Suche
Suche

Ein neues Haus für den alten Lessing

Das Lessing-Museum in der Oberlausitz erhält einen Erweiterungsbau. Der Entwurf stammt von den Peter-Kulka-Architekten aus Dresden und wurde als „Immobilie des Jahres“ ausgezeichnet.

Lesedauer: 3 Minuten

Eine Frau schaut lächelnd in die Kamera.
Katrin Leers-Kulka will das Erbe von Peter Kulka weiterführen – auf ihre eigene Art. Foto: kairospress

Von Irmela Hennig

Dresden/Kamenz. Freitags essen sie immer Croissants. Dann sitzen sie kurz zusammen. Lassen Revue passieren, was in der Woche gewesen ist im und für das Team von Peter Kulka Architekten in Dresden. Was ist gewesen – im vergangenen Jahr eine Auszeichnung beispielsweise – ein Projekt der 15-köpfigen Mannschaft wurde eine „Immobilie des Jahres“. Den Titel haben sich die Dresdner gleich zweimal hintereinander erarbeitet: 2023 für ein Wohnquartier im nahe der Landeshauptstadt gelegenen Heidenau, den Mafa-Park auf dem Gelände einer ehemaligen Maschinenfabrik; 2024 für den Entwurf zum Anbau an das Kamenzer Lessing-Museum. Verliehen wird der Titel vom Münchner Traditionsverlag Callwey mit Schwerpunkten wie Architektur und Design. Bewerben können sich die Architekturbüros selbst. „Die Chance habe ich ergriffen und wir sind stolz, dass wir mit unserem eingereichten Projekt erneut ausgewählt wurden“, sagt Inhaberin und Geschäftsführerin Katrin Leers-Kulka.
Kandidaten sind nur Objekte, die noch nicht gebaut oder vollständig umgesetzt worden sind. Alle Preisträger eines Jahrgangs werden in einem großformatigen Buch präsentiert. Zum Vorhaben am Lessing-Museum schreiben dessen Autoren unter anderem: „Der Entwurf von Professor Peter Kulka und Katrin Leers-Kulka führt den ,kulturellen Gedächtnisort von nationaler Bedeutung‘ ins 21. Jahrhundert.“ Für Katrin Leers-Kulka ist der Preis „wichtig intern und nach außen, weil das in Architektenkreisen und von den Kritikern wahrgenommen wird.“

Erster Spatenstich im Mai
Katrin Leers-Kulka hat das 176 Seiten starke Exemplar von 2024 vor sich auf dem Tisch liegen. Kann aufblättern und Bilder des minimalistisch, klaren Erweiterungsbaus zeigen, für den am 19. Mai in Kamenz der Spatenstich geplant ist; vor Kurzem wurde das Museum nun erst mal geschlossen. „Wir rechnen mit zwei Jahren Bauzeit. 2027 könnte es fertig sein und wiedereröffnet werden“, erläutert die Architektin.
Der Entwurf stammt noch aus der Feder des bekannten Dresdner Architekten Peter Kulka, der im Februar letzten Jahres verstorben ist. Geboren 1937, später nach Westdeutschland geflohen, hatte Kulka neben seinem Büro in Köln nach der Wende eines in Dresden gegründet. Mit seiner Arbeit hat er Spuren hinterlassen in seiner Geburtsstadt – hat unter anderem den Anbau an den Sächsischen Landtag realisiert, den Riesensaal im Residenzschloss neu gestaltet, das transparente Dach über den kleinen Schlosshof gelegt. Anderes harrt noch der Realisierung. Der Mafa-Park in Heidenau mit 760, ein kleineres Quartier in Striesen mit 125 und eines in Trachau mit 120 Wohnungen. Katrin Leers-Kulka wünscht sich, dass es mit der Umsetzung solcher Vorhaben etwas schneller vorangehen würde. „Zusammen sind das rund tausend Wohnungen.“ In Zeiten, wo diese immer mehr fehlen und Mieten steigen, würde das helfen, ist die Unternehmerin überzeugt.
2001 wurde Katrin, die aus Dresden stammt, aber im Westen ihre Jugendzeit verbracht hat, Teil des Kulka-Teams und der Erfolgsgeschichte. Erst als studentische Mitarbeiterin, dann als Angestellte in einer Krisenzeit, in der viele ihrer Kommilitonen nichts in ihrer Branche finden konnten. 2012 übernahm sie die Geschäftsführung des Kölner Büros. Nach Corona gab man den Standort dort auf, konzentrierte alles in Dresden. Ursprünglich habe sie Innenarchitektin werden wollen, erzählt Leers-Kulka. Für den direkten Start ins Studium habe das Abizeugnis nicht gereicht. Die junge Frau machte eine Ausbildung zur Bauzeichnerin, studierte dann in Dresden Architektur. Kam ins Büro Kulka. Ein Vertrauensverhältnis wuchs. Peter Kulka band sie immer stärker ein ins Unternehmen. Überschrieb ihr Anteile. Und weil er keine eigenen Kinder hatte, adoptierte er sie schließlich. „Auch um sein Werk zu schützen“, begründet Katrin Leers-Kulka. Denn Urheberrecht erlösche mit dem Tod und könne nur innerhalb der Familie vererbt werden. Nun könne sie Peter Kulkas „guten Faden weiterspinnen“. Das Büro weiterführen: „In seinem Sinne, auf meine Art“, sagt Katrin Leers-Kulka. Unter anderem mit mehr weiblicher Empathie, modernerem Marketing und der Präsenz in sozialen Medien.

Baustellen zu Fuß erreichbar
Derzeit herrscht Aufbruchstimmung bei den Dresdnern. Denn im Mai dieses Jahres ziehen sie um ins Kraftwerk Mitte. In dieses Objekt mit seinem „industriellen Charme“. Für Leers-Kulka fällt der Weg zur Arbeit künftig damit kürzer aus. Mit ihrem Mann und ihrer 17-jährigen Tochter lebt sie in Dresden-Friedrichstadt. In einem Haus, das sie zusammen mit Peter Kulka errichtet hat. Vom Kraftwerk aus seien die Kulka-Baustellen in der Innenstadt fußläufig zu erreichen. Vorhaben wie das Museum für Schlossgeschichte im Schloss selbst. Oder die längerfristig geplante Sanierung und Erweiterung des Landtages.
Größer wird der Radius mit Kamenz. „Eine Perle“ nennt Leers-Kulka die Kleinstadt, in der 1729 der Dramatiker Gotthold Ephraim Lessing geboren wurde. Das ihm gewidmete Museum gibt es hier schon lange. Peter Kulka Architekten wird es neu ordnen, die bestehende Grundform auf ein klassisches Rechteck erweitern. Durch den schon erfolgten Auszug der städtischen Bibliothek und durch den Erweiterungsbau wird Raum geschaffen für Wechselausstellungen, kleine Kabinette und einen neuen Veranstaltungssaal. Das Team wird für moderne konservatorische Bedingungen sorgen, die es ermöglichen, anspruchsvolle Leihexponate nach Kamenz zu holen. Rund 3,4 Millionen Euro kostet das Vorhaben. Bund und Land steuern Fördermittel bei. Auch solche kleineren Projekte sind für Leers-Kulka ein Beitrag zur Stadtgestaltung – was sie als eine Aufgabe ihrer Branche begreift. Die Entwicklung von Innenstädten voranbringen. Gern im Bestand, als Symbiose von Altem und Neuem.

Das könnte Sie auch interessieren: