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Fahren auf dem „Cossi” bald überall Motorboote? Das sind die Folgen der See-Freigabe

Freie Fahrt für Motorboote: Ab dem 1. Februar 2026 ist der Cospudener See bei Leipzig offiziell ein „fertiges“ Gewässer. Doch das bedeutet keine grenzenlose Freiheit. Was sich alles ändert und welche Regeln konkret gelten.

Lesedauer: 4 Minuten

Ab Februar 2026 für Motorboote freigegeben: Der Cospudener See südlich von Leipzig. An der Entscheidung gibt es Kritik. Quelle: Kempner


Florian Reinke

Leipzig. Es ist eine Entscheidung, die das Leipziger Neuseenland verändert – und für Diskussionen sorgt: Die Landesdirektion Sachsen (LDS) hat den Cospudener See ab Februar 2026 offiziell für die Schifffahrt freigegeben. Während die Wirtschaft auf einen Schub für den Tourismus hofft, gibt es auch deutliche Kritik. Und fest steht: Die Freigabe hat Tücken. Was verändert sich jetzt? Der Überblick.

Was genau hat die Landesdirektion jetzt für den Cospudener See entschieden?

Die Behörde hat eine wegweisende Allgemeinverfügung für den See erlassen, die sogenannte „Feststellung der Fertigstellung“. Das klingt bürokratisch, ist aber der entscheidende Schritt – weg vom Sonderstatus eines Tagebausees hin zum „fertiggestellten Gewässer“. Braucht es auf dem See bisher noch Einzelzulassungen, entfällt diese Praxis ab Februar.

„Der Cospudener See ist ab der kommenden Saison für die Schifffahrt dauerhaft frei zugänglich. Mit der Allgemeinverfügung meines Hauses wird ein stabiler und verlässlicher Rechtsrahmen geschaffen. Davon profitieren die Nutzer des Sees. Die Freizeitkapitäne können nun ohne weiteren Verwaltungsaufwand den See befahren“, erklärte LDS-Präsident Béla Bélafi. Zugleich hat die Behörde eine wichtige Einschränkung festgelegt: Die Freigabe gilt nicht für die Südspitze, also den Bereich in Richtung Zwenkau. Wichtig zudem: Die Schifffahrt erfolgt auf eigene Gefahr und Verantwortung. Und die Freigabe gilt nicht für die Nutzung fremder Grundstücke und Anlagen wie Stege.

Ein Segler segelt auf dem Cospudener See. Der Nordteil des Cospudener Sees öffnet im Februar dauerhaft für Boote.
Ein Segler segelt auf dem Cospudener See. Der Nordteil des Cospudener Sees öffnet im Februar dauerhaft für Boote.
Quelle: Sebastian Willnow

Ja, grundsätzlich dürfen den See ganzjährig Fahrgastschiffe, motorangetriebene Sportboote und Sportboote ohne Motor befahren – egal, ob sie mit Elektro- oder Verbrennungsmotor angetrieben werden. In den vergangenen Jahren hatte es einen erbitterten Streit um diese Frage gegeben. In einer Petition hatten sich über 10.000 Leute gegen die Motorboot-Freigabe ausgesprochen. Entsprechend empört zeigte sich am Freitag Tino Supplies, Geschäftsführer des Vereins Ökolöwe: „Das ist ein Schlag ins Gesicht von über 10.000 Unterzeichnern der Ökolöwen-Petition gegen Motorboote auf dem Cospudener See. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Leipziger, die den Cossi für ihre Naherholung wertschätzen“, erklärte er laut Mitteilung. Dem Verein zufolge ist der Cossi im Sommer schon jetzt überfüllt. Es sei daher „in keiner Weise nachvollziehbar“, den unbegrenzten Motorbootverkehr zuzulassen.

