Kann der Abriss des Störsenders an der Autobahn 4 bei Wilsdruff noch verhindert werden? In der Vergangenheit hatte sich vor allem der Technikverein Sender Wilsdruff durch viele Aktionen für den Erhalt des Funkturmes eingesetzt, sagt Wilsdruffs Bauamtsleiter André Börner. Auch die Stadt bemühte sich nach Bekanntwerden der Abrisspläne um den Erhalt, erinnert sich Börner. So lehnte der Technische Ausschuss im Juni 2013 den beantragten Abriss ab.
Im selben Monat erklärte der Stadtrat, dass "der Erhalt des Funkturmes als Landmarke und des Funkamtes als technisches Denkmal von Bedeutung ist". Der Stadtrat schlug vor, dass sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz am Erhalt finanziell beteiligen sollte. Wie Rainer Frenzel vom Landratsamt erklärt, gab es seit 2014 Gespräche mit Vertretern der Media Broadcast, dem Eigentümer des Grundstücks und dem Landesamt für Denkmalpflege. Hier wurde unter anderem erörtert, wie eine Übernahme des Mastes aussehen könnte.
Außerdem ging es um die weitere Erhaltung und Nutzung des Antennenrohrmastes. Es seien mögliche Nachnutzungen, Werbemöglichkeiten und eine Höhenreduzierung erörtert worden, so Frenzel. Doch die Gespräche scheiterten. Man konnte sich nicht einigen. Nach Bekanntwerden der Abrissgenehmigung wurde von der Wilsdrufferin Sabine Neumann jetzt eine Internet-Petition zum Erhalt der Anlage gestartet. Adressaten sind Landrat Michael Geisler (CDU) und der Kreistag. Sie werden aufgefordert, diese für die Menschen in und um Wilsdruff so wichtige Sehenswürdigkeit zu erhalten. Rund 500 Bürger haben die Forderung schon unterschrieben. Die Petition hat keine Rechtswirkung, sondern eher einen symbolischen Charakter.
Hat der Freistaat versucht, den Abriss zu verhindern?
Offenbar ja. Laut Wilsdruffs Bauamtsleiter André Börner hat das Innenministerium signalisiert, einen Betrag von 250 000 Euro an den Grundstückeigentümer zu zahlen. Im Gegenzug soll der Mast auf die Dauer von 15 Jahren stehen bleiben. Dieses Angebot wurde Anfang Dezember gemacht. Der Anwalt des Grundstückseigentümers stellte aber aufgrund der hohen Kosten keine Zustimmung in Aussicht, so Börner.
Warum hat das Landratsamt den Abriss der Antenne genehmigt?
Die Media Broadcast möchte den Mast loswerden, weil er viel Geld verschlingt. Demnach fallen jährlich Kosten in einem sechsstelligen Bereich an. Darin enthalten sind Wartung, Instandhaltung, Bauwerksprüfungen sowie Energiekosten. Details zur Kostenstruktur der Anlage möchte das Unternehmen aber nicht nennen. Mit diesen Argumenten konnte es aber das Landratsamt – letztlich auch mit gerichtlicher Hilfe – vom Abriss überzeugen. Bauamtsleiter Frenzel: "Die dauerhafte Erhaltung des Antennenrohrmastes ohne Nutzung hätte die Media Broadcast GmbH unzumutbar belastet." Das Landratsamt genehmigte den Abbruch der Riesenantenne.
Wann ist mit dem Abriss der Riesantenne zu rechnen?
Die Media Broadcast möchte sich nicht auf einen Termin festlegen. "Der Abriss soll noch in 2019 erfolgen", sagt ein Sprecher. Zunächst müssen alle Auflagen der Abrissgenehmigung erfüllt werden. Unter anderem muss noch ein technologisches Konzept für den Abbruch erarbeitet werden sowie die Baugeschichte und die unterschiedliche Nutzung der Anlage dokumentiert werden. "Wann dies der Fall sein wird, ist Stand heute nicht abzusehen."
Wie lange wird der Abriss
der Antenne dauern? Das steht noch nicht fest. Zunächst müsste entschieden werden, auf welche Art der Rückbau erfolgen soll, so ein Sprecher der Media Broadcast. Im Übrigen sei der Abriss solcher Anlagen nichts Ungewöhnliches. Es sei üblich, dass ein Sendernetzbetreiber nicht benötige Sendestandorte zurückbaut. "In den letzten Jahren wurde die Radioverbreitung über Mittel- und Langwelle aufgrund der fehlenden Nachfrage durch Programmanbieter an vielen Standorten eingestellt", so der Sprecher.
Wem gehört die Wilsdruffer Riesenantenne?
Das Funkamt gehörte nach der Inbetriebnahme 1954 der Deutschen Post. Hier galt die höchste Sicherheitsstufe der DDR. Das Gelände wurde bewacht und mit einem zweireihigen Stacheldraht mit Hundelaufbahnen gesichert und bis 1990 nachts mit Scheinwerfern ausgeleuchtet, berichtet Matthias Schlönvogt vom Technikverein Sender Wilsdruff. Nach der Wende ging die Anlage in den Besitz der Deutschen Telekom über. Nach der Einstellung des Sendebetriebs am 6. Mai 2013 gab es mehrere Eigentümerwechsel. Das führte zu der gegenwärtigen Konstellation: Die Riesenantenne gehört der Media Broadcast GmbH, die bis 2008 Teil der Deutschen Telekom war. Das in Köln arbeitende Unternehmen ist der größte deutsche Dienstleister für Bild- und Tonübertragungen und gehört zur Freenet AG. Die Deutsche Funkturm GmbH, eine Tochter der Telekom, besitzt den Sockel und das Gebäude, auf dem die Antenne steht, erklärt deren Sprecher Benedikt Albers. Das Grundstück drumherum gehört einem Privatmann.
Was ist das Besondere am Sender Wilsdruff?
Das sind zum einen die Emotionen, die der 153 Meter hohe Mast auslöst. Dieser ist von vielen Seiten aus gut zu sehen und löst Heimatgefühle aus. Denn wer sich auf der A 4 Dresden nähert, erspäht den Mast zuerst. Zum anderen ist der Mast Teil eines Denkmals. Er gehört zum Funkamt Dresden, das nach 1990 auch "Sender Wilsdruff" genannt wird. 1995 wurde die Anlage vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen unter Denkmalschutz gestellt. Zu diesem technik- und baugeschichtlich bedeutsamen Denkmal gehören Gebäude, die technische Ausstattung sowie die Geländegestaltung. Das Funkamt Dresden verkörpert nach Einschätzung von Denkmalschützern die Rundfunkgeschichte der frühen DDR.
Von Maik Brückner
Foto: Karl-Ludwig Oberthür