Reinhard Koettnitz hat in seinem Berufsleben viel erreicht. Unter seiner Leitung sind zahlreiche Straßen, Brücken und Tunnel gebaut oder saniert worden. Schließlich hat der gebürtige Dresdner fast 23 Jahre lang das Straßen- und Tiefbauamt geführt. Zudem hat ihn die TU Dresden, wo er in seinem Fach lehrt, 2014 zum Honorarprofessor ernannt. Aber jetzt steht dem erfahrenen Fachmann eine neue Herausforderung bevor, obwohl er Ende nächsten Jahres in Rente geht.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hat den 64-Jährigen beauftragt, ab Mai das Schulverwaltungsamt zu leiten. Nach dem tragischen Unfalltod des Leiters Falk Schmidtgen ist die Stelle seit November 2018 nur kommissarisch besetzt. Und so muss sich Koettnitz Ende dieses Monats von seinen Mitarbeitern im Straßenbauamt verabschieden.
Mit den Abschlüssen als Diplom-Vermessungsingenieur (FH) und Diplom-Bauingenieur beginnt Koettnitz' Karriere nach der Wende 1991 im sächsischen Wirtschaftsministerium. „Dort wurde ein Bauingenieur gebraucht, der sich mit Luftverkehr auskennt“, berichtet er.
Zuvor absolviert Koettnitz ein Jahr lang eine entsprechende Ausbildung am bayerischen Wirtschaftsministerium und betreut dabei unter anderem die Abnahme des Flughafens München mit. Zurück in Dresden kümmert er sich im Referat Luftverkehr um die Verlängerung der Dresdner Start- und Landebahn und auch die Sicherheit des Flughafens mit neuen Zäunen.
Im September 1996 dann der nächste Schritt. Koettnitz wird Leiter des Straßen- und Tiefbauamtes. Und das in einer Zeit, in der sehr viel investiert und gebaut wird. Bereits bei den Übergaben geht es Schlag auf Schlag. Zuerst kommt der umgestaltete Schillerplatz, danach im November kann er mit einem flotten Schnitt das erste Großprojekt seiner Amtszeit übergeben – die Löbtauer Hochstraße. Allerdings geht hier vieles schief, was schiefgehen kann. Vermesser haben gepfuscht, was viel Nacharbeit bringt, und die Baufirma geht pleite. Das kostet Nerven. Doch auf seine Leute kann er sich wie auch bei anderen Bauprojekten immer verlassen. Sie greifen beherzt ein. Am Ende steht die Brücke.
Zudem zahlt Koettnitz Lehrgeld bei der Verlängerung der B97 in Klotzsche. Sein Amtsvorgänger hatte ihm eine Liste aufgeschrieben, was dort nicht geht, unter anderem bei der finanziellen Förderung. Die trägt er bei einer Sitzung mit Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) vor. Ein Macher, der bei Großprojekten auf Tempo drückt. „Herr Oberbürgermeister, das hätte ihr Tiefbauamtsleiter nicht sagen dürfen“, habe Schommer gesagt. Er wollte wissen, was geht, welche Lösungen es gibt. Die findet Koettnitz schnell. Am Ende klopft ihm Schommer bei der Übergabe auf die Schulter und lobt, dass es gut geklappt habe.
Ein Großprojekt hat ihn sein ganzes Amtsleiterleben bis heute beschäftigt – die Waldschlößchenbrücke. 1996 fasst der Stadtrat den Beschluss für den Bau. Zwar wird die Brücke 2013 übergeben. Doch 2016 erklärt das Bundesverwaltungsgericht die Baugenehmigung, den Planfeststellungsbeschluss, für ungültig. Bis heute wird geprüft, wie umweltverträglich der Bau ist und welche weiteren Ausgleichsvorhaben nötig sind. Von Koettnitz ist am Waldschlößchen Stehvermögen gefragt. Kaum ist ein Problem gelöst, kommt das nächste. So kann das stählerne Mittelteil 2010 erst viel später eingeschwommen werden, da sich herausstellt, dass die Eingriffe im Flussbett nicht genehmigt sind.
Als dann kurz vor Weihnachten das Einschwimmen binnen drei Tagen vorbereitet wird und hervorragend klappt, ist er glücklich. „Die drei Tagen waren einfach Wahnsinn“, schwärmt er noch heute. Wahnsinn sei auch das Eröffnungswochenende im August 2013 gewesen, als fast 200.000 Menschen kamen. Die vietnamesische Blumenprinzessin aus der Johannstadt singt dabei ein extra für ihn gedichtetes Lied.
In Lobgesänge verfällt FDP-Stadtratsfraktionschef Holger Zastrow zwar nicht. Aber er schätzt die Leistung von Koettnitz. „Er hat seinen Stiefel durchgezogen. An ihm haben sich viele die Zähne ausgebissen“, verweist Zastrow auf den Führungsstil des Amtschefs. „Er ist jemand, der anpackt und handelt.“ Koettnitz' größtes Verdienst sei die Waldschlößchenbrücke. Ihn zählt Zastrow zu „den alten Haudegen, die die Stadt geprägt haben“. Allerdings weiß der FDP-Chef auch, wie hart es ist, mit Koettnitz aneinander zu geraten. So beim Streit um die Verkehrsführung während der Sanierung der Albertbrücke. Zastrow will, dass beim Bau immer eine Fahrspur bleibt, Koettnitz nicht. Durch dessen geschickte Strategie habe Zastrow letztlich den Kürzeren gezogen. „Das war für mich ein Erweckungserlebnis“, sagt er.
Der CDU-Baupolitiker Gunter Thiele findet jedoch gut, dass Koettnitz nicht lange um den heißen Brei herumredet. „Auch wenn wir uns in der Sache nicht immer einig waren“, so der Stadtrat. „Herr Koettnitz hat zwar seine Ecken und Kanten. Er ist aber ein hervorragender Amtsleiter.“ Allerdings sehen Thiele und Zastrow auch Defizite. Denn der westliche Teil der Stauffenbergallee müsste dringend saniert werden.
Grünen-Stadtrat Thomas Löser lobt Koettnitz hingegen dafür, dass er viel für den Radverkehr getan hat. Der Waldschlößchenbrücken-Gegner kreidet dem Amtschef auch nicht an, dass er den Bau umgesetzt hat. Bei der Eröffnung habe Koettnitz zu Löser gesagt, hätte er den politischen Auftrag bekommen, hätte er auch einen Tunnel gebaut.
Doch jetzt muss Koettnitz seinen Platz räumen. „Ich kann nicht verstehen, wie ein Amtsleiter gegen seinen Willen vom OB auf eine andere Stelle gesetzt wird“, sagt Löser. Thiele sieht es ähnlich. Zastrow kann das hingegen nachvollziehen und wertet es als Wertschätzung, dass der OB den erfahrenen und durchsetzungsfähigen Koettnitz in das Schulverwaltungsamt versetzt. Denn dort sind die größten Probleme zu lösen. Der Acker im Tiefbauamt sei bestellt.
Darauf, dass dort viel erreicht wurde, ist Koettnitz stolz. Das sei ein Verdienst der Mitarbeiter: „Sie sind sehr gute Fachleute.“ Wenn es dicke kommt und es Ärger gibt, habe er sich immer vor sie gestellt. Dafür schätzen sie ihn auch, wie sie der SZ immer wieder bestätigten. Koettnitz glaubt, dass auch im Schulverwaltungsamt gute Fachleute sitzen. Eins steht für ihn aber fest: „Im Herzen war, bin und bleibe ich immer ein Straßen- und Tiefbauer.“
Von Peter Hilbert
Foto: © Sven Ellger