Leisnig. Über dem Geschäft an der Scheunengasse in Leisnig steht groß und deutlich ein Name an der Wand: A. Fuhrmann. Wer das in Leisnig liest, weiß direkt, um wen es sich handelt: Augenoptiker.
Albrecht Fuhrmann hat gemeinsam mit seiner Frau 1976 das Geschäft von einem Optiker übernommen. Und im Jahr 2000 hat wiederum sein Sohn den Laden übernommen, Jens Fuhrmann. Am 1. April jährt sich das zum 25. Mal.
Den Laden kennt Jens Fuhrmann aber schon viel länger – bei seinen Eltern hat er die Lehre absolviert. Danach hat er zehn Jahre in Wurzen gearbeitet, dort in der Nähe wohnt er noch immer mit seiner Familie.
Optiker hat viele Stammkunden
Aber nach der Wende ist er beruflich wieder nach Leisnig gekommen und hat seine Eltern unterstützt. „Ich bin da parallel mit reingewachsen, auch was die Kundschaft angeht. Meine Eltern haben einen Ruf aufgebaut, der sehr wertvoll ist“, sagte Fuhrmann. Das habe es vor allem am Anfang leichter gemacht.
Viele Kunden kommen schon jahrelang in das Geschäft, das Verhältnis zueinander sei gut. Aber auch über fehlende Neukunden kann er sich nicht beschweren. „Das, was am effektivsten ist, ist die Mund-zu-Mund-Propaganda“, sagte er weiter. So wie die Situation gerade ist, blickt Fuhrmann optimistisch in die Zukunft.
Während der Handel in den vergangenen Jahren oft beklagt, dass das Online-Shopping die Situation der Geschäfte in den Innenstädten verschlechtert, merkt Fuhrmann davon wenig. „Das sind eher Kunden, die zu Optiker-Ketten gehen und dann online schauen, ob es dort noch günstiger ist“, sagt er.

Quelle: Lea Heilmann
Leisniger schätzt die Vielfalt in seinem Beruf
Als die Ketten aufkamen, da habe er jedoch gemerkt, dass Kunden weggegangen sind. Doch solche großen Läden haben auch Nachteile. So werden dort kaum Rezepte von der Krankenkasse angenommen oder Brillen repariert. Bei Fuhrmann gehört das zum täglichen Geschäft mit dazu. „Wir reparieren alles, was geht“, sagt er.
Als Kind wollte Jens Fuhrmann eigentlich Förster oder Traktorfahrer werden. „Ich glaube das war, weil mir die Nähe zur Natur gefiel“, erinnert er sich. Die mag er auch noch heute, jedoch eher in der Freizeit. Seine Eltern hatten ihn schließlich überzeugt, die Ausbildung zum Augenoptiker zu absolvieren. „In der DDR waren Fachkräfte knapp und meine Eltern wollten dann lieber auf den eigenen Nachwuchs setzen“, sagt er. Und der Plan ist aufgegangen.
Das Handwerk, der medizinische Teil und der Kontakt zu den Menschen – es ist die Vielfalt, die ich an dem Beruf schätze. – Jens Fuhrmann, Augenoptiker
Fuhrmann macht die Arbeit noch immer Spaß. „Das Handwerk, der medizinische Teil und der Kontakt zu den Menschen – es ist die Vielfalt, die ich an dem Beruf schätze.“ Manchmal gehört dann auch ein bisschen Seelsorge dazu. „Das ist jetzt nicht immer. Aber nach der Wende hat die Vereinsamung schon zugenommen“, so der Optiker.
Auch der Sohn ist Augenoptiker
Sein Geschäft, das er zusammen mit seiner Frau Ilka betreibt, bezeichnet er gerne als Familienoptiker – dort soll jeder fündig werden. Bei der Frage, welche Designs angeboten werden, gehe es ein bisschen nach dem eigenen Geschmack, so Fuhrmann. Zusätzlich gibt es aber dafür auch Messen, beispielsweise in München. Zu der geht er mittlerweile nicht mehr, aber seine Frau schaut sich die neuen Trends gerne an. „Sie hat ein sehr gutes Näschen dafür“, sagt ihr Ehemann.
Und wenn die Kunden mal etwas anderes wollen, dann fragt das Paar bei ihrem Sohn nach. Dieser ist ebenfalls Augenoptiker, seine Lehre hat er im Geschäft seiner Eltern absolviert und dort gearbeitet. Genau wie sein Vater und sein Opa war er auf der Meisterschule in Jena. „Es hat mal jemand ein Buch über die Absolventen zusammengestellt und da sind wir alle drei mit Bild drin“, erzählt Jens Fuhrmann.
Sein Sohn betreibt in Oschatz einen Laden, sei aber zukünftig nicht von dem Leisniger Geschäft abgeneigt, wenn sein Vater in den Ruhestand geht. „Wir könnten uns vorstellen, dass er das tageweise übernimmt, aber das steht noch nicht fest.“ Aber ann Rente denkt Jens Fuhrmann aktuell nicht: „Wenn ich gesundheitlich fit bin, dann will ich weitermachen, bis ich 70 Jahre alt bin.“ Das wären noch sieben Jahre.
Das wollen seine Kunden lieber nicht hören. Immer wenn ein Laden in Leisnig schließt, gehe bei ihm die Tür auf und die Kunden fragen: „Sie bleiben hier aber noch, oder?“
Lange Haare sind das Markenzeichen
Gigantische Neuerfindungen habe es in den vergangenen Jahren nicht gegeben, wie der 63-Jährige erzählt. Aber er bemerkt Veränderungen bei den Menschen. So habe die Kurzsichtigkeit zugenommen. „Das hat generell mit dem Sehen an sich zu tun. Durch Computer und Handy ist vor allem die junge Generation daran gewöhnt, mehr in die Nähe zu sehen“, erklärt er. Aber auch Nachtsichtigkeit sei ein größeres Thema. Ebenso haben die Hausbesuche zugenommen. Regelmäßig ist Fuhrmann in Altenheimen oder im Hospiz unterwegs, um die Kunden zu versorgen.
Auf die Frage, was ihm in den vergangenen 25 Jahren besonders im Gedächtnis geblieben ist, erzählt Fuhrmann eine kleine Anekdote von seinen Haaren. Anfang der 1990er-Jahre sei er von Nazis überfallen wurden. „Ab da habe ich gesagt: Ich will mich von denen abheben und habe meine Haare wachsen lassen.“
Seitdem hat er sie genau zweimal kurz geschnitten: als er das Geschäft übernommen hat und zur Silberhochzeit. „Als ich die kurzen Haare hatte, musste ich immer von hinten vor in den Laden kommen, weil die Kunden das sehen wollten“, erinnert er sich. Mittlerweile gehören die langen Haare längst zu seinem Markenzeichen.
Sein anstehendes Jubiläum hält Fuhrmann klein. Er freue sich vor allem auf das kommende Jahr, denn da steht das 50-jährige Jubiläum des Familienbetriebs an.
SZ