so der Firmengründer, zumal der gesamte Markt gerade rückläufig ist. Wurden bundesweit 2015 noch Uhren für 550 Millionen Euro verkauft, waren es nach Angaben des Bundesverbandes Schmuck und Uhren zuletzt nur noch 529 Millionen Euro.

Wempe gab sich auf Nachfrage dazu hanseatisch zurückhaltend, gab keine Auskunft, auch nicht zu Informationen, wonach der Edeljuwelier 2019 nun doch einen eigenen Webshop plant, um künftig selbst online verkaufen zu können.

Roland Schwertner bleibt bei seiner neuen E-Commerce-Strategie. Davon bringt ihn auch eine Petition nicht ab, die Unternehmensberater Ralf Scharenberg unter Nomos-Konzessionären gestartet hat. Sie soll den sächsischen Uhrenbauer umstimmen. Scharenberg prophezeit durch Plattformen wie Chronext die Zerstörung gewachsener Handelsstrukturen und spricht mit Blick auf die Erfahrungen im Buch- und Textilhandel vom „drohenden Flächenbrand“.

In der Branche selbst setzt aber ein Umdenken ein. Seit Ende August bieten Marken der Schweizer Luxusholding Richemont ebenfalls Click & Buy auf ihren Webseiten an. Kunden zahlen mit Kreditkarte und haben ein 14-tägiges Rückgaberecht. Offenbar ticken die Uhren jetzt anders.

 

Von Ines-Mallek-Klein

Foto: © PR/Nomos

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