Der Cospudener See ist ab der kommenden Saison für die Schifffahrt dauerhaft frei zugänglich. – Béla Bélafi, Präsident Landesdirektion Sachsen

Auch die Landesdirektion verweist auf den „vielfach geäußerten Wunsch, Verbrennungsmotoren von der Schiffbarkeit auszunehmen“. Diesen habe man jedoch ablehnen müssen. Die Begründung der LDS ist rein rechtlich: Das Gesetz sieht „eine Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Technologien hinsichtlich der Antriebsart nicht vor“. Ob Elektro- oder Benzinmotor ist dem Gesetzgeber also egal. Wer ein Motorboot fahren will, darf das ab Februar also – ohne Einzelantrag. Einige Einschränkungen gibt es allerdings durchaus.

Welche Boote und Sportarten bleiben verboten?

Die „Freigabe für jedermann“ bedeutet keinen Freifahrtschein für Action-Sportarten. In der Allgemeinverfügung heißt es ausdrücklich, dass mit dem Erlass die Sächsische Schifffahrtsverordnung gilt. Demnach bleiben mehrere Wassersportgeräte verboten – sofern es keine Sondergenehmigung gibt. Dazu zählen das Schleppen von Flugkörpern wie Flugdrachen, Drachenfallschirmen und ähnlichen Geräten; Kite-Surfing und Wasserskilaufen sowie das Benutzen von Amphibienfahrzeugen, U-Booten, Jetskies, Wasserbikes „und ähnlichen Kleinfahrzeugen“ – unabhängig von ihrer Antriebsart.

Dürfen Motorboote ab Februar 2026 auf dem gesamten See fahren?

Nein, die Freiheit der Kapitäne endet an einer festgelegten Linie. Die Südspitze des Sees bleibt für Wasserfahrzeuge als „besonders sensibler Gewässerbereich“ gesperrt.

Freigegeben für Motorboote: Der Cospudener See kann ab Februar mit Schiffen befahren werden. Die Südspitze (grau markiert) bleibt tabu.
Freigegeben für Motorboote: Der Cospudener See kann ab Februar mit Schiffen befahren werden. Die Südspitze (grau markiert) bleibt tabu.
Quelle: Landesdirektion Sachsen

Grund ist der Artenschutz: In dem Bereich brüten und rasten laut Begründung Vögel wie Kolbenente, Knäkente, Blaukehlchen oder Haubentaucher. Die regelmäßige Schifffahrt in diesem Bereich könnte die lokale Population durch Wellenschlag stören. Auch die Fortpflanzungsstätten könnten verloren gehen. Die Grenze ist durch exakte Koordinaten definiert. Künftig soll diese auch sichtbar sein, erklärt die Landesdirektion auf Nachfrage: „Die Grenze wird ausgetonnt, das heißt sichtbar markiert“, betont eine Sprecherin.

Auch wer einen Fischereischein hat und die südliche Schutzzone befahren will, braucht eine gesonderte Zulassung der unteren Wasserbehörde. Anders ist es für Angler im nördlichen Teil des Sees: Diesen dürfen Inhaber eines Erlaubnisscheins künftig für das Handangeln mit Motorbooten nutzen.

Wird es jetzt voll auf dem Wasser? Oder gibt es eine Obergrenze für Boote?

In der Allgemeinverfügung findet sich keine definierte Obergrenze oder eine Kontingentierung für Boote. Rechtlich darf den freigegebenen Gewässerteil „jedermann“ für die Ausübung der Schifffahrt nutzen.Die LDS bestätigt auf Anfrage: „Die Allgemeinverfügung der LDS beinhaltet keine Beschränkung.“

Die faktische Begrenzung des Verkehrs dürfte sich künftig somit aus der Zahl der verfügbaren Liegeplätze und Einlassstellen am Ufer ergeben.

Was beutet das für den Tourismus?

Die Tourismuswirtschaft erwartet einen Schub infolge der Freigabe. Die facettenreiche Wasserlandschaft in und um Leipzig sei „ein zentraler Baustein unseres touristischen Angebots“, betont Volker Bremer, Geschäftsführer der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH. „Mit der dauerhaften Schifffahrtsfreigabe für den Cospudener See wird der bürokratische Aufwand für Ausflügler und Fahrgastschifffahrt deutlich reduziert. Das begrüßen wir ausdrücklich und sehen darin wichtige Impulse für die weitere touristische Entwicklung der Region.“ Positiv äußerte sich auch die Industrie- und Handelskammer zu Leipzig.

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